Slov ant Gali
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mit Vorschau auf Gedichte des Tages, Prosa in Fortsetzungen und Rezensionen
Montag, 31. Dezember 2012
Donnerstag, 20. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1611
Passt Spitzweg in die Weihnachtszeit? Vielleicht wegen seiner Idyllenbilder ... Sind wir nicht manchmal alle kleinbürgerlich "spitzwegig"?!
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (22)
... Ich schlage
Folgendes vor: 1. Wir replizieren einhundert kleine automatische
Sender. 2. Wir versehen sie mit einer Endlosschleife Text. Etwa unser
Standort und dass wir Hilfe brauchen. 3. Wir schicken sternförmig
acht Teams los, die im Abstand von fünf bis zehn Kilometern die
Sender aussetzen, wenn sie nicht direkt die Kari finden. Hoffen wir
auf die Chance, dass uns der Replikator noch das gönnt, was wir von
ihm wollen.“
Komuna hatte ums
Wort gebeten. „Im Großen und Ganzen ist der Vorschlag vernünftig.
Die Endlosschleife geht sogar noch einfacher: Zum einen wissen wir
unseren Standort selbst nicht genau zu beschreiben, zum anderen
wissen ihn die Kari selbst. Schwieriger sind die Teams. Bei achten
wären sie bis fünf Mitglieder stark, wenn keiner hier bliebe, was
ich ablehne. Wir sollten nur los schicken, wer unbekannten Gefahren
gewachsen ist. Große Technik können wir nicht mehr replizieren.
Also müssen die Teams viel schleppen. Wenn was passiert, müssen
sich die Teams teilen können. Ich schlage vor, mit vieren zu
arbeiten. Höchstens sechs.“
Wer danach noch
alles was sagte, weiß ich nicht mehr. Die Diskussion wurde immer
unangenehmer. Je deutlicher sich zeigte, dass sein Vorschlag nicht
haarklein so angenommen wurde, wie er ihn gemacht hatte, um so
gereizter wurde Hank, ja, um so schlechter war er als Moderator. Zum
Schluss brüllte er nur noch „Macht doch, was ihr wollt, wenn ihr
alles besser wisst.“
Er ist dann einfach
gegangen, ohne die Wahl des nächsten Moderators abzuwarten. Seine
Jungs folgten ihm. Ich ahnte schon, was er vor hatte. Aber so schlimm
konnte es ja nicht sein. Hauptsache, er hinterließ eine Markierung,
welche Richtung er gewählt hatte, damit wir uns insgesamt gut
verteilten. Zu viert verließen sie uns noch am selben Abend. Beim
Restpalaver zog sich dann immer mehr eine Schlinge um meinen Hals
zusammen: Jemand musste im Lager bleiben, am Sprechfunk überwachen,
was zwischen den Teams eventuell zu koordinieren war, auf die
Jüngsten aufpassen ... Und genau dafür schien ich am geeignetsten.
Nicht genug damit. Onja und Jenny übernahmen jeweils ein Team. Mir
blieb gerade einmal Sarah und - freiwillig! - auch Xu-Li
als Gesellschaft im langweiligen Hinterland. Salio schloss sich bei
dem bevorstehenden Abenteuer seiner richtigen Schwester Onja an.
Es war eine
bescheuerte Nacht. Immer wieder wurde ich von Albträumen gequält.
Immer wieder wachte ich auf und konnte mich an nichts richtig
erinnern. Immer wieder schlief ich ein und alles fing von Neuem an.
Dabei war ich doch für die langweiligste Aufgabe überhaupt
ausgewählt worden.
Tag 25
Ich hätte ihr
sonst was antun können. Machs gut, Lagerälteste!“ verabschiedete
sich Jenny. Aber ich konnte ihr ja nichts antun. Durch Komunos Tod
gewarnt hatten wir richtige Raumanzüge repliziert, solche schweren
für Vakuum und mit eigenem Lebenserhaltungssystem. Der Replikator
brauchte viel Zeit dafür. Welche Wahnsinnsangst, er könnte schon
schlappmachen. ...
Mittwoch, 19. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1610
Als ich Petra Namyslos Gedicht "Klassenunterschied" las, fragte ich mich, wie viel Augenzwinkern verbirgt sich dahinter oder wie viel Vergnügen an den Paarreim-Paaren. Vielleicht aber erreicht sie schon mit diesem Hinterfragen das, was sie wollte ...
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (21)
...
Sarah hatte Recht.
Niemand wollte in diesem Kasten schlafen. Was sicherte, dass wir am
nächsten Tag aufwachten und nicht mehr wieder raus kamen? Die
restlichen Systeme Stück für Stück ausfielen? Die
Schleusenverriegelung deaktivierten wir. Die Luken ließen wir offen.
Wer sollte schon kommen? Als der Computer noch funktioniert hatte,
hatte er keine Lebenskonkurrenz entdeckt, die bei uns hätte
eindringen können ...
Tag 24
Es war das
Verrückteste, was wir bisher miteinander erlebt hatten. Eigentlich
war nichts. Aber schon beim Aufstehen geisterte der Gedanke durch
unsere Köpfe: Welche Frage wir auch haben sollten, wir konnten von
nun an zumindest vorerst nicht mehr uns in die Schaltzentrale
hinstellen, „Computer, ...“ rufen und eine Antwort erwarten. Also
ich vermisste diese Möglichkeit sofort, so sehr ich mich vorher
mitunter über die Antworten geärgert hatte.
Bei unseren
Frühstücksbestellungen merkten wir dann mit lachenden und heulenden
Augen, dass der eine verbliebene Replikator eine akustische Macke
hatte: Er ignorierte alle i-Laute, richtiger alle Begriffe, in denen
i-Laute vorkamen, und ü war für ihn auch ein i-Laut. „Milch“
gab es also nicht und „viel“ konnte man auch nicht verlangen. So
tranken wir viel Tee an diesem Morgen.
„Wenn alle fertig
sind, raus zum Palaver“, hatte Onja gerufen.
Diesmal war Hank
dran mit Moderieren.
„So“,begann er
seine Situationszusammenfassung, „zurück können wir nicht mehr.
Um hier wieder sicher zu leben mit den gewohnten Annehmlichkeiten,
müssen wir unbedingt die Kari finden. Gehen wir davon aus, dass sie
mit ihren kurzen Beinen nicht Hunderte Kilometer gelaufen sind,
selbst, wenn sie die ganze Zeit unterwegs gewesen wären. Gehen wir
weiter davon aus, dass wir nicht wissen, in welche Richtung sie
gezogen sind. Das heißt, wir können nicht einfach eine Gruppe
hinterher jagen.
Gehen wir drittens
davon aus, dass wir noch nie gesehen haben, wie sie zusammen wohnen.
Es wäre nur geraten, wenn wir annehmen, sie bauen sich
Termitenhügel. Weiß jemand mehr?“
Das war eigentlich
gut gemacht, einmal von dem Annehmlichkeiten-Satz abgesehen, der so
klang, als wäre das etwas Schlechtes. Alle erwarteten, dass er
weiter sprach.
„Wenn das nicht
der Fall ist, bleibt die Frage, wie wir jetzt vorgehen können. Wir
müssen dazu noch eine vierte Annahme als zutreffend setzen: Dass
sich die Kari finden lassen wollen. Wenn nicht, haben wir keine
Chance.
...
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Wo Bäume weinen
Dienstag, 18. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1609
Die Versuchsreihe mit den "Rede-Wendungen (6)" sollte als Test dieses Jahr abgeschlossen werden. Deshalb heute also Produkte, die wohl etwas weniger geraten scheinen ...
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (20)
...
Hank
lief vor uns her. Er lief recht schnell, und ich nahm unauffällig
den linken Arm vor, um nicht allzu unsanft gegen die unsichtbare
Mauer zu prallen, wenn dieser merkwürdige Tagtraum zu Ende war. Aber
nichts kam. Wir liefen die wenigen Schritte weiter, und dann haben
wir die nächstbesten Bäume, die, die wir gerade erreichten, umarmt.
Mir kam meiner gar nicht so wie eine Pflanze vor. Eher fast so wie
Onja, als ich sie das erste Mal umarmt hatte, ganz vorsichtig noch.
Wie schön! Wir waren frei! Endlich frei. Und diese Bäume waren
unsere Freunde. Vielleicht empfanden die Koom das sogar noch stärker.
Irgendwie waren sie ja so was wie menschliche Pflanzen. Ach Quatsch.
Ich werde Onja natürlich nicht danach fragen. Sie nimmt mir das noch
krumm. Aber dieser Moment... Nun erst waren wir wirklich richtig hier
angekommen. Siedler. Ansiedler in einer neuen Welt. Voller Hoffnungen
und Chancen.
Wir ließen die
Bäume los, umarmten einander. Tanzten. Zum Tanzen waren die Bäume
nun wirklich nicht geeignet. Tanzten bis zur kurzen, glücklichen
Erschöpfung. Dann, noch immer wie berauscht, schlenderten wir zum
Schiff. Es nahm uns auf wie immer. Wir gingen zuerst in die
Steuerzentrale, um uns mit eigenen Augen von Henks Beschreibung zu
überzeugen.
Es sah wüst aus.
Ziemlich sinnlos war eine Brandschleife wie Graffiti gezogen. Es
stank auch nach verbranntem Plast. „Bloß raus hier! Das ist
bestimmt giftig“, sagte jemand, und wir strömten raus wie wir
reingeströmt waren.
„Frühstück,
Leute!“
Ich weiß nicht
mehr, wer das rief, aber ja, genau das war es, was wir jetzt
brauchten. Ein total ausgeflipptes Frühstück. Wir zogen also alle
zusammen in unsere Mensa, die früher einmal das Offizierskasino des
Traumschiffes gewesen war.
„Wie immer“,
rief Nori in die Luke. Es passierte nichts. Absolut nichts.
Nacheinander
versuchten wir alle unser Glück, wenn auch mit immer weiter
schrumpfender Erwartung; vielleicht nur noch zur Selbstbestätigung,
dass man selbst auch vergessen war.
Sagen wir mal ...
eine eiskalte Dusche war ein guter Vergleich. Wir standen dumm rum.
„Also ausschwärmen“, rief Jenny, „hier waren doch sechs
Replikatoren.“
Das Ergebnis blieb
ernüchternd, wenn auch nicht ganz vernichtend. Fünf der
Replikatoren waren zu keiner Reaktion zu bewegen. Der sechste
entpuppte sich als Witzbold. Man gab ihm einen Auftrag. Meist führte
er ihn aus, er versuchte es zumindest, und immer, wenn er es
versuchte, ging auf der Etage die Hauptbeleuchtung aus, und was er
dann ausgab, war jedes Mal eine Überraschung. Vielleicht wäre
vieles notdürftig instand zu setzen gewesen, aber es gab niemand,
der etwas von der Technik verstand. Dann stellten wir fest, dass wir
keinen Zugang zum Hauptspeicher bekamen, vorausgesetzt, er war nicht
zerstört. Wir verbrachten den ganzen Tag damit, herauszubekommen,
was alles noch funktionierte und was nicht. Sagen wir, wir mussten
uns davon überzeugen, dass der weitaus größere Teil aller Technik
nicht funktionierte. Ausnahmen waren Teilsysteme, die nicht in der
Zentrale gesteuert wurden. Dieses Blog zum Beispiel. Aber das waren
alles keine sonderlich wichtigen Sachen. Der Preis für unsere
Freiheit war hoch. Immerhin: Unser Wasser bekamen wir. Allerdings
brummte der verbliebene Replikator so verdächtig laut, dass ich
sicher war, auch er würde bald den Geist aufgeben.
„Und wo schlafen
wir jetzt?"
...
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Wo Bäume weinen
Montag, 17. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1608
Also ich bedarf schon Google´s, um Ursprung vom "Moloch" nachzuschlagen. Bis dahin wurde Thomas Reich längst davon verschluckt ...
Nichts bleibt unbestraft. Kaum hatte ich den "Nonono"-Floh-Nonsens eingestellt, meldete sich Brunhild Hauschild mit "Der italienische Floh" ... Oh wie schön, noch albern sein zu dürfen ...
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (19)
...
Tag 18
Immer noch dieser
Regen. Wie war das mit tropischen Regenzeiten? Wir hatten noch nicht
genügend Verpflegung gebunkert. Sind ins Schiff geflüchtet. Wir
fünf waren die letzten. Jenny hat eine Kampfsportstunde vor jeder
Mahlzeit eingeführt. Mir machte nur Spaß, mit einem kurzen Schrei
diesen ganzen Frust rauszubrüllen. Für lange half es nicht.
Tag 22
Nein, ich habe
keinen Tag ausgelassen. Es war wirklich nichts zum Berichte. Draußen
Wolken. Kein Regen. Wir haben den ganzen Tag lang Tüten, Büchsen
und Gläser mit was Essbarem raus geschafft. Ich glaube, alle dachten
nur an Krieg gegen den Computer. Daniel hat sich vor mir verbeugt,
„Hoi!“ gerufen und mir mit einem Ruck wieder auf die Beine
geholfen. Ich hatte nichts begriffen. Er übe schon die ganze Zeit,
erklärte er, und ob ich das lernen wolle. Wie gern! Oh, werde ich
lange brauchen. „Mal sehn!“ habe ich geantwortet. Hat er mich nun
angesprochen?
Tag 23
Ich wachte mit
einer bösen Ahnung auf. Auf der Erde, zu anderen Zeiten, wäre ich
vielleicht Seherin oder so was geworden. Die anderen waren schon wach
und Salio fragte mich, ob er frisches Frühstück rüberholen solle
oder ob wir rauf frühstücken gehen wollten. Wir wollten ins Schiff.
Zum einen gab es keinen Grund, jetzt schon die Reserven anzugreifen,
zum anderen war jede Minute, in der wir mit etwas beschäftigt waren,
und wenn es der Weg zum Frühstück war, ein Gewinn und zum Dritten:
wir hatten zu spät einen Fehler bemerkt: Bei unseren ganzen
Futterreserven fehlte schlicht frisches Wasser. Wir mussten uns mit
welchem eindecken und Fässer rausschaffen für den nächsten Regen.
Wir kamen nicht
weit. Vom Schiff aus kam uns Henk entgegen. Er torkelte wie ein
Betrunkener oder als hätte er einen Schlag über den Kopf bekommen.
„Wir sind
frei!"grüßte er. Dann fing er an zu lachen. Еs war so leicht!
Mann, war das leicht.
Allmählich kamen
alle zusammen. Es stellte sich heraus, dass Henk weder alkoholisiert
war noch einen Schlag, welcher Art auch immer, bekommen hatte. Er war
offenbar nur gnadenlos verwundert. Wie wir aus ihm heraus quetschten,
hatte er sich ursprünglich nur ein paar Teile replizieren wollen. Da
war ihm die Idee gekommen, einfach einmal zu probieren, was er die
ganze Zeit schon gewollt hatte. Er war in die verwaiste
Steuerzentrale rüber gegangen. Nichts hatte ihn davon abgehalten.
Wie er dann dort gestanden hatte und überlegt hatte, was er nun tun
sollte, hatte er einfach - während seines Geredes musste
er mehr als 50 Mal einfach gesagt haben - den Strahler
genommen und einfach auf den Hauptschrank gerichtet und einfach
abgedrückt. Die Beleuchtung habe kurz geflackert, und er habe sich
mit freiem Strahl gedreht und irgendwann aufgehört. Er müsse
schnell zum Waldrand.
...
Sonntag, 16. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1607
Soll man sich bei Gedichten nicht gelegentlich überraschen lassen? Versuchen wir das also bei Thomas Reichs "Brüder der Nacht" ... was ja irgendwie nach Grusel klingt ...
Bevor wir aber das Türchen des Tages öffnen, fragen wir, was es mit Brunhild Hauschilds "Weis(s)heitsspruch" auf sich hat:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (18)
... Tag 16
Eigentlich wollte
ich nicht.
Was? Alles wollte
ich nicht. Aufstehn zum Beispiel. Oder frühstücken in unserer
Mensa.
Ich kam mir vor wie
ein Computer, den jemand durchprogrammiert hat für den Tag. Wozu
Cornflakes? Amerikanische mit Milch. Von einer Replikunstkuh. Aber
die anderen funktionierten ja auch. Das ist es wahrscheinlich. Alle
sehen so aus, als funktionierten sie, genauso wie man selbst, und man
möchte nicht die erste sein, die nicht funktioniert. Dabei warten
die anderen vielleicht nur, dass einer anfängt. Ob das vererbter
Herdentrieb ist? Oder die Erfahrung, dass du als erste die meisten
auf die Schnauze bekommst? Es waren noch 40 andere da. Mir war gerade
nicht danach, was auf die Schnauze zu bekommen.
Wenn wir in der
Baracke standen, duftete es richtig nach frischem Holz. Urlaub im
Sperrgebiet Ökoland. Debbie hatte mir später erzählt, was das
gekostet hatte und welche Bestätigungen wir in unseren Kennkarten
hatten eintragen lassen müssen, um rein zukommen. War ja nicht für
Masse und Präkies. Aber romantisch. Und hier bauten wir uns das
selbst – ohne Genehmigungsdokumente. Zwei Zimmer mit je zehn mal
zehn Fuß. Einmal zwei, einmal drei Liegen zum Klappen und Pennen.
Salio teilt sich
sein Kabuff mit Sarah und Xu-Li. Nein, nicht umgekehrt. Sarah hat die
ganze Zeit gelacht. „Der macht immer son Quatsch. Er hat gesagt,
wenn er nicht hier auf mich aufpassen darf, legt er sich draußen
schlafen, und ich sei schuld, wenn er am Boden anwächst.“
Ob das gut geht mit
den dreien? Ich müsste mich eigentlich mal mit den beiden Mädchen
unterhalten. Langsam müsste bei ihnen doch was passieren. Ob Salio
da der richtige Zimmergefährte ist? „Lass,“ hatte Onja gesagt.
„solange sie ihn annehmen, ist gut. Er braucht das. Und weißt du,
für mich ist er doch zu jung, um den großen Bruder zu spielen und
...“ Ich hatte Onja in den Arm genommen und irgendwie war ich ihr
dankbar, dass sie jetzt mit mir darüber sprach. Oder richtig:
Gesprochen haben wir nicht, aber jede hatte das Gefühl verstanden zu
werden.
Wir werden es uns
hübsch machen. Und unsere Kajüten bleiben uns ja.
Tag 17
Schon am frühen
Morgen hatte es so stark geregnet, dass man kaum die Nachbarbaracke
sehen konnte. Salio erklärte uns Tschiotscho. Ich hoffe, ich habe es
richtig ausgesprochen. Es ist ein dreidimensionales Damespiel. Salio
hatte drei solche Spiele eingeschleppt. Ein Glück. Er spielte
synchron gegen uns alle. Ich wunderte mich erst, dass er alle Spiele
verlor. Aber dann flüsterte mir Onja zu, das mache er mit Absicht.
So hatte sein Bruder Pedo das auch immer gemacht, wenn sie schlechte
Laune hatte. Es war trotzdem irgendwann langweilig. Die Fenster haben
aber gehalten. Wir sind früh schlafen gegangen.
...
Samstag, 15. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1606
Hurra, der Tag für die Kerze 3 ist heran. Der gut erzogene deutsche Konsument ist natürlich gegen die Sorgen, als "Die Leiden der jungen W(eihnachtsmänner und -frauen" immun. Das liegt alles hinter ihm. Den rührt auch die tierische Philosophie "Was bleibt" nicht, die auf einer Beobachtung beruht, die man kaum im Dezember machen kann:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (17)
... „Das werden wir
natürlich gleich tun, aber für so einen kleinen Dialog mit dem
Computer brauchten wir uns nicht vorher zum Palavern zusammen zu
setzen. Ich gehe auch davon aus, dass die Idee scheitert. Deshalb
habe ich weiter gesucht. Was haltet ihr von Folgendem: Wir zerstören
den Computer wenigstens teilweise, damit er nicht mehr die Kraft
aufbringt, uns hier festzuhalten. Nachher müsste es doch möglich
sein, die Kari zu finden, die das Computersystem ja schon einmal
repariert haben. Sie könnten dann auch ihre eingefügte
Programmschleife entfernen oder vernünftig abwandeln. So. Jetzt seid
ihr dran.
Fritzi meldete sich
recht ungeduldig. Ich fürchtete das Schlimmste. Wir hatten auf der
letzten Beratung Jenny zur Moderatorin bestimmt. Ich hätte ihr noch
ein Zeichen geben wollen, aber da sagte sie schon. „Fritzi, bitte!“
Fritzi stand auf,
wartete einen Moment, sah sich in der Runde um. „Also ich weiß
nicht, was es da viel zu palavern gibt. Ich bin dafür. Ich könnte
mir niemand vorstellen, der freiwillig hier versauern möchte. Ich
schlage vor, Uljana geht gleich rüber zum Schiff, da können wir
hier sitzen bleiben, und versucht es mit überzeugen. Dann bleibt nur
noch die Frage, wie wir den Computer fertig machen können. Also
meine Meinung: Überlasten wär elegant, geht aber nicht. Wir wissen
nicht, wie viel Prozent der gesamten Energie für das Feld nötig
ist, wie viel Leistung wir also aufbringen müssten, damit die nicht
mehr da sind. Aber dann? Wenn er nun ganz ausfällt? Dann sind wir
Näse....“
„Weißt du
überhaupt, was Prozent heißt?“ rief Henk dazwischen.
„Henk, immer
einer nach dem andern“, schimpfte Jenny.
„Schon gut. Ich
wei゚ jedenfalls,
dass Henk mitunter das 101. Prozent ist, das man manchmal in die
Tonne hauen kann.“ Fritzi wartete die Lacher ab. „Also so was
Kompliziertes fällt aus. Bleiben die Strahler. Die haben noch den
Vorteil, dass wir selektiv vorgehen können. Wir entschärfen nur die
nötigsten, also für uns störenden Baugruppen.“
Nein. Ich will die
folgende Diskussion nicht festhalten. Es gab letztlich keinen, der
Onjas und Fritzis Vorschlag abgelehnt hätte. Es stellte sich nur
heraus, dass keiner so richtig wusste, welche Baugruppe wofür
zuständig war. Und zum Computer gehen und ihn fragen, welche seiner
Teile man zerstören solle, damit er seine neueste Programmschleife
nicht mehr fahren konnte, da waren wir uns einig, dass das nicht
ging. Wir waren noch voll am Diskutieren, als ich los sollte, den
Computer zu befragen und überzeugen.
Muss ich das jetzt
beschreiben? Besser nicht. Es war eine glatte Nullnummer. Ich will
auch gar nicht wissen, ob ich mich blamiert habe. Ich glaube, eher
weniger. Die Idee war einfach doof, und das Ergebnis las man mir von
weitem am Gang ab.
„Als ich in
Hörweite war, hatte Hank das Wort: „Habt ihr Schlauberger
eigentlich dran gedacht, dass sich der Computer seine Teilzerstörung
vielleicht nicht gefallen lässt? Da könnten wir ihn ja auch anders
einfach abschalten. Er muss uns sichern. Das hat er als Funktion. Um
uns zu sichern, muss er funktionieren. Also ist seine
Selbstverteidigung im Sinne seiner und damit unserer Sicherheit. Und
wenn er ein Kraftfeld um das ganze Gelände aufbauen konnte, dann
dürfte er auch eines um die Baracken hier aufbauen können. Dann hat
er sich gesichert und damit uns. Oder umgekehrt. Wenn euch das lieber
ist ...
Ich glaube, vorher
wären alle begeistert mit gezückten Strahlern los gezogen, um das
Raumschiff zu stürmen. Nun hockten sie da und niemand wollte mehr
das Wort. Ich gebe zu, mir fiel auch keine Antwort ein, und die
Vorstellung, unser Gefängnis könnte auf den Barackenplatz
zusammenschrumpfen, jagte mir einen lähmenden Schrecken ein. Im
Raumschiff verfügten wir wenigstens über alles Lebensnotwendige.
Wie sarkastisch klang dann Jennys Zusammenfassung der ganzen Debatte:
„Also bauen wir erst mal unsere Außenunterkünfte...“ (Sie sagte
wörtlich Außenunterkünfte.) „...fertig. Dann sehen wir weiter.“
So endete dieser
heroische Tag. Einige von uns überwanden sich wirklich. Es war ja
noch so viel zu tun, bis wir notdürftig in den Holzbaracken wohnen
konnten. Es sprach keiner aus, aber alle guckten sich jetzt unsere
Ausstattung draußen unter dem Gesichtspunkt an, dort dauerhaft leben
zu müssen. Da konnte einem schon das Heulen ankommen. Von wegen
Abenteuer.
...
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Wo Bäume weinen
Freitag, 14. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1605
Man kann das Voranschreiten der Zeit positiv sehen oder, wenn man eine Eintagsfliege ist dem "Fliegenden Fatalismus" verfallen. Das folgende Gedicht kommt allerdings nicht so total überzeugend rüber, wenn draußen alles nach weißer Weihnacht aussieht - wobei wohl problematischer sein könnte, dass der Zusammenhang zwischen der Flüchtlingsjagdagentur Frontex mit dem Vorweihnachtsgefühl nicht verstanden wird ...:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (16)
... So wachte ich auf.
Mit einem schlechten Gewissen. Wer mich schon alles gesucht haben
mochte? Bis hier unten war keiner gekommen.
Hunger hatte ich.
Hatte ja das Abendbrot ausfallen lassen. Das ist zwar bei meiner
gedrungenen Figur nicht weiter schlimm, aber das einzige, was wir in
den kommenden Jahren würden genießen können, waren Speisen so
viele und so schöne, wie wir sie den Replikatoren schildern konnten.
„Ich hab Salio
gesagt, du wolltest nicht gefunden werden.“ Onja begrüßte mich
mit fragendem Blick. „Вingo! Danke!“ Was sollte ich sonst sagen?
Ich wollte sie ja nicht beleidigen, aber wenn man tagein-tagaus immer
nur ein und dieselben Leute sehen muss, dann können einem manchmal
auch die Liebsten über werden. Фnd ich habe ein gro゚es
Palaver vorgeschlagen auf dem kleinen Platz zwischen unseren Baracken
nachher.
Ich sah Onja
überrascht an. Was gab es bei dieser Situation zu palavern? Es sei
denn, ... Und Onja sah nicht so geknickt aus wie ich wahrscheinlich
und die meisten anderen.
Ich aß mich also
richtig satt. Gelegentlich schielte ich zu Onja rüber, aber über
irgendwelchen Smalltalk hinaus war keine Andeutung aus ihr
herauszuholen. Immerhin waren wir dann fast die letzten, die zu dem
großen Sitzkreis draußen stießen. „Schön, dass ihr schon alle
da seid!“ sagte Onja, sicher nur, um locker rüberzukommen.
„Na weit weg
können wir sowieso nicht.“ Das war Henk. Er sah uns nicht an
dabei.
„Genau darum geht
es. Darf ich anfangen?
Was darauf aus der
Runde kam, konnte man notfalls als zustimmendes Gemurmel durchgehen
lassen. „Also nehmen wir Fall 1: Der Computer hat die
Fürsorgeaufgabe der Kari als Vormundschaft über Kinder und
Jugendliche aufgefasst. Dann können wir uns umgucken. Die jüngsten
sind gerade einmal elf. Also zehn Jahre Kraftfeld. Inzwischen könnten
die ersten Kinder bekommen haben, wenn auch nur aus lauter
Langeweile.“ Onja wartete einen Moment, bis alle sich wieder
beruhigt hatten. Auf jeden Fall hörten ihr jetzt alle aufmerksam zu.
„Dann ginge
das Ganze wieder von vorn los. Ich glaube nicht, dass das Feld
selektiv für die ersten Volljährigen abgebaut wird, damit die raus
und rein können. Darauf brauchten wir dann nur etwa vier Jahre
warten.“
„Hört, hört!“
Wieder Henk.
„Genau. Ich
fürchte aber, dass der Computer die Funktionsschleife grundsätzlich
verstanden hat. Begriffe wie Müdigkeit, Volljährigkeit usw. müssen
zwar im Speicher des Computers definiert sein, da aber das Programm
von den Kari stammt, dürfte es derartige Beschränkungen nicht
kennen, ganz einfach, weil die sie nicht kennen.
Nun murrten viele.
Die gestrige vage ohnmächtige Verzweiflung suchte vergeblich ein
Ventil. Warum machte Onja das?
„Halt, halt! Oder
hört, hört, wie Henk vorhin sagte, ...“ Augenblicklich hatte sie
die Aufmerksamkeit zurück. Иch habe keine Lust mitzuerleben, wie
wir uns gegenseitig im Lagerkoller gegenseitig fertig machen. Obwohl
ich anfangs auch das für eine Möglichkeit gehalten hatte. Wenn der
Computer es als wahrscheinlich ansehen müsste, dass wir uns seiner
Gefangennahme wegen gegenseitig umbrächten, dachte ich, müsste er
uns, seiner eigenen Logik folgen, frei lassen.
„Krass! Das ist
ne Idee!“
„Die Idee hat nur
einen Haken: Komuno ist wirklich tot. Der Computer wird also diese
Möglichkeit wahrscheinlich nur in Betracht ziehen, wenn es schon
tatsächliche Tote gegeben hat. Wen aber sollen wir umbringen, damit
er uns glaubt?
„Und wenn wir es
einfach probieren? Das schadet doch nichts.“ Ojora hatte es
vorgebracht, weil Onja ihre erhobene Hand gesehen hatte. ...
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Wo Bäume weinen
Donnerstag, 13. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1604
Mit "Nonono" betrete ich das Feld des reimreichen animalischen Nonsensens oder wie das heißt. Aber auch die Weißheit für frisch Verliebte sollte man nicht zu wörtlich nehmen:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (15)
...„Wir sind dauerhaft innerhalb des Feldes gefangen, sozusagen in Sicherheitsverwahrung?!“
„Korrekt.“
„Was soll denn
daran korrekt sein?!“Ich schrie vor Wut.
„Lebenssicherheit
von Menschen und Koom hat allerhöchste Priorität. Erreichbar nur
bei Ausschließung von Gefährdungssituationen.“
„Das war keine
Frage, das war ein Vorwurf, du Computer du!“
„Erhöhte
Stimmlage am Satzende definierte Frage. Antwort korrekt. Definition
Computer korrekt.“
Ich rannte zur
Innenschleuse. Eigentlich hätte ich rennen wollen bis zur Grenze des
Kraftfeldes, mich dagegen werfen wie ein Idiot gegen die Wände
seiner Gummizelle und mit Fäusten auf diese Antigravitationsmauer
eindreschen, aber die Kammertüren bremsten mich, und als ich draußen
war, konnte man meinen Gesichtszügen nicht sofort entnehmen, was in
meinem Kopf vor sich ging. Trotzdem. Alle standen um mich herum und
ahnten irgendwie schon meine Antwort. Ich schluckte ein Fass Heulen
herunter und presste einen einzigen Satz hervor: „Bauen wir unsere
Häuser weiter!“
Das war nun genau
das, was wir an diesem Nachmittag nicht taten. Natürlich sprach sich
unsere Gefangenschaft wie das berüchtigte Lauffeuer herum. Es gab
kaum noch ein anderes Gesprächsthema. Seltsamerweise wurde am
heftigsten am Grab von Komuno diskutiert. Einige von uns Menschen
hatten darauf bestanden, ein Kreuz zu replizieren, die Koom hatten
einen glatten kugligen Stein beigesteuert. Nun gingen wir immer
wieder dorthin, um dem, der alles hinter sich hatte, unser Leid zu
klagen, leise, manche auch, um ihn anzuklagen, weil er irgendwie
Schuld hatte, dass wir jetzt gefangen waren. Wenigstens, wenn Komuna
in der Nähe auftauchte, schwiegen wir.
Nein, die anderen
ließen mich nicht allein auf der Baustelle. Aber es gab keinen, der
so richtig gezielt zugefasst hätte wie in den vergangenen Tagen. Wie
drückte es Jenny aus? „Da ist ja die Wiese nur ein Stück Schiff
mit Fremdnaturbeleuchtung und Regen. Da können wir auch in den
Kajüten bleiben.“
Tag 15
Irgendwelche
Kleinigkeiten hat es gestern noch gegeben. Ich habe sie vergessen.
Sie sind ersoffen in einem Meer schlechter Laune. Ich kann das Gefühl
nicht beschreiben. Bei mir war es jedenfalls so, dass ich niemand
sehen wollte. Verstecken. Ich suchte mir den Ort aus, den ich
eigentlich am meisten hasste: Den Maschinenraum, dort wo die
Aggregate stehen. Sie sehen ganz unschuldig aus. Riesige
Metallbehälter, vor denen ich Angst habe. Niemals wird es irgendwo
eine Situation geben, wo etwas ganz sicher ist. Wenn aber die
Wahnsinnskraft hier frei kommt, bleibt Sekunden später, ich weiß
nicht in welchem Umkreis, nichts, wirklich nichts übrig. Ich bin so
klein, so unendlich klein. Aber der Platz ist so gut: Niemand würde
mich hier vermuten, am allerwenigsten Onja oder eine meiner anderen
Freundinnen.
Übrigens weiß ich
jetzt wenigstens, wie der Typ heißt, der mich so angestarrt hat am
Tag 1 hier: Daniel. Das konnte ich damals wirklich nicht wissen. Er
war mir ja vorher erst einmal aufgefallen. Damals vorm Start, als ich
Frank vermisste und er auch so gestarrt hat, aber mit Zulächeln.
Dass ich dachte, es geht doch alles weiter. Ob ich von ihm Kinder
wollte? Er kommt ja nicht ran. Frank wäre gleich zu meiner Gruppe
gestoßen. Er aber ... Hier müsste er sich trauen. Hier guckt keiner
zu, wie er sich anstellt. Ich fürchte, ich muss ihn ansprechen,
sonst wird’s nix. Er wird mir doch keinen Korb geben? Aber in
diesem Gefängnis gibt es nirgends einen Ort zum Ungestört sein.
Debbie hatte mir mal Filme gezeigt über Sex, wie er gut ist für
Mädchen. Die Frauen waren alle laut. Das nervt doch. Komisch: Zum
Schlafen haben wir nie die privaten Kajüten im Schiff benutzt. Immer
den Gemeinschaftssaal. Sind wir irgendwie krank? Ich hätte den
Strahler nehmen können und volle Energie auf einen der Generatoren.
Ruhe wärs gewesen. ...
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Wo Bäume weinen
Mittwoch, 12. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1603
Was dächten wohl Tiere, wenn sie denn Menschen wären ... oder so ähnlich? Eine Antwort schlägt "Der Leitwolf" vor ...
Zum "Vorfreude"-Adventstürchen-Motiv könnte man den Spruch ergänzen, "...denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt" ...:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (14)
...Inzwischen waren wir wieder draußen. „Komm bloß!“ rief Fritzi, bevor sie ... Jetzt hatte auch sie diese „Mauer“ erreicht. Sie zögerte nicht, den Strahler zu ziehen und auf den dicken Baum zielend abzudrücken.
Was sie dann sahen,
ließ sie den Mund offen stehen: An einer Stelle in der Luft breitete
sich der Photonenstrahl wie eine Funkenfontäne aus, um gespiegelt
zurückzukommen. „Ein Glück, dass ich nicht gerade drauf gehalten
habe, ich hätt mich selbst, ich hätt mich selbst...“
Fritzi wiederholte
den Satz noch, als schon fast alle um sie herumstanden und einer
festgestellt hatte „Ein Kraftfeld. Da ist kein Durchkommen.“
Plötzlich war alle
Barackenbauerei vergessen. Wir versuchten, die Grenzen dieses
Kraftfeldes zu erkunden. Das war einfach: Es umgab unsere etwa 20
Hektar große Wiese als Kreis in unmittelbarer Waldrandnähe. Bald
fanden wir auch heraus, dass es dort vom Waldrand abwich, wo er einen
größeren Abstand zum Raumschiff hatte. Mir kam ein schlimmer
Verdacht. Ich packte Jenny am Handgelenk, zog sie weg von den noch
immer irgendwie faszinierten Gruppen. Onja folgte uns, Sarah, Xu-Li
und Salio – wie fast immer, könnte man sagen.
„Computer: Bitte
Analyse Kraftfelderscheinung am Waldrand!“ Vor unterdrückter Wut
zitterte meine Stimme.
„Feldstärke
...?“ „Кeine technischen Details. Was ist das für ein Feld?
„Antigravitation.
Absto゚ung.
Schutzfeld. Gesamtform: Ring. Verhindert Kontakt mit Leben
bedrohenden Erscheinungen.
„Das heißt, es
könnte kein Tier oder トhnliches
auf die Wiese und keiner von uns kann in den Wald?
„Korrekt.“
„Und das Feld ist
ein vom Schiff, also vom Zentralcomputer generiertes?
„Korrekt.“
„Schutzfeld
abschalten!“
„Abschaltung
durch derzeitige Besatzung nicht zulässig. Konflikt mit Aufgabe der
Priorität AA Null: Sicherheit gewährleisten.“
„Aber anfangs
...“ Ich ahnte die Antwort bereits.
„Anfangs lag
definierte Gefahrenwahrscheinlichkeit im Normalbereich.
Undefinierbares Ereignis begründet allgemein erhöhte
Sicherheitsrisiken.“
Ich konnte das Luft
holen meiner Freunde hören. Aber ich setzte noch einmal an: „Das
Kraftfeld ist also Ergebnis der Programmerweiterung durch die Kari?“
„Korrekt.
„Und nur die Kari
könnten sie rückgängig machen?
„Korrekt.
„Und sie könnten
sie praktisch nicht rückgängig machen, weil sie sich außerhalb des
Schutzfeldes befinden?“
„Korrekt.“ ...
Dienstag, 11. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1602
Kann man als bekannt unterstellen, dass "Laika" das erste von Menschen ins All geschickte Lebewesen, also eine "Weltraum-Hündin" war? Und erfasst man das Gedicht als Ironie?
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (13)
Einige lachten.
Koiana hatte das
Wort ergriffen: „Wir werden hier wahrscheinlich zusammen leben, bis
wir alle gestorben sind. Henk hat angeboten, uns allen zu helfen,
wenn er fertig ist. Wenn er schneller und besser arbeitet als wir
anderen, wird er die meisten Erfahrungen sammeln. Sein Haus ist der
Test, unsere Häuser werden seine Meisterschaft sein. Jeder finde
seinen Weg. Wir können beide gehen: Wer allein an seinem Haus gebaut
haben will, der tut dies, wer für alle gleich gut gearbeitet haben
will, tue dies.“ Sie setzte sich wieder.
So wurde es denn
beschlossen. Die Häuser von Henks Gruppe und von Fritzis würden in
den Lostopf nicht eingeworfen werden.
Ich war nachher zu
Onja gegangen. „Entschuldige.“ „Wofür?“ „Du wirst es noch
schwer haben mit uns Menschen.“ „Ihr mit uns auch ... bis ...“
„Okay“, Ich lachte, „bis keiner mehr bei uns und bei euch sagt.
Aber ob wir das noch erleben?“
...
Tag 14
Die folgenden Tage
vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Zehn Tage, nachdem wir mit dem
Bau begonnen hatten, stand der erste Rohbau. Eigentlich ja sogar nach
nur neun Tagen, denn am ersten hatten wir nichts als Teile
rausgeschleppt. Es war übrigens nicht Henks Haus, das zuerst stand,
denn fast nebenbei hatten sich die sieben Los-Teams zu den meisten
Arbeiten jeweils in einem der Häuser zusammengefunden. Es war ja
egal, wessen es sein würde.
Fritzi war ein
Unikum. Ständig sprang ein verschmitztes Lächeln von einem Grübchen
ihres Gesichts zum anderen. Ihre Augen hatten ein Blau wie ein
Hochsommer-Badewetterhimmel mit Schäfchenwolken drauf. Mit ihren,
rechnete man die ganzen Reisebesonderheiten einmal weg, vierzehn
Jahren hatte sie es geschafft, dass drei der Jungen sie ausdauernd
anbaggerten, allerdings ohne dass sich ein nennenswerter Erfolg dabei
herumgesprochen hätte. Immerhin hatte sie aber nichts dagegen, dass
alle drei „ihre Gruppe“ geworden waren. Ihre Baracke war die vom
Raumschiff am weitesten entfernte. An jenen noch unbeschwerten 11.
Bautag hatte sie eine eigentlich verführerische Idee. Sie erzählte
mir nachher, wie sie ihre Gruppe gewonnen hatte: „Wisst ihr, Jungs,
Henk is n Spinner. Wenns nach dem geht, stehn unsere Häuser hier wie
militärisch ausgerichtete Grenadiere oder wie diese Preußensoldaten
hießen. So was will ich nicht. Von wegen Holz! Riecht zwar so, ist
aber nur echt Replikator. Das da draußen ist Natur-Holz von hier.
Strahler habt ihr zum Schneiden, Kraft habt ihr zum Ranschaffen -
hoff ich doch ... Wolln doch mal sehen, wer hier das originellste
Haus haben wird. Seid ihr dabei?
Das war natürlich
keine Frage. Die Blöße, ihr einen solchen Wunsch abzuschlagen,
hätte sich keiner der drei gegeben. Vorsichtshalber zogen sie
heimlich los, als wir Pause im Schiff machten. Sie brauchten nicht
lange zu laufen, da fehlten ihnen nur noch etwa 15 Meter bis zum Rand
des Waldes.
„Jungs, es ist ja
nur, wenn das so ne Art Farne sind, dann haben wir uns wahnsinnig
blamiert, wenn wir damit ankommen. Also müssen wir den ersten
richtigen Baum gefällt haben, bevor die anderen was merken, oder wir
sind weg hier.... Petz, gehst du mal von rechts an den geraden Riesen
da?“
Der stärkste der
drei, der sich eigentlich darüber ärgerte, dass auch Fritzi ihn
Petz nannte, stand noch etwas hilflos da.
„Mann, der da ...
der wie eine Buche aussieht. ... Ach lauf einfach geradeaus.
Genau das versuchte
Petz. Aber nach gut der Hälfte der Strecke ... Fritzi und die
anderen beiden Jungen lachten laut, ohne sich weiter darum zu
kümmern, ob das jemand hörte. Es war wie in einem Stummfilmspot.
Genau dort, wo die Krone dieses buchenähnlichen Gewächses begann,
hatte Petz ... ja, es sah wirklich aus, als wäre er gegen eine
unsichtbare Mauer geprallt. Und zurückgeprallt vor allem. Nun stand
er da wie mit Soße bekleckert und starrte auf etwas, was dort nicht
zu sehen war. Ja, es sah sogar so aus, als hätte er Schmerzen im
rechten Arm. ...
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Wo Bäume weinen
Montag, 10. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1601
Ein weißer Bär ... das ist ein anderes Wort für Eisbär. Wenn er sich das Fell bräunt, hat wohl die Klimaerwärmung zugeschlagen ... aber erkennt man die Wurzeln von "Animageddon" - also animal und Armageddon? Die Zeit, wenn wir Menschen den Staffelstab der Evolution an die Tiere weitergeben? Ich bin noch unsicher bei meinem eigenen Produkt ... Mehr zumindest als in der "Spruchzeitwelt":
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (12)
... Tag 5
Am dritten Bautag sah es aus, als hätten sich die Bewohner der künftigen einzelnen Häuser zusammengerauft. Zwei gemischte Gruppen, dreimal eine nur aus Menschen und vier nur aus Koom. Ich war der Meinung, wir könnten uns ja alle nachher neu entscheiden; da hatten die meisten genickt und weiter gemacht. Als die ersten echten Unsicherheiten beim Bauen aufgetreten waren, berief Onja einen großen Rat ein, wie sie das nannte. Alle hockten sich im Kreis zusammen hin und Onja machte ihren Vorschlag: Es sollte nicht jeder sein eigenes Haus bauen, sondern wer in welches Haus einzöge, das sollte das Los nachher entscheiden, wenn sie mit allen Häusern fertig seien. Verschönern sollten die jeweiligen Bewohner ihr bezogenes Haus dann so, dass man es von den anderen unterscheiden könnte. Sie nehme doch an, dass alle damit einverstanden seien. So sei jeder für alle verantwortlich und zwar mit allen seinen Fähigkeiten.
„Nein“, meldete sich Henk, „ich bin auch dagegen, dass wir das abstimmen. Schließlich seid ihr immer noch 21 und wir nur 16.
„Aber vielleicht kannst du auch die Koom für dich gewinnen?“ Ich sagte das, klang dabei aber selbst nicht überzeugt. Ich fand es ganz schön unverschämt, dass Henk so sicher schien, dass wir Menschen seiner Meinung sein mussten, weil wir Menschen waren, und das „immer noch“ war einfach geschmacklos. Klar hatte er das nicht so gemeint, aber raus gekommen war es, als wäre Komunos Tod ein für uns Menschen glückliches Ereignis, dem nur noch ein paar folgen mussten.
„Na, jeder hat seine eigene Bauweise und jedem ist was Anderes wichtig. Bei mir muss alles akkurat sein. Glatte Fluchten, Alles astrein. Ihr habt es vielleicht nicht bemerkt: Ich racker immer noch ne halbe Stunde länger als ihr. Dann ist es ungerecht, dass der Kindergarten die besten Häuser bekommen soll, mit denen er nachher sowieso nichts anfangen kann. Und nicht, dass ihr denkt, ich denk da nur an mich: Ich helfe allen, die meine Hilfe brauchen. Aber ich will wissen, dass man mein Haus als mein Haus erkennt.
„Wen meint er denn mit Kindergarten?“ flüsterte Sarah neben mir Xu-Li zu. Die zuckte mit den Schultern. „Ich mag ihn auch nicht.“
„Henk“,sagte Onja, „bei uns war es üblich, dass in einem solchen Fall alle Betroffenen das Wort bekommen, wenn vorher keine Einstimmigkeit vorliegt. Bist du damit einverstanden?
„Da geht es eben los: 21 zu 16. Da kann ich machen, was ich will.
„Was sagt dir eigentlich, dass alle Menschen auf deiner Seite sind?“ Ich stand auf. Ich bin es jedenfalls nicht. Ich wei゚ zwar nicht, wie viel du wirklich besser bist als Baumeister als ich, aber ich möchte das nicht ewig vor Augen geführt bekommen. Du brauchst dir nicht so viel darauf einzubilden, dass du von Natur aus geschickter bist. Du bist dadurch kein besserer Mensch und im Moment bist du ...
Ich stockte kurz und das ließ sich Jenny nicht entgehen: „... ein ganz schönes Arschloch“, beendete sie meinen Satz. ...
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Wo Bäume weinen
Sonntag, 9. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1600
Eigentlich müsste ich schon beim Titel entsetzt sein. Thomas Reich entwickelt in seiner Bildsprache eine geradezu perverse Fantasie. Wenn man seinen Titel "Stachanow kauft ein" in Beziehung zum Gedicht setzt, muss man erst einmal wissen, dass der Namensgeber der sowjetische Vorgänger des DDR-Staats-begeisterten Superbestarbeiter Adolf Hennecke war, der eine Bewegung den Namen gab, mit viel und noch mehr Arbeit dem Fortschritt zum Sieg zu verhelfen. Ich hoffe begriffen zu haben, was das mit den Weihnachtseinkäufen zu tun hat ... und gebe über youtube einen Tipp ab ...
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (11)
... Keiner von uns
hatte jemals auch nur etwas Ähnliches wie eine größere Montage,
ein Hausbau oder etwas von der Art von nahem gesehen, mitgemacht
natürlich sowieso nicht. Es herrschte ein heilloses Chaos. Die
Replikatoren spuckten Runde für Runde auf ihre Tische, was nach der
Gesamtlogik des Computers für den Bau von neun Holzhäusern
erforderlich war. Zuerst die Baupläne. Onja hatte darauf bestanden,
dass alle Häuser nach den gleichen Plänen gebaut werden sollten. Da
reichte ein Satz Pläne. Dann aber folgten Hölzer. Große Balken,
kleine Splinte. Jenny fand, dass Nageln doof sei, und wenn schon aus
dem Replikator, dann könne man ja die Teile so geliefert bekommen,
dass sie ineinander fugenfrei passten. Alle Teile nicht länger als
zwei Meter lang, damit wir sie gut tragen konnten. Überm Boden
Holzparkett. Unten drunter ein Fundament war eigentlich nicht nötig.
Das wäre entweder schwere Arbeit oder wir hätten uns schwere
Technik replizieren lassen müssen. Wozu das? Im schlimmsten Fall
konnten wir ja immer ins Schiff zurück. „Falls es hier auch
Unwetter geben sollte.“ Und nicht nur Jenny lachte bei der
Vorstellung, denn das Schiff war selbst im ärgsten Hurrikan sicher.
So kamen halt die
Teile in schneller Folge, und wer gerade vor einem der
Replikatortische stand, griff so viel, wie er gut tragen konnte,
schaffte sie nach draußen und legte sie ab, wo gerade Platz war. Es
waren schon drei Stunden vergangen, da kam Henk auf die Idee, man
sollte doch eine lange Strecke bilden mit den größten Teilen am
einen und den kleinsten Teilen am anderen Ende. Die meisten lachten.
Ohne, dass das irgendwer so angeordnet hatte, lagen schon alle
möglichen Teile zwar zerstreut herum, doch die meisten gleichartigen
zusammen. Es war echt günstig, dass rechtzeitig vor dem Dunkelwerden
Regenwolken aufzogen. So kam Jenny auf die Idee, mehrere riesige
Planen replizieren zu lassen, Gewichte, sie seitlich zu beschweren,
und Heringe und solch Zeug wie beim früheren Zelten. Die Planen
waren gerade alle ausgelegt und beschwert, da setzte der Regen ein –
es war sowieso schon so dunkel, dass wir nicht hätten weitermachen
können. So war die Stimmung entspannt und nach so viel ungewohnter
Beschäftigung an frischer Luft waren keine Einschlafpillen nötig.
Schutzkleidung aus, Abendbrot, duschen, Schluss.
Tag 4
Am nächsten Morgen
strahlte die Sonne wieder. Also hieß es Planen weg, die wenigen im
Raumschiff verbliebenen Teile holen und nun ging es ans Sortieren.
Ein paar Mal schüttelte ich verwundert den Kopf. Es gab fast
überhaupt keinen Streit, kaum einmal wurde jemand geärgert, aber es
fanden sich schnell Gruppen zusammen, bei denen sich meistens drei
andere um den mit dem schnellsten technischen Überblick scharten.
Kein Fluchen, einfach machen, viel Lachen. Der erste Fehler war
schnell behoben. Jede Gruppe bekam ihren eigenen Bauplan. Was war das
für ein Herumspringen: Jenny hatte den Computer angewiesen, jedes
Teilchen (bzw. jeden Behälter für eine Art Teile) mit einer Nummer
zu versehen und einer Markierung oben, unten, rechts und links. Henk
hatte sich in den Bauleiter verwandelt, als er das Setzen der
Eckpfeiler organisierte und den anderen erklärte, wie sie die
exakten Abstände und Winkel bestimmen konnten. Wenigstens kannte die
Koom Messgeräte. Es war alles eigentlich idyllisch. Niemand störte.
Wenn wir nicht aus Jux meckerten, meckerte niemand. ...
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Wo Bäume weinen
Samstag, 8. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1599
Liebe Brunhild Hauschild, du magst es diesmal geschafft haben, tatsächlich aus einzelnen Sprüchen ein Gedicht zu machen (Zeitsprüche oder Ökonomie der Zeit) ... aber diesmal antworte ich gleich auf eine deiner Weisheiten:
"Was du heute tätst besorgen,
klaut ein andrer dir schon morgen" ...
Da heute 2. Advent ist, kann man ja hinter dem Türchen mehr als einen Spruch erwarten:
.
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (10)
Wieder Schweigen.
Jenny machte ein Zeichen. Wir packten den Körper, der im Brustraum
ein großes Loch aufwies, auf einer Krankentrage, trugen ihn nach
draußen. Konnten nicht wegsehen. Am Waldrand legten wir ihn ab.
Holten Komunos Kältekammer, gruben gemeinsam eine Grube, versenkten
den Notsarg. Keine Rede. Zugeschüttet das Loch. Es war sowieso
dunkel geworden. „Wir sind doch erst angekommen“, schluchzte
Sarah. Ein Stichwort, dass die ersten anfingen zu reden, leise, aber
alle irgendwie befangen.
„Wir können
rein. Ich hab einen Totalaustausch der Luft im Schiff angewiesen“,
erklärte Jenny halblaut. Es sah aus, als wollte keiner ihrer
Aufforderung folgen. Нun los! Jeder kriegt eine Pille zum Schlafen.
Auf Träume könnt ihr wohl verzichten.“ Die ersten setzten sich in
Bewegung. Als eine Gruppe Koom vorbei kam, die einander angefasst
hielten, Komuna in der Mitte, murmelte Jenny: Du kriegst natürlich
zwei.“ Dabei sah sie das Koom-Mädchen nicht an.
Tag 3
Am nächsten Tag
hetzten wir, um mit dem Frühstück fertig zu werden. Von jeder Wand
schien der widerliche Gestank auszugehen, ja selbst die Tische
schienen ihn auszuströmen. Als ich mit Sarah, um wenigstens einmal
frisch durchzuatmen, durch die Schleuse getreten war, begrüßte uns
Sonnenschein eines verblüffend der Erdsonne ähnelnden
Zentralgestirns. Kein Windzug. Ein Wetter, das selbst für eine
Idylle zu idyllisch zu sein schien. Sarah brabbelte was von „Sogar
die Gräser auf der Wiese haben sich wieder aufgerichtet.“ Wenn wir
nicht da gestanden hätten, wir hätten unsere eigene Landung nicht
geglaubt. Wir sahen uns um. Alles sah unbeschreiblich friedlich aus.
Aber Sarah presste sich an mich, als käme uns einfürchterliches
Monster entgegen. Ich weiß nicht, ob Angst das richtige Wort war für
das, was sie zu empfinden schien, aber ich flüsterte ihr zu: „Ich
weiß!“ Irgendwie unheimlich war mir auch.
Auch die anderen
tröpfelten nach draußen. Nein. An Toben war nicht zu denken. Es
fanden sich zwar fast dieselben Grüppchen zusammen, aber sie standen
dicht beieinander und wir sahen irgendwie aus wie bekiffte Schüler
während der großen Hofpause, die zum ersten Mal in ihrem Leben
sehnsüchtig auf das Stundenklingeln warten, das doch schon längst
hätte erklungen sein müssen.
Neben mir raunte
einer der Koom-Jungen seinem Nachbarn zu: „So hab ich mir das nicht
vorgestellt.“ „Tja, Kodijo, da hätten wir auch zu Hause
krepieren können.“ antwortete der. „...Aber nicht mit mir. Wenn
hier der nächste Ausflug losgeht, bin ich dabei.“ „Ach was. Die
ham doch alle Schiss.“ „Du etwa nicht?“ „Ich nicht.“ „Wolln
wir alleine...?“ „Willst du etwa?“ „Nö, wieso?“ Du?“
„Hab ich das gesagt?“
Ich musste
unwillkürlich lächeln. Die beiden Jungen waren wohl gar nicht auf
die Idee gekommen, dass Sarah und ich ihr Gespräch mithörten. „Wie
bescheuert! Ich habs! ... Jenny!“
Jenny kam gespielt
lässig näher. „Wo brennts denn?“
„Wir bauen hier
drau゚en
eine notdürftige Barackenstadt. Da haben alle zu tun und es wächst
erstmal Gras über die Sache. Oder wei゚t
du was Besseres?“
„Komm, komm! Mit
dem Psycho-Scheiß lass mich in Ruhe. Dafür bist du die Richtige.
Aber die Idee ist gut. Bewegung an frischer Luft. Ich kann diesen
allgegenwärtigen Onkel Computer nicht ertragen. Bei George war
wenigstens klar, dass er ein Arschloch ist, aber dieses Ding da
meints immer nur zu gut. Dem darf man nicht mal böse sein ... Wow
... Moment! Aber er kann uns helfen: Super saubere Baupläne und dann
ordentlich alle Teile aus dem Replikator spucken. Und wir richten uns
hier drau゚en
ein.
„Worauf warten
wir noch? ...
Freitag, 7. Dezember 2012
Lyrik-Prosa-Wortkultur 1598
Es ist modern, kraft eigener Künstlerschaft zu entscheiden, was ein Gedicht ist. So nahm Brunhild Hauschild die Idee der Sprüche als Gehirnjogging auf, verfolgte sie auf ihre individuelle Art, fasste Ergebnisse zu einem Thema zusammen ... und schrieb es zu Strophen, als sei es ein gereimtes Gedicht "Tatensprüche". Wer allerdings genauer hinschaut, entdeckt trotzdem eigenständige Bonmots.
Wie nennt man das eigentlich, wenn sich Bosheit und Ehrlichkeit zu einem Gemeinsamen werden? Diesmal Adventstür-Klick-Bonbon:
Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (9)
Vielleicht
wäre es ohne ihre Fürsorge sogar schneller gegangen. Endlich lag
der Schutz, der hier nicht genügt hatte, am Boden. Der Fleck auf
Komunos Brust war über zehn Zentimeter groß und hatte einen rosa
leuchtenden Farbton, genauer, die Haut auf der Brust. Alle Grünspuren
waren dort verschwunden. „Das brennt so!“
Was mochte das sein?
„Die Anzüge sollen doch allen Chemikalien widerstehen.“ Ich
betrachtete die Wunde, als könnte das die Lösung bringen.
„Na, egal, was das
ist, wir sollten zusehn, dass wir zum Schiff kommen. Das sieht echt
gefährlich aus. Kannst du?
Komuno nickte Jenny zu.
Also liefen wir los, als wären Werwölfe hinter uns her. Gegen
einfache Wölfe hätten wir uns ja mit den Strahlern wehren können.
Komuno stolperte, fiel,
Jenny drängte Komuna zur Seite, packte den Jungen und warf ihn sich
wie einen Sack über den Rücken. Komuna rannte voraus. Wie ein irres
Gespenst musste sie dann wohl auf der Lichtung aufgetaucht sein, wild
gestikulierend und so eindringlich, dass den Zurückgebliebenen
sofort das Lachen verging. Aufgeregt umringten sie das Koom-Märchen,
das noch „Helft ihm!“ röchelte und dann zusammensackte.
Inzwischen hatten wir alle die Lichtung erreicht. Die Unbekleideten
verdrehten augenblicklich die Augen, hielten sich die Nasen zu.
„Spinnt ihr oder was?“, fluchte Jenny, die nur kurz Luft holte,
um weiter dem Raumschiff entgegenzustolpern. Als sie es erreicht
hatte und ihre Last verlagerte, fiel ihr Blick auf Komunos
Oberkörper. Die Knochen lagen frei; Komuno war – wahrscheinlich
schon seit einigen Minuten – tot.
Da standen wir nun
etwas sehr unbeholfen da. Die, die bisher auf der gro゚en
Wiese getobt hatte, bildeten ein weites Halbrund.
Jenny rief ihre
Kennung, die Außenschleuse öffnete sich. „Packt mal einer mit
an?“
Ich griff zu, und nach
kaum zwei Minuten lag das, was von Komunos Körper übrig war, in
einem der Medanalysekammern. „Computer: Reanimation. Gesamtbild,
Zusammenfassung!“
Jenny lehnte sich an
die Zimmerwand, vollführte eine fast vollständige Geste des
Stirnabwischens, weil sie offenbar zu spät wahrnahm, dass sie noch
immer den Schutzanzug trug. Sie öffnete den Helm, rief „Ouhh!“
und schloss ihn wieder. Wir beobachteten sie entgeistert. Warum
drückte sie den Sauerstoff-Duschknopf?
„Mann, stinkt das!!!
Lasst bloß eure Anzüge zu! ... Computer, ich höre nichts...“
Das stimmte nicht.
Zumindest merkten wir am auf- und abschwellenden Brummen, dass der
Computer beängstigend intensiv arbeitete, kein Grund also zu
ungehaltenen Äußerungen, eher zur Angst, er könnte abstürzen.
Übrigens waren unabgesprochen nur wir, die wir den Ausflug zusammen
gemacht hatten, zusammen ins Raumschiff gegangen. Die Anderen
warteten ängstlich draußen.
Plötzlich Stille.
Durch die Verstärker in den Anzügen hörten wir einander atmen.
Keiner sagte etwas. Wir wagten kaum uns zu bewegen.
„Reanimation nicht
möglich. Gesamtbild mit ausreichender Genauigkeit nicht möglich.
Vorgang der Totalzersetzung aufgrund Kontakt mit unbekannter
Komplexverbindung auf Schwefelsäurebasis schreitet fort. Verbleib
vorliegender Reste im Schiffskörper nicht anzuraten.
Maßnahmeempfehlung nicht mölich.
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