Freitag, 14. Dezember 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1605


 Man kann das Voranschreiten der Zeit positiv sehen oder, wenn man eine Eintagsfliege ist dem "Fliegenden Fatalismus" verfallen. Das folgende Gedicht kommt allerdings nicht so total überzeugend rüber, wenn draußen alles nach weißer Weihnacht aussieht - wobei wohl problematischer sein könnte, dass der Zusammenhang zwischen der Flüchtlingsjagdagentur Frontex mit dem Vorweihnachtsgefühl nicht verstanden wird ...:





Adventsfenste2-15.jpg




Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (16)


... So wachte ich auf. Mit einem schlechten Gewissen. Wer mich schon alles gesucht haben mochte? Bis hier unten war keiner gekommen.
Hunger hatte ich. Hatte ja das Abendbrot ausfallen lassen. Das ist zwar bei meiner gedrungenen Figur nicht weiter schlimm, aber das einzige, was wir in den kommenden Jahren würden genießen können, waren Speisen so viele und so schöne, wie wir sie den Replikatoren schildern konnten.
Ich hab Salio gesagt, du wolltest nicht gefunden werden.“ Onja begrüßte mich mit fragendem Blick. „Вingo! Danke!“ Was sollte ich sonst sagen? Ich wollte sie ja nicht beleidigen, aber wenn man tagein-tagaus immer nur ein und dieselben Leute sehen muss, dann können einem manchmal auch die Liebsten über werden. Фnd ich habe ein groes Palaver vorgeschlagen auf dem kleinen Platz zwischen unseren Baracken nachher.
Ich sah Onja überrascht an. Was gab es bei dieser Situation zu palavern? Es sei denn, ... Und Onja sah nicht so geknickt aus wie ich wahrscheinlich und die meisten anderen.
Ich aß mich also richtig satt. Gelegentlich schielte ich zu Onja rüber, aber über irgendwelchen Smalltalk hinaus war keine Andeutung aus ihr herauszuholen. Immerhin waren wir dann fast die letzten, die zu dem großen Sitzkreis draußen stießen. „Schön, dass ihr schon alle da seid!“ sagte Onja, sicher nur, um locker rüberzukommen.
Na weit weg können wir sowieso nicht.“ Das war Henk. Er sah uns nicht an dabei.
Genau darum geht es. Darf ich anfangen?
Was darauf aus der Runde kam, konnte man notfalls als zustimmendes Gemurmel durchgehen lassen. „Also nehmen wir Fall 1: Der Computer hat die Fürsorgeaufgabe der Kari als Vormundschaft über Kinder und Jugendliche aufgefasst. Dann können wir uns umgucken. Die jüngsten sind gerade einmal elf. Also zehn Jahre Kraftfeld. Inzwischen könnten die ersten Kinder bekommen haben, wenn auch nur aus lauter Langeweile.“ Onja wartete einen Moment, bis alle sich wieder beruhigt hatten. Auf jeden Fall hörten ihr jetzt alle aufmerksam zu. „Dann ginge das Ganze wieder von vorn los. Ich glaube nicht, dass das Feld selektiv für die ersten Volljährigen abgebaut wird, damit die raus und rein können. Darauf brauchten wir dann nur etwa vier Jahre warten.“
Hört, hört!“ Wieder Henk.
Genau. Ich fürchte aber, dass der Computer die Funktionsschleife grundsätzlich verstanden hat. Begriffe wie Müdigkeit, Volljährigkeit usw. müssen zwar im Speicher des Computers definiert sein, da aber das Programm von den Kari stammt, dürfte es derartige Beschränkungen nicht kennen, ganz einfach, weil die sie nicht kennen.
Nun murrten viele. Die gestrige vage ohnmächtige Verzweiflung suchte vergeblich ein Ventil. Warum machte Onja das?
Halt, halt! Oder hört, hört, wie Henk vorhin sagte, ...“ Augenblicklich hatte sie die Aufmerksamkeit zurück. Иch habe keine Lust mitzuerleben, wie wir uns gegenseitig im Lagerkoller gegenseitig fertig machen. Obwohl ich anfangs auch das für eine Möglichkeit gehalten hatte. Wenn der Computer es als wahrscheinlich ansehen müsste, dass wir uns seiner Gefangennahme wegen gegenseitig umbrächten, dachte ich, müsste er uns, seiner eigenen Logik folgen, frei lassen.
Krass! Das ist ne Idee!“
Die Idee hat nur einen Haken: Komuno ist wirklich tot. Der Computer wird also diese Möglichkeit wahrscheinlich nur in Betracht ziehen, wenn es schon tatsächliche Tote gegeben hat. Wen aber sollen wir umbringen, damit er uns glaubt?
Und wenn wir es einfach probieren? Das schadet doch nichts.“ Ojora hatte es vorgebracht, weil Onja ihre erhobene Hand gesehen hatte. ...



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