Dienstag, 18. Dezember 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1609


  Die Versuchsreihe mit den "Rede-Wendungen (6)" sollte als Test dieses Jahr abgeschlossen werden. Deshalb heute also Produkte, die wohl etwas weniger geraten scheinen ...




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Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (20)


... 
Hank lief vor uns her. Er lief recht schnell, und ich nahm unauffällig den linken Arm vor, um nicht allzu unsanft gegen die unsichtbare Mauer zu prallen, wenn dieser merkwürdige Tagtraum zu Ende war. Aber nichts kam. Wir liefen die wenigen Schritte weiter, und dann haben wir die nächstbesten Bäume, die, die wir gerade erreichten, umarmt. Mir kam meiner gar nicht so wie eine Pflanze vor. Eher fast so wie Onja, als ich sie das erste Mal umarmt hatte, ganz vorsichtig noch. Wie schön! Wir waren frei! Endlich frei. Und diese Bäume waren unsere Freunde. Vielleicht empfanden die Koom das sogar noch stärker. Irgendwie waren sie ja so was wie menschliche Pflanzen. Ach Quatsch. Ich werde Onja natürlich nicht danach fragen. Sie nimmt mir das noch krumm. Aber dieser Moment... Nun erst waren wir wirklich richtig hier angekommen. Siedler. Ansiedler in einer neuen Welt. Voller Hoffnungen und Chancen.
Wir ließen die Bäume los, umarmten einander. Tanzten. Zum Tanzen waren die Bäume nun wirklich nicht geeignet. Tanzten bis zur kurzen, glücklichen Erschöpfung. Dann, noch immer wie berauscht, schlenderten wir zum Schiff. Es nahm uns auf wie immer. Wir gingen zuerst in die Steuerzentrale, um uns mit eigenen Augen von Henks Beschreibung zu überzeugen.
Es sah wüst aus. Ziemlich sinnlos war eine Brandschleife wie Graffiti gezogen. Es stank auch nach verbranntem Plast. „Bloß raus hier! Das ist bestimmt giftig“, sagte jemand, und wir strömten raus wie wir reingeströmt waren.
„Frühstück, Leute!“
Ich weiß nicht mehr, wer das rief, aber ja, genau das war es, was wir jetzt brauchten. Ein total ausgeflipptes Frühstück. Wir zogen also alle zusammen in unsere Mensa, die früher einmal das Offizierskasino des Traumschiffes gewesen war.
„Wie immer“, rief Nori in die Luke. Es passierte nichts. Absolut nichts.
Nacheinander versuchten wir alle unser Glück, wenn auch mit immer weiter schrumpfender Erwartung; vielleicht nur noch zur Selbstbestätigung, dass man selbst auch vergessen war.
Sagen wir mal ... eine eiskalte Dusche war ein guter Vergleich. Wir standen dumm rum. „Also ausschwärmen“, rief Jenny, „hier waren doch sechs Replikatoren.“
Das Ergebnis blieb ernüchternd, wenn auch nicht ganz vernichtend. Fünf der Replikatoren waren zu keiner Reaktion zu bewegen. Der sechste entpuppte sich als Witzbold. Man gab ihm einen Auftrag. Meist führte er ihn aus, er versuchte es zumindest, und immer, wenn er es versuchte, ging auf der Etage die Hauptbeleuchtung aus, und was er dann ausgab, war jedes Mal eine Überraschung. Vielleicht wäre vieles notdürftig instand zu setzen gewesen, aber es gab niemand, der etwas von der Technik verstand. Dann stellten wir fest, dass wir keinen Zugang zum Hauptspeicher bekamen, vorausgesetzt, er war nicht zerstört. Wir verbrachten den ganzen Tag damit, herauszubekommen, was alles noch funktionierte und was nicht. Sagen wir, wir mussten uns davon überzeugen, dass der weitaus größere Teil aller Technik nicht funktionierte. Ausnahmen waren Teilsysteme, die nicht in der Zentrale gesteuert wurden. Dieses Blog zum Beispiel. Aber das waren alles keine sonderlich wichtigen Sachen. Der Preis für unsere Freiheit war hoch. Immerhin: Unser Wasser bekamen wir. Allerdings brummte der verbliebene Replikator so verdächtig laut, dass ich sicher war, auch er würde bald den Geist aufgeben.
„Und wo schlafen wir jetzt?" 
...





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