Donnerstag, 29. September 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1162

Wer hat Lust? Nachfolgend kann man darüber streiten, ob sich die Änderungen am Gedicht gelohnt haben. In Nummer 1160 war es noch ein "Testgedicht", nun hoffe ich auf Akzeptanz dafür:



Manchmal möcht´ ich all den Modder überspringen
Sieben Meter aus dem Stand, noch besser zehn
Möchte aufwärts fliegen
Lieder singen
Statt mürrisch Stuf´ für Stufe hoch zu gehen
Als würd´ dies frische Luft bedeuten
Möchte gleich zum großen Sturme läuten
Statt dass ich euer letztes Wort ertrage
Stell ich
Was wahr scheint
Noch in Frage

Dann seh ich meine Wegmarkierung wieder
Knie traurig grübelnd vor ihr nieder
Bin ich erneut im Kreis gelaufen?
Sind es die alten
oder neue Hundehaufen?

Außerdem werden am 1.10. als Gedichte des Tages vorgestellt

 Sebastian Deya mit "Zombienation
und von 2008  börsenherzen

Bleibt nur noch die Prosa. Da geht es mit dem Fortsetzungsroman weiter. Inzwischen ist es die 51. Fortsetzung von Anna Roths "Das Bienenprojekt"

Lauschte, ging ein paar Schritte, lauschte erneut. Das Knirschen unter meinen Turnschuhen kam mir unheimlich laut vor. Sobald ich still stand, war da die Geräuschkulisse einer einsamen Nacht am See. Man konnte auch unzutreffend Stille sagen. Der Partybungalow war längst nicht mehr zu sehen. Da lief ich los. Mit jedem Schritt weiter weg von diesem Unglücksort fühlte ich mich leichter. Ich rannte immer schneller. Nur noch weg, hinaus in die Dunkelheit.
Zeit spielte keine Rolle. Ganz von fern klang Feierlärm übers Wasser. Vielleicht ein Streit. Sollten sie. Ich war wohlig außer Atem. Nichts mehr denken. Ein paar gymnastische Beuge- und Streckübungen. Vor mir verführerisch ein Stück Uferwiese flach in den schlafenden See hinein. In ihm blinzelte mir ein Sichelstück Mond zu. Romantisch. Egal. Das war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich schlüpfte aus den Sachen, spurtete platschend wie ein Junge ins Wasser hinein, tat ein paar Schwimmzüge, bewegte mich nun so geräuschlos wie möglich und fühlte mich endlich glücklich allein 500 Lichtjahre entfernt von der nächsten verdammten Zivilisation. Ich war nur ein mäßiger Brustschwimmer und ein schlechter Rückenschwimmer, aber ich suggerierte mir, im Toten Meer zu liegen, bewegungslos an der Oberfläche zu treiben, und endlich begannen die versprengten Puzzleteile in meinem Gehirn sich fast wie von selbst zu einem Bild zu fügen. Gleich, gleich wäre er da, der lange entbehrte Gedanke. Ich war so etwas Ähnliches wie eingeschlafen, sah mich selbst auf einer Couch liegen und daneben hockte ein zweites Ich auf einem Sessel und ich erkannte mich augenblicklich als Doktor Freud.

In diesem Moment fällt der Kopf nach hinten. Nein. Er wird von hinten unter Wasser gedrückt. Sofort habe ich den Mund voll, schlucke, drehe mich instinktiv. Die Füße. Ich muss sie hinter den Kopf bekommen. Ich brauche Schwimmhaltung. Brustschwimmen. Ich fuchtle wie wild mit den Armen herum. Irgendwelche Abwehrbewegungen. Nur mäßig erfolgreich. Für Momente komme ich zu Luft, schon hat mich eine fremde Eisenfaust umso fester gepackt und nun mit tödlicher Sicherheit weit unter die Oberfläche gedrückt. Mir ist, als türmen sich mehrere Zentner Kampfmasse zu eine Pyramide auf mir. Mein Gegner muss mir um ein Vielfaches überlegen sein. Ich bin nicht einmal fähig, seinen Körper zu packen, von einem Kampf ganz abgesehen. Als ein einziges Mal meine Rechte Irgendetwas zu fassen bekommt, gleitet sie am öligen Körper ab.
Panik, Todesangst … Ich kann nicht einmal schreien. Ein weiterer Arm. Der schlingt sich um meinen Hals und er drückt mit einer Kraft zu, dass ich am liebsten still gehalten hätte, um diesen Moment zu verkürzen, aber der Instinkt gibt mir Bewegungen ein, die später nur Filmaufzeichnungen hätten beweisen können. Inzwischen muss ich Wasser eingeatmet haben. Jedenfalls drängt mich alles zum Husten. Unter Wasser, leider.
Und dann gibt der Schraubstockgriff plötzlich nach. Ich schieße wie eine losgelassene Katapultkugel nach oben. Ein Röchellaut. Ich muss unbedingt husten. Alles dreht sich ... und dann weiß ich nichts mehr.

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