Donnerstag, 22. September 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1155


Ich wär so gern dein Hühnergott,
ganz warm in deinem Bette,
der glatt und blank in deiner Hand
nicht Hühneraugen hätte.

Du wärstest deinem Traummann nah
in Folge meiner Kraft,
und meine Eifersucht wär weg -
als Stein hätt ich´s geschafft.

Wesentlich weniger theatralisch nimmt das Leben
Gunda Jaron mit "Fünfzeiler - querbeet (2)"
aber auch   wenn das herbstlaub fällt  von 2008 war nicht überschwemmt vom tiefer Enthaltsamleit ...

Zur Prosa. Inzwischen ist der SF-Fortsetzungs-Groschenroman  bei der inzwischen  44. Fortsetzung von Anna Roths "Das Bienenprojekt" angekommen - wieder mit einer Doppelseite:

Das war vielleicht falsch. Nicht das Vorstellen. Das lief wie bei einem der Institutscastings. Innerhalb einer halben Stunde hätte ich den Eindruck gewinnen können, meine Leute bewarben sich um eine Expedition in die Fauna des Omikron-Planeten im System Alpha Centauri und nicht um ein Insektenforscherteam in der Provinz von Arizona. Hätte ich keinen Grund gehabt, planmäßig hochgetunte Kunstlebensläufe zu wittern, ich wäre über die Aufwertung meiner Teamchef-Rolle größenwahnsinnig geworden. Anders sah es aus, sobald es um die Bienen ging. Ich war mir sicher, dass jeder einzelne genaue Instruktionen bekommen hatte. Aber wie auf Verabredung (oder vielleicht nicht nur wie sondern wirklich auf Verabredung) spielte jeder den Abwartenden. Sollte doch der nächste als erster gucken lassen, was er wusste. Wir steckten in einer Zwickmühle. Ich spürte wie die Rolle des ersten Klartextredner auf mich zu rückte. Und ich hasste den Moment. Denn eines war mir klar: In dieser Gesellschaft konnte ich mir vieles leisten, aber nicht das Eingeständnis, Schiss zu haben und nicht einmal genau zu wissen, vor wem oder was am meisten.

Im Verlauf der Vorstellungsrunde hatte ich meist zu demjenigen hingesehen, der jeweils gesprochen hatte. Nur gelegentlich verstohlen die Reaktionen der anderen beobachtet.
Paul zum Beispiel. Er hatte sachlich und knapp über das berichtet, was bisher bei uns passiert war bzw. was wir erlebt hatten. Als er schwieg, dachte ich noch, so hätte ich auch anfangen können.

Nach mir hätten alle ihren Senf dazugegeben und dann hätte ich zusammenfassend erste Schlussfolgerungen gezogen. So blieben mir nur die Schlussfolgerungen.
Dann war Romana an die Reihe gekommen. Nein. Was sie sagte, weiß ich nicht mehr. Ihre Stimme schlug mich mehr in den Bann, als es zehn Mörderbienenvölker hätten tun können. Vielleicht lag das daran, dass ich von der zierlichen Person etwas Piepsig-Zartes erwartet hätte und bisher immer abgelenkt gewesen war. Nun betrachtete ich sie mit tiefem Bedauern über das Unglück des Lebens im Allgemeinen und meines im Besonderen. Warum hatte ich diese Frau nicht früher kennen gelernt? Warum nicht unter Umständen, unter denen sie mich hätte näher kennen lernen wollen? Stattdessen musste ich mich freuen, dass die Frau, die mich zum Vater ihres ersten Kindes erwählt hatte, gerade in relativer Sicherheit war. Die Frau, die ich gerade anhimmelte, hatte von italienischen Wurzeln, Connecticut und Single sein erzählt, aber warum sollte das stimmen, wenn fast alle Details der Lebensläufe erfunden waren? Ich konnte sie mir aber genauso wenig als Lara Croft vorstellen – und sei es nur, weil sie so klein und zart wirkte.
Dass ich sie anstarrte, solange sie sprach, fiel nicht auf. Dass mein Blick aber weiter zu ihr irrte, als ein mittelblonder Durchschnittstyp, der meinte, man sollte ihn Mitch nennen, seinen Psalm aufsagte, das musste ich verbergen, es unterdrücken ... oder es wenigstens versuchen. Mitch outete sich ungewollt. Gut … Er sah schon durchschnittlich aus – ich hätte ihn wahrscheinlich auf einer New Yorker Avenue nicht einmal unmittelbar vor mir stehend wiedererkannt.

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