Donnerstag, 31. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1407

Ob es für Slov ant Gali besser gewesen wäre, den Robert-Palme-Hit ruhen zu lassen? Bei Liedern traf es doch meist zu, dass ihre Textfassung in einer anderen Sprache entweder misslungen oder ein eigentlich neuer Text war. Aber man stelle sich auch Bob Dylan deutsch getextet vor ...
Im Idealfall erkennt noch jemand, dass wenigstens der Rhythmus eingehalten wurde. Also hier die morgigen "Gedichte des Tages"...


Zugegeben, manch Bibelleser könnte dieses Gedicht als blasphemisch oder groben Unfug empfinden. Doch steckt nicht in manch Unsinn viel Siin? Hier also "Büblüsches, leicht verwürrt".
Wenn ich mich schon der Lynchgefahr aussetze, dann biete ich gleich den zweiten Anlass: Die älteren Leser kennen sicher noch "Johnny and Mary" von und mit Robert Palmer. Ich habe mir die Geistesübung geleistet, den Rhythmus mit einem deutschen Text zu unterlegen und dabei möglichst dem Urtext nahe zu bleiben. Wieder eine aufgefrischte Lehre: Eine besondere Würdigung allen richtigen Nachdichern ...


Beim Fortsetzungsroman kann in dieser Hinsicht nichts schief gehen. Die O-Sprache ist deutsch:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (70)


... Ich hätte ihm natürlich ritterlich gegenübertreten können. Entsprechend gekleidet war ich Mann gegen Mann wahrscheinlich allein durch meine Übergröße furchteinflößend. Da er mich aber kaum als seinesgleichen anerkennen würde, musste ich mit einem heimtückischen Angriff rechnen – und ich wollte die Leistungskraft der Nanniten nicht unnötig beanspruchen. So holte ich einen Verstärker und ließ den Translator verkünden: „Verschwindet von meinem Land, wenn Euch Leben und Gesundheit lieb sind!“
 Irgendwie hatte ich gehofft, dass eine solche Donnerstimme die Angreifer in panische Flucht versetzen würde. Ich war sicher, dass die Männer so etwas noch nie gehört hatten. Doch der Kanto musste aus einer mir wiederum unbekannten Quelle Kraft für seine Anmaßung schöpfen. Jedenfalls lachte er und rief, wenn auch entschieden leiser als meine Technik: „Was dann? Wollt ihr unbedingt, dass wir Euch belagern und stürmen?“
Versucht es doch!“
Ein sinnloses Wortgeplänkel zweier Großmäuler bahnte sich an. Das aber war nicht in meinem Sinn. Ich hatte Besseres zu tun. Ohne die Erwiderung des Kanto abzuwarten, verließ ich den Mauerplatz. Auch ohne auf die Mädchen zu achten. Längst hatte ich eine Idee, wie diese Konfrontation schnell und wahrscheinlich unblutig beendet werden konnte. Ich musste die Robbis aktivieren. I
Nicht lange und ich war zurück. Ich stellte mich wieder an meinen Platz und beobachtete gelassen die vier Robbis mit den Tanks, die sie anschleppten.
Nicht, dass ich vor einer Belagerung von dieser Truppe da unten hätte Angst haben müssen. Aber die Belagerer hätten sich selbst versorgen müssen und dies in den Dörfern meines Reiches getan. Es hätte mich gewundert, wenn dies nicht in Plünderungs- und Vergewaltigungsorgien ausgeartet wäre. Und der einzige Sinn eines „Herrn“ in solcher Art Reich war doch, seinen Untertanen Schutz vor anderen Räubern zu geben. Also mussten die Räuber, die die Angreifer im Verständnis der Eingeborenen für mich sein mussten, einen ausreichenden Schrecken bekommen.
Was heißt deinesgleichen? Ich versuchte mich in euer Denken hineinzufinden. Das konnte doch nicht so viel anders sein als das der Menschen in der Zeit der Herren auf der Erde. …
Jetzt ist mir der Faden gerissen. Wo war ich stehen geblieben? Schon gut – ich weiß: Bei dem Schrecken. Den bekamen die Möchtegern-Belagerer natürlich nicht von herabstürzenden Tanks. Im Gegenteil: Da alle rechtzeitig zur Seite gesprungen waren, hätten sie sich wahrscheinlich über mich amüsiert, wenn nicht eine vierteilige Explosion gefolgt wäre. Flüssiges Feuer flog durch die Luft und eine Qualmwolke, deren Substanz die Herren Krieger nicht kannten: Tränengas. ... 

Mittwoch, 30. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1406

Bin nicht zu Hause. Die "Gedichte des Tages" müssen sich selbst weiter entwickeln.
Geht nicht. Anstöße müssen schon da sein, selbst wenn das Ergebnis nur so aussieht:


Das letzte Gedicht eines Trios von Thomas Reich variiert das Thema der beiden anderen auf neue Weise: "HÜPFSPRINGMACH". Kein Zweifel: Hier hat sich jemand mit Bukowski beschäftigt, ohne einer werden zu wollen ...

.Variationen zu einem Thema ... Diesmal die politische Frage, was denn eigentlich links ist. Klar, dass sie sich nicht mit einem oder drei Gedichten beantworten lässt, aber Blitzlicher zum erhellten Weiterdenken sind doch möglich: "Links (4)" (Achtung: Das wichtigste Wort im Text ist "probt ---")

... Übrigens steht ein besonderes Ereignis bevor. Die Zahl der Klicks erreicht in wenigen Stunden die besondere Zahl 1234567 ...
Und auch der Fortsetzungsroman geht nicht ganz von allein weiter:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (69)


... Wie weit, hätte ich noch nicht sagen können. Immerhin gingen wir ja erst den allerersten Schritt in Richtung unserer neuen Ordnung. Bevor sie sich aber festigen konnte, kam uns etwas dazwischen.

Auf dem Hof draußen warteten am übernächsten Morgen nur noch acht kleine Mädchen mit ihren alten Haaren und den Namen, die meiner Zunge Schleifen gedreht hätten. Kuoala beaufsichtigte sie. Wie verwirrt musste Sanja gewesen sein, als an Stelle der nächsten verängstigten Kleinen sich eben jene Kuoala in den Entkleideraum drängte – und zwar ähnlich verängstigt. Ich war gerade zu einem einem Pausengespräch bei Tschamita. Sie hatte wohl Probleme mit dem Translator. Die ersten Übungen sollten die Mädchen ja allein bewältigen, zumindest die größeren. Deshalb waren sie zuerst eingelassen worden. So war ich sehr ungehalten, als plötzlich Sanja und Kuoala die Tür zu Kemenate 6 aufrissen. Doch ich kam nicht zu einer Zurechtweisung.
Soldaten …!“ übersetzte ihr Translator zwischen den Keuchlauten.
Als ich beruhigend nachfragte, stellte sich dann heraus, dass an der kleinen Pforte geklopft worden war. Ein Kanto Sann app boll Jagos, was wohl so etwas wie ein Graf oder Fürst aus der Nachbarschaft wäre, stände mit einem Trupp Söldner draußen und begehre, eingelassen zu werden.
Eigentlich konnte ich nur aus den Gesten der Mädchen erahnen, dass die sich innerlich nicht entscheiden konnten. Sollten sie bei mir bleiben wollen oder ihr gewohntes Leben in ihrem vertrauten Dorf? Letzteres bedeuteten die Soldaten draußen für die Mädchen. Ich durfte jetzt alles tun – außer mich beeindruckt zeigen.
Das schau´n wir uns von oben an!“
Das Bild war imposant. Offenbar hatte der Kanto Adlige der Nachbarschaft mit ihren Leibgarden zusammengetrommelt. Jedenfalls standen draußen zwischen zweihundert und dreihundert für die Verhältnisse dieser Welt bestens Bewaffnete aufgereiht, vor ihnen acht Offiziere auf Reittieren, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Am ähnlichsten für meine Augen waren die wohl früheren Kampfelefanten auf meiner Erde.
Als einer der Soldaten mich entdeckt hatte, gingen fürchterlich überheblich wirkende Gesten zu mir hinauf. Der Herr in der Mitte, der wohl jener Kanto sein musste, brüllte, dass es sogar bei mir oben auf der Mauer noch laut ankam: „Öffnet sofort, wenn Ihr noch auf freien Abzug hoffen wollt, Verbrecher!“
Das hätte ich natürlich nicht einmal getan, wäre ich ein Saks gewesen. Seine Anrede schien mir deutlich genug, was er mit mir machen wollte, sollte er mich in seine Gewalt bekommen. ...



Dienstag, 29. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1405

Überraschung?!
Nein. Nur die bevorstehenden "Gedichte des Tages":


Was lehren uns Protesterfahrungen nicht nur von Blockupy Frankfurt in Bezug auf unsere "Rechtsstaatlichkeit"? Roger Suffo jedenfalls hat nun eine Antwort, "Warum Deutschland 2012 keine Diktatur ist".
.Variationen zu einem Thema ... Diesmal die politische Frage, was denn eigentlich links ist. Klar, dass sie sich nicht mit einem oder drei Gedichten beantworten lässt, aber Blitzlicher zum erhellten Weiterdenken sind doch möglich: "links (3)"


Dazu kommt logischerweise die nachfolgende Fortsetzung beim utopischen Romanentwurf:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (68)


... Als das geschafft war, reichte ich ihr einen Bademantel und ähnlich ungewohnt weiche Latschen. Dann führte ich sie über den Flur in ihre künftige Kemenate.
Als sie den Bademantel wieder abgelegt hatte, sichtlich unwillig übrigens, wiederholte ich meine Eingangsfrage: „Also, wie heißt du?“
Tscham …“
Richtig: Tschamita. Von heute an nicht mehr anders. Und jetzt schlaf ein bisschen!“
Ich drückte sie auf die weiche Unterlage, und dann folgte das Zeremoniell, das das Saks-Mädchen von ihrer Familie her kannte. Nicht zu Unrecht, glaube ich, bilde ich mir einiges auf mein Fingerspitzengefühl ein. Jeden Augenblick der Anspannung und der nachfolgenden Entspannung ließ ich Tschamita durchleben. Dann deckte ich sie sorgfältig zu und ging wieder zurück in den Empfangs- und Behandlungsraum. Panika hatte mich dabei schweigend, aber mit sehr wachen Augen beobachtet. Man sah ihr richtig an, wie sie sich bemühte, sich jeden Griff einzuprägen.
Du hast gut aufgepasst? Mit deiner Gruppe musst du dieses Ritual durchexerzieren. Soll ich dir bei der Namensgebung helfen? Die Namen in der Sprache von Menschen müssen für Menschen, also für mich, schön klingen. Das ist vielleicht noch zu kompliziert für euch.“
Panika sah mich abwartend an. Sie erwartete wohl weitere Erklärungen, aber ich hatte keine Lust.
Ruf bitte Ann-Ann rein. Sie ist die Nächste, die mir zusehen soll. Keine Angst, bei euren ersten Mensch-Machungen helf ich euch. Das wird noch ein langer, schwerer Tag heute.“
Mensch-Machung … Tschamita war jedenfalls auf einem guten Weg weg vom gewöhnlichen Saks-Mädchen … und mit ihrer Glatze war sicher auch ihre Sehnsucht geschrumpft, ihren leiblichen Eltern zu begegnen.

Fast der ganze nächste Tag verging mit solch intensiver Eroberung der Saks-Mädchen von Siedlung Nummer drei. Ich gebe ja zu, dass mich das Streichen über diese weiche Haut faszinierte, dieses Gefühl, die Mädchen auf eine viel umfassendere Weise zu besitzen, als es eine sexuelle gewesen wäre. Ich spürte, dass sich dieses Machtgefühl auch auf meine ersten fünf Mädchen übertrug. ,,,


Lyrik-Prosa-Wortkultur 1404

Wenn irgendwo oder irgendwann FAST dasselbe steht als anderen Orts oder zu anderer Zeit, ist besondere Aufmerksamkeit gefordert. Es kann sich mit oder ohne Vorsatz um etwas ganz Anderes handeln. In diesem Sinn ein Blick auf die neuen "Gedichte des Tages":


..Jedes Blog hat seine sich entwickelnden "jungen Wilden". Eine solche Stimme ist hier sicher die von Thomas Reich, der expressiv seinen persönlichen Freiraum einfordert ... bzw. gegen dessen Verlust rebelliert:  " Traumleben".

Variationen zu einem Thema ... Diesmal die politische Frage, was denn eigentlich links ist. Klar, dass sie sich nicht mit einem oder drei Gedichten beantworten lässt, aber Blitzlicher zum erhellten Weiterdenken sind doch möglich:  "links (2)


In einem Fortsetzungsroman geht die Handlung natürlich weiter. Nichtsdestotrotz kann dem Leser das Gefühl vermittelt werden, in eine Zeitschleife geraten zu sein. Nicht so hier:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (67)


... Klar kann ich mir vorstellen, wie sich das Mädchen gefühlt haben mag. Ein kahler Raum mit eben dieser einen Luke, die so ähnlich wie die Essensausgabe funktionierte, nur mit einer beweglichen Klappe dahinter, daneben ein elektrisches Licht, das das Mädchen nicht kannte, und von irgendwoher eine schnarrende Translatorstimme. Hätte ich verlangt, sich die Haare auszureißen, hätte es zumindest nach oben gegriffen.
Kaum war es unbekleidet, ging gegenüber vom Eingang die Wand auf. Eine Schiebetür, die von innen nicht erkennbar war. Panika blieb daneben stehen. Sie hatte sie aufgeschoben und sollte nun durch Beobachten lernen, was sie später selbst zu machen hatte. Ich hatte mich inzwischen umgezogen und war nur mit einem weißen Kittel bekleidet.
Na komm!“
Das Mädchen trippelte auf mich zu … ich hätte zu gern „Ich beiß nicht“ gesagt, aber als Scherz wär das nicht angekommen.
Wie heißt du?“
Tscham ´ita Ma´an.“
Tschamita. Ein schöner Name. Und ich werde dich in ein Mädchen verwandeln, zu dem dieser Name passt.“
 Tschamita ahnte natürlich nicht, wie ich das meinte. Sie gehörte zu den größeren Mädchen, mindestens neun Sakurjahre alt, mit einer Figur, wie sie extrem kleine und zierliche Menschenmädchen mit sechzehn gehabt hätten. Unter dem Rasierer schrumpfte sie innerlich zusammen. Ich ließ ihr aber keine Verschnaufpause. Umdrehen, wieder umdrehen … dann folgte die Creme, die fett auf jede Hautpore aufgetragen wurde, antrocknen lassen, umdrehen. Die Wimpern verschonte ich, die Brauen nicht. Aufstehen! Hier in die Ecke! So steh´n bleiben!
Der Schreck war nur kurz. Als ich sie aufforderte, sich zu bewegen, damit das Wasser überall hinkäme, tat sie das nicht unwillig. Ich hatte die Dusche sehr warm eingestellt.
Ich hüllte sie in ein riesiges Frottiertuch, rubbelte, packte sie wieder aus, tastete sie mit dem MFDG ab, ließ sie tief einatmen, Luft anhalten… Am meisten irritierten Tschamita wohl die Piep-Geräusche, die das „Multifunktionale Diagnosegerät“ fortwährend von sich gab. Das Problem: Ob irgendein Messwert eine Fehlfunktion der angepeilten Organe bedeutete, konnte ich frühstens nach der letzten Untersuchung sagen. Ich wusste damals ja noch nicht einmal, ob die Saks überhaupt dieselben Organe wie Menschen hatten. ...



Sonntag, 27. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1403

Eigentlich haben die "Gedichte des Tages" einen Schwenk in Richtung neuer Erfolg bitter nötig. Wer kann den erreichen?


Jedes Blog hat seine sich entwickelnden "jungen Wilden". Eine solche Stimme ist hier sicher die von Thomas Reich, der expressiv seinen persönlichen Freiraum einfordert ... bzw. gegen dessen Verlust rebelliert: "umgluckt".
Variationen zu einem Thema ... Diesmal die politische Frage, was denn eigentlich links ist. Klar, dass sie sich nicht mit einem oder drei Gedichten beantworten lässt, aber Blitzlicher zum erhellten Weiterdenken sind doch möglich: "links (1)"


Die Schwenks in einem utopischen Romanmanuskript stecken dagegen in der Handlung selbst:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (66)


... Das mit der Biologie kreiste mir wiederum deshalb durch den Kopf, weil wahrscheinlich schon vierjährige Saksmädchen mehr von der einheimischen Flora und Fauna verstanden als ich und mir hier auch meine Speichermedien kaum weiterhelfen würden. Also viele Möglichkeiten für mich zur Blamage auftauchen konnten.
Lange nach der Schulzeit hatte ich dann im Prinzip begriffen, dass es beim Unterricht weniger darauf ankommt, zu lernen, was man gerade lernt, sondern das Lernen zu lernen, ohne zu merken, dass man nur das Lernen lernte. Vielleicht war nur einer in der Klasse, für den genau der Stoff das Wichtigste für sein Leben werden würde. Wir hatten uns erschlossen, wie komplex die Welt war, dass man nie alles begreifen würde, aber lernen musste, uns den Rest dazu anzueignen – und das mit Spaß. Und dass, wenn man mit vielen geschärften Sinnen erfasst, wie viele Farben und Töne die Welt bietet, man eben reicher, also glücksfähiger ist, als wenn man nur hell und dunkel unterscheiden kann. Wenn es den Mädchen dunkel würde, dann brächten die das mit irgendwelchen Waldgeistern in Verbindung.
Ja, das alles wollte ich diesen Saks-Kindern eintrichtern. Also auch, dass es keine Waldgeister gab. Was ich aber nicht wissen konnte, weil … vielleicht gab es Nachttiere, die ganz ungewöhnliche Fähigkeiten besaßen? Und vielleicht war auch das ein Stück vom Schrecklichen: Irgendwie waren diese kleinen Wesen da für mich eine Mischung aus Bemitleidenswertem, Tierischem, zu Bändigendem und Spielzeug. Und schon damals wäre ich in der Lage gewesen, dir ein Zitat herauszusuchen, dass es nicht ausreicht, nichts Böses zu wollen …

 Bemitleidenswert? Heute kann ich es ja eingestehen: Neben der erregenden Aussicht, dass diese Mädchen einmal Frauen werden würden – eventuell bei mir und für mich – ekelte ich mich in meinem Innersten auch ein wenig, wie sie da so gierig und ungeschickt löffelten. Fraßen. Ich weiß nicht, ob mir das ohne die lautstark vorgetragenen Vorbehalte meiner künftigen Gruppenleiterinnen gleich so bewusst geworden wäre. Wenn nicht, dann hatten sie mich eben darauf gestoßen: Auf dem Hof liefen Parasitennester auf zwei Beinen herum.
Nun, wo ich darauf achtete, fielen mir immer die Mädchen ins Auge, die sich ungeniert kratzten. So sollten sie nicht in ihre künftigen Räume auf der Burg kommen. Während die Kleinen auf dem Hof spielten, überprüften die Robbis das Schleusensystem zum künftigen Reich der Burgkinder. Meine Erziehungsmädchen waren sich ihrer Rolle bewusst. Zumindest zwei von ihnen hatten schon ihre Gruppe beisammen. Ich hüllte mich in Leder, setzte eine Gesichtsmaske auf, strich über den Hof und suchte mir eine Gruppe von acht Mädchen zusammen. Die hatten sich in eine Reihe vor der Seitenpforte hinzusetzen und zu warten. Dann wurde für das erste Mädchen jene Pforte geöffnet. Plötzlich stand sie allein in einem schwach beleuchteten Kämmerchen. Hinter ihr war die Tür zugeschlagen, irgendwoher ertönte eine Stimme: „Zieh dich aus und wirf alle deine Sachen durch die Luke neben dem Licht!“ ...

Samstag, 26. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1402

Heute ein Standardjournal bestehend aus geplanten "Gedichten des Tages" und Fortsetzungsromanfolge:


Eine "Marotte" von Jürgen Polinske ist es, nicht nur viel zu reisen, sondern als Andenken Gedichte zu den besuchten Orten zu schreiben. Diesmal erlaubt er sich einen Schnappschuss "Zum Piton de la Fournaise". Tipp, wenn jemand raten möchte: Nein, nicht in Europa ...
Noch ein wenig politische Sport-Metapher gefällig? Dann versuche man es mit "Vom Springen" ...

Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (65)



... Der eine Bottich war schnell leer. Die Zahl der Kinder, die sich danach an einen der anderen beiden Tröge heranwagten, hielt sich in sehr engen Grenzen. Ich grinste. Wahrscheinlich hatten sich dort schon zwei Gruppen ihre neuen Betreuerinnen gewählt.

 Nein, ich war in keiner Weise pädagogisch vorbelastet. Irgendwie blitzten zwar manchmal dunkle Stücke meiner Schulzeit im Gedächtnis auf – aber eben nur Eindrücke aus Schülerperspektive. Da ich auf der Erde nicht Vater geworden war, fehlten mir auch die laufenden erziehungsbegleitenden Unterweisungen und Praktika. Unsere vorherrschende Meinung ging davon aus, dass jeder Mensch einen Grundstock an praxisrelevanter Erziehungstheorie benötige. Die wurde aber immer so vermittelt, dass sie kurzfristig mit eigenen Erfahrungen verglichen und durch praktische Übungen gefestigt werden konnte. Für Menschen ohne eigene Kinder war das Studium zum Familienerzieher freiwillig, und mir hatte das Interesse gefehlt. Nun stand ich als Einzelmensch vor der Menschheitsaufgabe, aus dem Wust aller Erkenntnisse der mir bekannten Wissenschaften jene auszuwählen, die diesen Sakskindern zu einem Geistessprung aus ihrer bisherigen Gemeinschaft verhelfen konnten … Auch die Methoden dafür musste ich neu erfinden. Zumindest waren die Schriften, die ich im Speicher fand, so fern der Saks-Wirklichkeit, dass sie mir schwerlich verwendbar schienen. Von Kindern, die sich nicht im Geringsten vorstellen konnten, was Computer sind und dass man Informationen auch anders weiterverbreiten kann als durch lautes Zurufen, gingen die nicht aus. Als ich versuchte, zeitlich weiter in der Erderziehungsgeschichte zurückzugehen, fand ich Schläge mit dem Stock und andere Strafen. Das konnte es doch nicht sein?! Andersherum erinnerte ich mich der bei mir damals immer wieder neu aufgeblitzten Schülerfrage „Wozu der Mist? Das werde ich nie brauchen.“ Und ich stellte die Frage in vielen Zusammenhängen. Dass ich zum Beispiel sicher war und nachher auch irgendwie bestätigt wurde, dass ich den beanstandeten Inhalt wirklich nicht gebraucht hatte. Bisher zumindest. Biologie vor allem ist mir immer fremd geblieben.

Wenn mir erklärt wurde, welche Klassen, Familien und Gattungen Verwandtschaften zwischen Pflanzen und Tieren beschreiben, dann grinste ich und stellte mir Tante Lupus zu Besuch bei Neffe Pinscher vor. Und wozu sollte man selbst wissen, ob einem die Niere oder die Leber weh tat? Es war Sache des Arztes, das herauszufinden und zu kurieren. Jetzt hätte mir ein wenig allgemeines Verständnis sicher gut getan. Konnte ich das aber als Argument für Kinder verwenden?
Mathematisches dagegen hatte mich fasziniert – aber auch da war mir suspekt, dass ich Kopfrechnen üben sollte, wenn ich doch einen Rechner hatte. Das wiederum war so abstrakt, dass die Kinder kaum einen Sinn darin sehen würden.


Freitag, 25. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1401

Die aktuell geplanten "Gedichte des Tages" beobachten auf spezielle Weise die "Natur" ...


Bei dem Gedicht "Seltsam" von Jürgen Polinske kann man sich fragen, ob er da wirklich nur eine skurrile Naturbeobachtung aufschreiben wollte oder ob er eine solche Naturbeobachtung als Metapher für eine besondere Aussage entdeckt hat. Und wenn Letzteres zutreffen sollte, ... Welches ist die Aussage?
Aber ist meine Metapher einfacher, nur weil mein Naturbild mit dem abstrakten Titel "Fortschritt" überschrieben ist?! 


... Der Fortsetzungsroman beobachtet auf spezielle Weise eine fremde (?!) Welt:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (64)


... Aber statt dass die Kinder schnuppernd neugierig näher kamen, drängten sie sich an der Wand des Stalls aneinander, als fürchteten sie den Duft. Gelegentlich rührten die Robbis mit ihren Kellen in den Töpfen, aber auf die Kinder schien das eher so zu wirken, als sähen sie sich selbst als die noch fehlende Fleischeinlage in einem der Töpfe.
Ein paar Minuten beobachtete ich die Szene verunsichert. Endlich kam mir eine Idee. Die Robbis mochten alle möglichen Rollen spielen können, die der Verkoster aber nicht. So blieb mir nichts Anderes übrig als Sanja, Kuoala und Ann-Ann zu bitten, obwohl sie gerade mit mir gefrühstückt hatten, nach draußen zu gehen, sich eine Kelle einschütten zu lassen und sichtbar genüsslich ihren Teller leer zu löffeln – jede etwas Anderes.

 Die zurückliegenden Wochen hatten bei meinen Mädchen eine Veränderung bewirkt, an die ich überhaupt nicht gedacht hatte: Sanja und die anderen empfanden die Kinder am Stall als dreckig. Entschieden wehrten sie sich dagegen, sich einfach unter die Gruppe zu mischen. Und weil ich sie schicken wollte, erinnerten sie mich an die Kuatsi, die sie nicht wieder haben wollten. Ich hielt die Wesen zwar für harmlos, juckende Parasiten ähnlich den Zecken oder irgendwelchen Sandwürmern. Ich erinnerte mich aber auch an die Zickereien, als ich sie bei meinen Mädchen entfernt hatte. Also gab ich nach. Ann-Ann und die anderen setzten sich einzeln etwas abseits, aber in Blick- und Riechrichtung der Neuankömmlinge zum Löffeln.
Endlich löste sich ein etwas jüngeres Mädchen aus dem Pulk. Verschüchtert, aber neugierig schnüffelnd kam es näher. Noch umstrich es die drei Großen in skeptischer Distanz. Die restliche Gruppe schwieg und beobachtete abwartend, was passieren würde. Schließlich näherte sich das Mädchen Ann-Ann mit ihrem Milchreis.
Sehr leise fragte sie etwas, wahrscheinlich, ob sie das auch essen könne oder einfach, ob´s schmeckt.

Ann-Ann murmelte etwas, stand aber auf, nahm dem Robbi die Kelle aus der Hand, schüttete den Inhalt auf einen Teller und kräftig Zucker und Zimt darüber. Ich bildete mir ein, bis an mein Fenster oben die Duftwolke zu riechen.
Das Folgende lief dann ab wie ein zu schnell abgespielter Film. Das Mädchen kostete, löffelte einmal voll, sah sich um, als würde ihr der Teller gleich wieder abgenommen, rief den anderen etwas zu, löffelte plötzlich so schnell sie konnte, die anderen quollen aus ihrer Ecke, und dann ging es nur noch darum, sie in eine Schlange zu ordnen, damit nacheinander aufgetragen werden konnte. ...




Donnerstag, 24. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1400

Diesmal haben die "Gedichte des Tages" eine identische Überschrift:


Er war zuerst da mit der Idee, die in der Überschrift liegt. Roger Suffo mit "Tierisch" wirkte als "Anreger".
Hoffentlich ernte ich keinen Sturm der Entrüstung. Ich nehme aber für mich in Anspruch, dass Lyrik entwas besonders Persönliches ist, was jeder anders empfinden kann. Aber ich konnte mich nicht zurückhalten, die Vorgabe in ein eigenes "Tierisch"-Gedicht umzusetzen ...



Ein solches Problem steht bei Fortsetzungsromanen so nicht:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (63)


... Ich war mir nicht sicher, ob die Erwachsenen mein Angebot verstanden hatten. Zumindest zeigten sie keine Feindseligkeiten. Außer dass manche Mutter sich bei der Verabschiedung nicht losreißen konnte, kam es zu keinem erwähnenswerten Zwischenfall. Hätte sich anfangs noch eines der Kinder verstecken können, weil wir das womöglich nicht bemerkt hätten, beendete die Dunkelheit alle Fluchtchancen. Die Robbis sahen besser im Dunklen und die Kinder fürchteten sich vorm Dunklen mindestens genauso wie vor den Riesen-Saks, für die sie die Robbis wohl hielten.
Auf das an die Erwachsenen gerichtete „Geht jetzt wieder in eure Hütten!“ folgte ein extrem einschüchterndes Wunder. Plötzlich war das große Licht verschwunden, kein Glimmen, nichts. Von einer Sekunde zur anderen lastete absolute Dunkelheit auf der ganzen Siedlung. Die Bauern waren nun sicher von unserer übernatürlichen Macht überzeugt, wenn wir die Nacht zum Tag machen konnten und umgekehrt.
Das Dorf war recht groß und scheinbar von der Seuche unberührt geblieben. Jedenfalls marschierten nun vierzig Kinder sich an einem dicken Tau festklammernd durch die Dunkelheit Richtung Burg. Total erschöpft, müde, hilflos betraten sie deren Vorhof. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als sie wie zu meines Vorgängers Zeiten erst einmal im Stall unterzubringen. Sie wunderten sich nicht darüber, soffen das angebotene Wasser, als hätten sie tagelang nichts zu trinken bekommen, und sanken ins Stroh zum Schlafen.
Kann sein, dass es ein Fehler war, nur die Mädchen mitzunehmen. Aber dort, wo keine Jungen sind, konnte es keine Aufgaben geben, die für Jungen oder für Mädchen waren. Alles würden die Mädchen erledigen und sich nicht wundern. Kämen die Jungen später hinzu, wussten die Mädchen um ihre Fähigkeit, auch Jungenaufgaben zu lösen …

Am folgenden Morgen ließ ich drei Suppentröge auf dem Hof aufstellen. Drei Robbis standen dabei mit unzerbrechlichem Geschirr, Kellen, Löffeln …
Es geschah nichts.
Mir hatte es selbstverständlich geschienen, dass der Hunger die Kinder zum Essen treiben, die Gerüche sie anlocken würden. Im Gegenteil. Die Kinder suchten den größten Abstand zum Essen. Vorsichtig ausgedrückt: Das verunsicherte mich. Es konnte einfach nicht sein, dass die Mädchen nicht hungrig waren. Für meine Nase rochen die Suppen verführerisch. Zwar war die Auswahl vielleicht etwas ungewöhnlich: In einem befand sich eine Abwandlung dessen, was bei uns auf der Erde Soljanka geheißen hätte, im zweiten ein Erbseneintopf und im dritten eine Pampe, halb Milchsuppe, halb Milchreis. Als Frühstücksangebot! ...



Mittwoch, 23. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1399

Wer die Anspielung gestern nicht verstanden hat: Meine erste Begegnung Mit Gottfried Benn war der Spruch "Die Krone der Schöpfung: Der Mensch, das Schwein ..." (Interpunktion von mir...)
So um die Ecke wird diesmal in den "Gedichten des Tages" nicht gedacht werden:


Jeder, der schon einige seiner Gedichte kennt, ahnt, was Sebastian Deya auf dem Herzen hat, was er meinen könnte, wenn er "Meine Heimat" sagt.
Insoweit hat er etwas mit Slov ant Gali gemeinsam, bei dem man gewissen Fragen uns Antwortangebote fast "Mit einstellbarer Ganggenauigkeit" erwarten kann ...


Und auch die nächste utopische Fortsetzung erzählt "nur" das Romanprojekt weiter:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (62)


... Ich kann´s kurz machen. Das, was dann geschah, konnte man schlicht ein Desaster nennen, einen Reinfall oder mit Flüchen belegen. Wichtig war nur eines: Das Dorf war verlassen. Keine Saks weit und breit. Natürlich auch kein Kind. Ich konnte darüber spekulieren, ob durch die Seuche ausgerottet oder vor der Seuche geflohen oder vor mir oder aus einem anderen Grund. Letztlich war es egal. Das Bild, das wir bei diesem Sturmangriff abgaben, war alles Andere als Respekt einflößend. Reichlich vertrottelt standen 17 bedrohlich wirkende Gestalten auf dem Anger und niemand war da, der sich bedroht fühlen wollte. Ich war so was von wütend!
Das dauerte nur Sekunden. Also mit leeren Händen zurückzukommen kam nicht in Frage. Ohne viel nachzudenken betrachtete ich also die Taschenkarte. Bis zur nächsten Siedlung waren es etwa vier Kilometer Marsch. Bis wir dort wären, wäre es zwar völlig finster. Aber sei´s drum. Vielleicht wäre es sogar ein Vorteil. Ich wollte etwas schaffen. Also befahl ich die Wiederholung des Unternehmens mit einer Abwandlung: Die drei anderen Züge würden die Ortschaft nicht weiträumig umgehen, sondern in der Dunkelheit durch die Siedlung schleichen, um die Bewohner überraschend zu wecken.
Die Robbis arbeiteten exakt. Sie marschierten geräuschlos durch die Siedlung Nummer drei, der vierte, also mein Zug, entzündete ein künstliches Lagerfeuer und dann begann das Geschrei. Nein, ich seh es ein: Fein war die Sache nicht, aber effektiv. Zur Schlafenszeit waren normalerweise alle lebenden Dorfbewohner daheim. Mit uns war nicht zu rechnen. Es war eine leichte Überrumplung.
 Diesmal trafen wir wahrscheinlich alle Bewohner dieses Dorfes an. Die Robbis trieben sie hemmungslos zusammen. Eines der Vorteile von Robbis, dass sie Hemmungen nur so weit kennen, wie man sie ihnen programmiert hatte – und man hatte sie nur in Beziehung zu Menschen programmiert. 
Meine Rede war kurz, aber durch die nächtliche Akustik über den Translator eindrucksvoll.
Ihr habt sicher gehört“, rief ich beschwörerisch, „dass die Burg einen neuen Herrn hat. Der bin ich. Ich stelle euer Dorf kraft meiner Macht für das kommende Jahr von allen Abgaben frei. Eure Kinder müssen dafür nur zur Schule gehen und dazu auf der Burg wohnen. Pro Kind erhält die Familie einen Sack Saatgetreide. Diese Pflicht betrifft anfangs nur die Mädchen. Bitte verabschiedet euch sofort von den Kindern. Wenn sie sich ordentlich aufführen, können sie jeweils an Sonntagen auf der Burg besucht werden.“ ...


Dienstag, 22. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1398

Diesmal ist das Literaturjournal kurz und knapp. Es beginnt mit einem Ausblick auf bevorstehende Gedichte des Tages:


Nicht erst Gottfried Benn stellte in Frage, dass der Mensch "Die Krone der Schöpfung" sei.
Nun fehlt eigentlich nur noch die Rolle des Mannes, für die Roger Suffo spricht, der sich in "Fruchtbare Ergüsse" "rühmt", nicht im Sitzen zu p ...


Und außer einer weiteren Fortsetzung des utopischen Romanprojektes gibt es nicht mehr:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (61)


... Als Eskorte plante ich 16 der Robbis ein. Ich teilte sie in vier Züge auf, die sich dem jeweiligen Zielort von verschiedenen Seiten nähern sollten.
Überrascht merkte ich, wie eine zwingende Kette einzelner Entscheidungen entstand, wenn ich mich erst einmal für den ersten Schritt entschieden hatte. So hatte ich überhaupt nicht bedacht, dass ich durch die Ernennung meiner Teen-Mädchen zu Aufseherinnen das Alter der anderen Kinder festgelegt hatte. Zumindest in diesen Gruppen konnte ich keine älteren Kinder zulassen. Ich konnte meine fünf ja nicht überfordern. Ich bereute es aber nicht. Es würde mir, so hoffte ich, den Lehrplan erleichtern, und je älter die Kinder waren, umso mehr war das Denken in Normen der alten Saks verfestigt. Aber zurück zu meinem Kommandounternehmen.
Von eventuellen Besonderheiten der einzelnen Ortschaften wusste ich nichts. Ich würde die Ziffern als Ortsbezeichnung erst schrittweise durch Namen nach meinem Sprechgefühl ersetzen. Vielleicht erkannten die Einheimischen den ursprünglichen Namen sogar wieder.
Noch aber hieß unser angesteuertes Dorf schlicht Siedlung Nummer zwei.
Später sollten die Robbis solche Unternehmungen allein durchführen. Wenn ich den Ablauf gut erklärte, würden sie alle erforderlichen Entscheidungen treffen und Maßnahmen durchführen wie gute Soldaten.


Ich marschierte mit dem vierten Zug mit. Der war für die Geschenklasten zuständig. Ich hoffte, ausreichend Saatgut und genügend Verführerisches Produkte zum Essen, Trinken und Kleiden dabeizuhaben. In die Produktionsweise wollte ich noch nicht eingreifen, obwohl die Bauern nicht einmal über die Zweifelderwirtschaft hinausgekommen waren. Irgendwie kam ich mir vor wie ein Kommandeur einer Kolonialarmee, der irgendwelches Glitzerglas in Sklaven eintauschen soll, notfalls aber Gewalt anwenden. Weißt du, was Sklaven sind? … So richtig weiß ich es auch nicht. Aber ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass die meisten Geschenke die Überlebenschancen der einheimischen Saks deutlich verbessern würden. Und was ähnlich aussieht, kann für ein ganz anderes Ergebnis gut sein ...
Die anderen Züge meldeten zum verabredeten Zeitpunkt, dass die vorgesehenen Einmarschpunkte erreicht und sie demnach bereit waren. Zumindest beim ersten Einsatz schien mir die späte Abenddämmerung die günstigste Zeit. Zwar war denkbar, dass die Annäherung so bemerkt würde, aber in der Dunkelheit danach würden die abergläubischen Dörfler sich kaum aus dem Lichtkreis unserer Strahler herauswagen, also nicht fliehen. So gab ich das Signal zum Stürmen. ...



Montag, 21. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1397


Hi Anonymus …

Unter diesem Titel geruhte der Bundesvorsitzende meines Schriftstellerverbandes, Herr Imre Török, einen offenen Brief zu verbreiten, der mir durch die Veröffentlichung in „Buchreport“ zur Kenntnis kam. Von wesentlichen Aussagen dieses Briefes möchte ich mich hiermit ausdrücklich distanzieren.
Ja, es ist richtig: „Man muss offen und solidarisch für seine Ideale streiten.“
Die Methode des Anprangerns – so würde ich das nennen, was die sich hinter der Maske Verbergenden getan hatten, als sie die lautesten Egoisten auf Listen vorführten, wo doch Egoismus heute normal ist - ist der Würde jedes Menschen abträglich. Man bedenke, dass zu Mittelalterzeiten das an den Pranger Stellen als Strafe nach Verurteilung verhängt wurde, Anonymus beruft sich selbst zum Richter und Henker in einem.
Ja, es ist ein Problem: Wir leben in einer Welt, in der man Geld zum Leben braucht. Die Arbeit, die Schriftsteller leisten, ist eben, Worte zu Geschichten zu formen. Davon möchten sie leben können. Davon müssen sie leben können. Das muss gelöst werden, wenn nicht die schreibende Kunst restlos brotlos werden soll (Musiker und andere Künstler ähnlich).
Dann aber kommt das Aber.
Praktisch lassen sich hier Künstler vor einen üblen Karren spannen. Wenn Herr Török Urheberrechte zu „verbürgten Menschenrechten“ hochschreibt, kann ich mich nur angewidert abwenden. Auf solcher Art „Menschenrechte“ spucke ich. Da landet er bei „Menschenrechts“-Logik, die lieber Millionen Menschen sterben lässt als sie mit Generika sich retten zu lassen, weil damit Urheber-Menschenrechte verletzt werden. Ist das von dem Herrn so bedacht?
Von welchen „Freiheitsrechten“ spricht er da? So wie die einen von ihren genutzten geistigen Möglichkeiten leben können sollten, so sollen die anderen an ihren Produkten Genuss gewinnen dürfen. Die Unflätigkeit, von „Schwarmdummheit“ zu schwadronieren, weil sich da welche in der Form vergriffen haben, ist der Ton von jemandem, der nicht in meinem Namen spricht. Hier würgt ein selbstgerechter „Menschenrechts“-Apostel in tiefstem Gedärm steckende Verachtung gegenüber einfachen Menschen aus. Verachtung gegenüber „bildungsfernen Schichten“.
Was heißt hier Diktaturen? Was wird hier alles in einen Kübel geworfen? Es stünde einem Künstler besser zu Gesicht – mit und ohne Maske – sich dafür einzusetzen, dass nicht nur er sondern kein Mensch auf dieser Erde um ein anständiges Überleben betteln muss. Kreativität bedroht? Von Urheberechtsverletzungen?! Da schlage ich doch lieber eine solidarische Gemeinschaft vor, wo jeder so kreativ sein kann, wie er es eben kann, und jeder die Schätze der Weltkultur unbeschränkt nutzen kann, damit er kreativer wird.
Wie tief ist inzwischen der Schriftstellerverband gesunken. Einstmals eine Stimme des Menschheitsgewissen in deutschen Worten (wenigstens in denen) ist er herabgestiegen zur Standesorganisation beim Kampf ums größere Kuchenstück. Aber damit nicht genug: Man muss das noch zur Menschenrechtswahrung erklären.
Entschuldigt die Pickel im Gesicht. Die macht der Ekel. Fast wäre ich geneigt, „ein fürchterliches Gesicht hinter Grinsemaske“ aufzusetzen. Aber ich möchte ja doch „offen und solidarisch“ für mein Ideal streiten ...

http://www.buchreport.de/nachrichten/buecher_autoren/buecher_autoren_nachricht/datum/2012/05/16/fuerchterliches-gesicht-hinter-grinsemasken.htm



Auf der Spiegel-Bestsellerliste:



4
Gauck, Joachim

Freiheit
5
Maschmeyer, Carsten

Selfmade

Na, noch Lust auf die "Gedichte des Tages"? Dann bitte:


Gäbe es "Cocablätter für alle!" wie Roger Suffo das fordert, säße ich dann wohl nächtens noch beim Dichten? 
Vielleicht wäre ich aber noch ferner weg von "unserer" Erdwelt als "Vom Titan-Mond" ...


... oder auf die nächste SF-Fortsetzung? Dann auch das:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (60)


... Für die Mädchen gab es keinen Grund, die Robbis nicht für Menschen zu halten und bei den gewaltigen Lehrstoffen, die ich allmählich zusammentrug, war auch nichts dabei, was daran Zweifel genährt hätte. Den Mädchen kamen gerade die verschiedenen Geschmacksreize wie ein Wunder vor, das sie aber für die normale feine Herrschaftsküche hielten.
Sie akzeptierten übrigens, dass ich ihre für meine Zunge etwas verdrehten Namen meinem Sprachgefühl anpasste. Sanja, Kuoala, Ann-Ann, Stanza und Panika konnte ich aussprechen. Sie alle stimmte ich darauf ein, dass wenn sie endlich ausreichend meine Sprache beherrschen würden, noch viele Dinge zu lernen wären, von denen sie in ihrem Dorf noch nie etwas gehört hatten. Ich kündigte ihnen auch an, dass ich die Absicht hatte, alle Kinder, zumindest die Mädchen der Umgebung ebenfalls zu unterrichten. Dazu würden die für lange Zeit in Gruppen hier oben leben und von irgendwem betreut und beaufsichtigt werden müssen – dafür seien die fünf ausersehen.
Ja, die neuen Kinder, die ich bald auf die Burg holen würde, würden ihnen dann gehorchen müssen wie mir. Nach dieser Antwort waren meine Mädchen begeistert von der Aussicht – und ich schämte mich: Gehorchen war ein Wort, das nicht in die Erziehungswelt passte, aus der ich kam. Aber was sollte ich tun? Wie lang hätte denn mein Vortrag sein sollten, um wenigstens ansatzweise begreiflich zu machen, was Autorität ist. Und meine Autorität als „Gott“ stand ja nicht zur Debatte. Vielleicht deshalb hatte keines der Mädchen danach gefragt, warum ich zuerst nur die Mädchen wollte.

Wahrscheinlich hätte ihnen eher eingeleuchtet, dass ich mir in Ruhe eine oder mehrere Gefährtinnen unter ihnen aussuchen wollte, als eine sehr abstrakte Erklärung von praktischer Emanzipation. Will man in einer Gemeinschaft, in der die Männer das Sagen haben, Gleichberechtigung durchsetzen, müssen die künftigen Männer erst einmal die Mädchen mindestens als gleich stark, eher noch als stärker als sich selbst erleben, damit sie das akzeptieren und die Mädchen sich nicht unterbewusst in die Nebenrolle einpassen.

Bereits in den ersten Tagen verwendete ich jeden Morgen und Abend je eine halbe Stunde für ein Sportprogramm – also richtige Bewegung draußen. Übrigens begriffen die fünf sehr schnell selbst die Regeln des Schachspiels, wenn auch ohne mehrere meiner folgenden Züge vorauszudenken, so dass ich keine Angst wegen einer Niederlage haben musste.
Endlich war es soweit. Alle fünf sprachen nach zwei Monaten ein ausreichendes Erd-Basic. Nun waren wieder meine Robbis dran. Ich hatte es mir leicht gemacht. Aus ein paar Luftbildern hatte ich eine Landkarte meines Herrschaftsgebietes erstellt. Die darauf entdeckten Siedlungen gedachte ich in von meinem Dorf aus gesehen konzentrischen Kreisen nacheinander aufzusuchen. ...

Sonntag, 20. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1396

Es ist gar nicht so einfach, immer wieder neu einen nicht total sinnlosen Einführungssatz für die beiden klassischen Hauptteile dieses Journals zu finden, vor allem, wenn dieser Einführungssatz den Einführungssatz der "Gedichte des Tages" "einführen" würde:


Oh, lieber Goethe, wie hattest du Recht mit deinem Zauberlehrling: Kaum war das Gedicht über die Eifersucht auf die neue Hausspinne veröffentlicht, bekam ich schon von Brunhild Hauschild die Meldung zugeschickt, sie habe auch ein Gedicht über "Unser Haustier" anzubieten. Und das mit der ungewöhnlichen Biologie, dass Heidi zuschnappt, weil sie eine Brille brauchte.
... 
So ganz neu ist das Grundmotiv aus "Bevor mein Webstuhl still steht ..." ja nicht, aber wohl noch genug, um als echtes neues Testgedicht durchzugehen...


Und es war einst keine gar nicht so schlechte Notlösung, die nächste Fortsetzung des alltäglichen Fortsetzungsromans in der Zeitung durch den letzten Satz der vorigen Ausgabe einzuleiten:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (59)



... Ich aber wünschte mir keine abschreckend riechenden Mitbewohner, sondern mindestens WCs für alle und Duschen.

Ein elektrisches Pumpwerk war nicht sonderlich kompliziert. Rohre, Zwischenspeicher, ein System von Heizschlangen. Die skeptische Frage meiner Mädchen, was das für ein Monsterkrach sei, wimmelte ich mit einem „Wartet´s nur ab – ihr werdet schon sehen“ ab.
Zuerst war das Bad mit WC und Dusche in meiner Herrensuite fertig. Richtiges natürliches Brunnenwasser, das man als Wasserfall über den Körper prasseln lassen konnte und dabei trinken! Wann hatte ich das das letzte Mal genossen? Mehrere Jahre war das her. Die Zeit im Raumschiff zählte nicht. Ich stellte auf warm – so viel Luxus musste sein – und sang. Irgendwas Verrücktes. Schaumbad für die Haare. Abspülen.
Mit nassen Haaren lief ich in L` an` sanjas Zimmer. Vergnügt packte ich die Verwirrte, schleifte sie in mein Bad. Mein Kommando „Ausziehn!“ führte sie ohne Zögern aus. „Stell dich hierhin und rühr dich nicht!“
Und dann weidete ich mich an der Verwirrung des Mädchens, plötzlich in einem warmen Regen zu stehen. Ich reichte ihr ein duftendes Duschbad, zeigte ihr, wozu es gut war. Der Duft begeisterte sie und ich hatte Mühe, sie davon zu überzeugen, den Schaum wieder abzuspülen. Und ich berührte sie und sie berührte mich und wenn uns Menschen so beobachtet hätten, so hätten sie uns für ein verliebtes Paar gehalten. Doch dann fiel ihr plötzlich etwas ein. Nass, wie sie war, patschte sie durch meinen und ihren Raum, brüllte etwas, was ich nicht verstand, also wirklich nicht verstand. Dann kamen die anderen vier Mädchen angerannt.


Plötzlich, während ich ihnen so zusah, schossen mir mindestens zwei Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Der eine: ich sollte mich schämen für meinen Voyeurismus und der zweite: es war viel zu lange her, dass ich das letzte Mal mit einer Frau eins gewesen war. Wie alt mochten die Mädchen sein? Damals wusste ich ja nicht einmal, dass ein Sakurjahr eben 16 anstelle der mir vertrauten 12 Monate dauert. Mir war nur klar, dass ich Erdverhältnisse nicht verwenden sollte. Ich ahnte nur, dass die Mädchen vor mir viel früher reife Frauen sein würden, als mir lieb sein konnte. In fünf Jahre hätten diese hier vielleicht längst ihr drittes Kind geboren. Irgendwie wünschte ich trotzdem, für die Mädchen möge dieser unbeschwerte Moment nicht wieder enden ..

Ich erlebte eine erfüllte Zeit. Was machte es mir für einen Spaß, etwas zu tun, wofür ich bewundert wurde. So viele Vorgänge verwirrten die Mädchen. Am meisten zugegebenermaßen die Essensausgabe. Da sie auf keine Fragen in Richtung Replikator-Technik kommen sollten, erlebten sie von der Küche nur die Luke, aus der heraus ein menschenähnliches Robbi-Gesicht die jeweiligen Speisen reichte. ...

Samstag, 19. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1395

Diesmal sind die beiden Gedichte des Tages sowohl zeitlos als auch tagaktuell:


Wenn jemand von "animalischen Gefühlen" spricht, weiß eigentlich jeder, was gemeint ist. Dass das, was Gunda Jaron in "Die schöne Mexikanerin" herleitet, eigentlich auch als "animalisches Gefühl" bezeichnet derden könnte, ist wieder ein Stück Lyrik: Etwas Gewohntes aus neuer Perspektive zu sehen ...
Mit "Occupy ... or not?" schicke ich dagegen ein ernsthaftes Thema ins Test-Rennen bzw. frage, ob es noch ernsthaft geht ...


Der Fortsetzungsroman ist auf jeden Fall insofern "zeitlos" als dass er in der Zukunft spielt:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (58)


... In den folgenden Stunden gönnte ich mir einige vergnügliche Minuten. Ich hatte zwei der Robbis beauftragt, die Kinderzimmer und schließlich alle Räume der Burg mit Kameras zu versehen.
Meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Mit verblüffender Ausdauer trieben die Mädchen ihr Spiel mit jenen sprechenden Apparaten. Ich schaltete natürlich den Hauptrechner zu, um das Übersetzungsprogramm zu vervollkommnen, und ich versuchte ein wenig die Saks-Sprache mitzulernen. Ich würde nicht zugeben, wie weit ich sie verstünde – aber es konnte nicht schaden und Zeit vergeuden konnte ich nicht damit.

Ich hatte mir vorgenommen, meine künftige Gemeinde in fast alle Geheimnisse meiner Welt einzuweihen, eines aber auf jeden Fall auszuklammern: die Replikatoren. Zum einen wären die eine ungeheure Verführung. Ich traute mir einfach keinen nachhaltig wirksamen Vortrag zu, wozu man noch irgendeinen Arbeitsvorgang selber machen sollte, wenn man – in den Augen der ahnungslosen Saks - sich alles Nötige und Unnötige mühelos durch dieses technische Tischlein-deck-dich fertig serviert bekommen konnte. Ich fürchtete die totale Faulheit.

Woher sollten Dörfler um das Vergnügen wissen, etwas Kreatives wirklich selbst gemacht zu haben, um Kunst, die nur dem eigenen einzigartigen Kopf entspringen konnte – so wie ja jede Materiestruktur eines zu replizierenden Gegenstandes jemand zu einem in den Replikatoren gespeicherten Programm hatte machen müssen.
Und vergiss nicht: Es gehört zu den Geheimnissen jeder Macht, eben nicht alles vollständig preiszugeben, was sie stützt.
Die Zahl der Räume in der Burg war so groß, die Verbindungen zwischen ihnen teilweise so unübersichtlich, dass manche Räume für Uneingeweihte einfach nicht existierten. Die Robbis halfen da etwas nach. Verbotene Zimmer schienen mir nämlich zu unsicher.
Allerdings hatte ich ein Problem, das ich umgehend gelöst wissen wollte: das Wasser. Die Burg verfügte über einen guten Tiefbrunnen und ein Sammelbecken. Offenbar waren zuvor mehrere Knechte fast während der gesamten Arbeitszeit damit beschäftigt gewesen, die Eimer zu füllen, hochzuziehen, an die Orte ihrer Bestimmung zu schleppen. So war nicht nur das Baden, sondern auch das Waschen ein seltenes Ereignis. Ich aber wünschte mir keine abschreckend riechenden Mitbewohner, sondern mindestens WCs für alle und Duschen. ...


Freitag, 18. Mai 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1394

Noch immer spielt die Lesung vom Mittwoch eine Rolle. Manchmal gibt man ein Urteil ab, das missverstanden werden kann. Vielleicht war das da so - dann wäre es schön, wenn sich ein missverständliches Urteil eines klugen Mannes in eine kreative Anregung verwandelt hätte für neue Beiträge für die "Gedichte des Tages":


Kann man einem Gedicht widersprechen und zustimmen zugleich?
Kann man den Versuch starten, etwas als "So ist es" zu behaupten ... und zugleich die Frage stellen "Ist es so?"
Man kann mindestens den Versuch starten ... und das muss man eben, ohne vorher die Möglichkeit des Scheiterns in Betracht zu ziehen.
Brunhild Hauschilds Gedicht hat nur einen Haken, an dem sie dem Leser eigenes Nachdenken, richtiger Mit- ja sogar Vordenken abverlangt: Wer oder was IST "diese Gesellschaft"? Ob auch die Falschen klatschen? ie Richtigen sollten es tun ... " Noch ein Urteil". Noch interessanter könnte man dieses Gedicht finden, wüsste man, auf welche Bemerkung am Rande des "Weltauslesen" sich ihr Gedicht bezieht. Aber ich biete da lieber ainen Blick auf mein drittes Gedicht. "Einladung" mit Bild ... 


Kreative Anregungen werden den utopischen Roman auf jeden Fall noch an verschiedenen Punkten in verschiedenem Umfang verändern:


Slov ant Gali / Gunda Jaron:   

                Ich wurde Gott (57)


Sieh mich bitte an!“
Ich war selbst erschrocken vom Klang meiner Stimme. Nicht von dem, was ich sagte, sondern wie. Dieses Herrische, das auch von meinem Vorgänger auf der Burg hätte stammen können.
Zögernd hob das Mädchen den Kopf.
Wie heißt du?“
L` an` sanja, Herr.“
Lass das Herr weg. Ich heiße Fred.“
Lansanja schwieg.
Verstehst du, Lansanja: Fred.“
Ja, Herr ... Frad.“
Es war komisch. Der Kommunikator verstand Frad offenbar nicht als Sanjas Verstümmelung meines Namens und wiederholte den nicht identifizierten Ausdruck. Das bestärkte mich bei meinem Einfall.
Gefallen euch eure Zimmer?“ Eine Antwort hatte ich nicht wirklich erwartet. So fuhr ich sofort fort. „Sanja, ihr fünf Mädchen werdet in Zukunft hier sehr wichtige Aufgaben erfüllen. Dazu ist es gut, wenn ihr schnell meine Sprache sprecht. Die werdet ihr mit diesen Geräten erlernen.“
Sanja sah mich abwartend an. Ich sah ihr nicht an, ob sie begriff, dass die Laute, die aus dem Translator nach jeder meiner Satzpausen ertönten, Übersetzungen meiner Laute in ihre Sprache waren. Ich musste davon ausgehen, dass sie nicht wusste, dass es überhaupt irgendeine andere als ihre eigene Sprache gab, dass man zu einer Klankla eben auch Baum sagen konnte. Also setzte ich fort: „Du wirst also das, was ich gesagt habe, so wiederholen, wie du es von mir gehört hast.“
Nachdem sie die Übersetzung gehört hatte, sah sie mich fragend an. „Du wirst also das, was ich gasagt haba, so wiedarholan, wie du das von mir gahört hast.“
Wunderbar“, lobte ich, „und das, was du aus dem Gerät hier gehört hast, war dasselbe in deiner Sprache.“
Schön war, dass der Translator ihren Papageienversuch richtig zurückübersetzte – auch dort, wo sie ihr A für mein E gesprochen hatte.
Ihr werdet fleißig üben. Ihr sagt etwas in eurer Sprache, hört euch dasselbe aus dem Translator an und wiederholt das dann, bis ihr euch gemerkt habt, wie das bei mir heißt. Und dann verwendet ihr hier meine Sprache.“
Ich reichte ihr einen Beutel mit fünf Translatoren. „Für jede von euch einen. Damit ihr auch alleine lernen könnt. Mal sehen, wer von euch am schnellsten lernt. Ich glaube, das wirst du sein.“
Als das Mädchen die Übersetzung hörte, huschte das erste Mal in meiner Nähe ein Lächeln über ihr Gesicht.
Nun geh! Und da sind auch Uhren für euch drin. Um sieben essen wir zusammen Abendbrot.“
Ihr verständnisloser Blick ließ mich korrigieren: „Ich ruf euch dann zum Abendbrot.“
Das war ein sehr wichtiger Schritt.
Du kannst sagen, ich hätte mich lieber befleißigen sollen, die einheimische Sprache zu lernen. Das stimmt aus mehreren Gründen nicht. Der wichtigste: Für eine lange Zeit hätte ich sie nur fehlerhaft und mit einem seltsamen Akzent beherrscht. Es hätte meine überlegene Position angefochten, wenn sie laufend meine Fehler erlebt hätten. So aber waren sie die, die schrittweise lernen mussten. Der zweite: In der Welt, die sie kennen lernen würden, gab es eine Unzahl von Dingen, für die sie sowieso meine Ausdrücke gebrauchen mussten, weil sie keine eigenen hatten. Dann trainiert das Erlernen einer fremden Sprache die Denkfähigkeit und nicht zuletzt – aber das hätte ich damals nicht so offen zugegeben – war natürlich die permanente Nutzung einer fremden Sprache ein kleiner Schritt, sie ihrer alten Welt zu entfremden.

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