Montag, 27. Februar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1312

Diesmal ein Gedicht von Sebastian Deya, das durch Kürze und Klarheit besticht. Und doch empfehle ich, zu Brunhild Hauschilds letztem Gedicht zurückzublättern. Plötzlich verwandelt sich die Klarheit in einen Wunsch ...
Dazu diesmal ein Reimversuch von Slov ant Gali: "Vergehen und Wiederkehr" ...

So. Das ist´s, was übermorgen auf dem Plan für die "Gedichte des Tages" steht. Anfechtbares - wie immer.
Anfechtbar ist natürlich auch die Fortsetzungsgeschichte in Form und Inhalt ...



Slov ant Gali: Kanskes Kamera (5) 


Plötzlich stutzte er. Noch hatte er dieses Mädchen wohl nirgendwo öffentlich zur Schau gestellt. Keine fremden Männer hatten sich bisher heimlich an ihrem Anblick aufgegeilt, hatten sie vielleicht bei der nächsten Begegnung angegrinst. Gerade noch rechtzeitig hatte er sie vor unerwünschten Gaffern bewahrt.
Bertram Kanske wurde langweiliger. Die Angebote von Mädchen, für ihn lieber „in echt“ zu posieren, stießen ihn inzwischen ab. Er engagierte eine Detektei, um die Identität der einen Fremden herauszufinden. Dabei kam ihm seine pedantische Gründlichkeit zur Hilfe, mit der er Zeit und Gelegenheit aller seiner Schnappschüsse protokolliert hatte.
Doch das Ergebnis war niederschmetternd: Jene Andrea war offenbar in festen Händen. Bertram spürte eine unbändige Eifersucht auf den Beneidenswerten. Hemmungen packten ihn. Hatte er es im vergangenen halben Jahr genossen, von Frauen und Mädchen begehrt, als sexy empfunden zu werden, weil er eben der berühmt-berüchtigte Bertram Kanske war, graute ihm vor dem Gedanken, dem Anderen die Partnerin ausspannen zu können, weil er war, wer er war. So eine war diese Andrea nicht. Hoffentlich. So durfte sie einfach nicht sein. Und sie sollte nicht einmal zu ihm kommen, obwohl er der Kanske war … denn letztlich wäre es dann wieder, weil er es war.
Bis vor kurzem hatte er nicht daran gezweifelt, dass jeder allein deshalb Anstoß an seiner Fotografiererei nahm, weil er daraus sein Geld gewinnen konnte. Nun wäre Bertram Kanske allzu gern ein Anderer gewesen. Er ekelte sich vor sich selbst.
Immerhin hatte sein Gedächtnis nicht gelitten. Hatte der Fremde, dieser Außerirdische, nicht etwas erzählt, er könne eine menschliche Wunschgestalt annehmen. Wenn er dies bei sich selbst konnte, vermochte er das vielleicht auch bei anderen …
„Du hast mir so viel über euch Menschen gezeigt, hast mir geholfen, euch zu verstehen. Warum soll ich dir nicht noch einmal helfen?“
Wie ein Spuk hatte der Fremde vor der Tür gestanden, als hätte Bertram ihn gerufen. Er lächelte.
„Außerdem eignet sich dein Wunsch für einen letzten Test. Ich glaube, ich kann dann den Meinen ausreichend klar beschreiben, was ihr für welche seid. Selbst wenn sie einiges nicht verstehen werden, reicht es für ein Bild eurer Art. Ich glaube zwar nicht, dass einer von ihnen begreift, was eine Rechtsschutzversicherung ist. Also eine, die einen Streit bezahlt um einen zu bezahlenden Schaden, den jemand hatte, wenn ihn ein anderer nackt zeigt, den sie aber nicht bezahlt, wenn derjenige schon weiß, dass es von ihm ein Bild gibt, dessentwegen er streiten will. Aber das ist nur eine von vielen kleinen Verrücktheiten bei euch. Trotzdem ist dein Wunsch mit einem technischen Problem verbunden.“

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