Dienstag, 28. Februar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1313

Menschen, die nie die DDR erlebt haben, können es nicht wissen: Der 1. März war der Tag der Nationalen Volksarmee. Ob die nachfolgenden "Gedichte des Tages" dem "gerecht werden"?


Beginnen wir mit einem Sebastian Deya, den man ganz kurz kommentieren kann: Wow ... "Protokoll X"
Aus "PTBS" wird hoffentlich noch ein ganz akzeptables Friedensgedicht. Im Moment liegt für Slov ant Gali das Problem darin, mehrere Dinge in einem Gedicht sagen zu wollen, die wahrscheinlich nicht zu verknüpfen sind ... oder?



Die Frage ist aber wohl eher, wer wo wem oder was überhaupt "gerecht wird". Denn der Außerirdische aus der Erzählung, der sich zum einfacheren Verständnis selbst als "Teufel" vorstellt, will ja auch nur wissen, wie "die Menschen" wirklich sind ...


Slov ant Gali: Kanskes Kamera (6) 

...
Bertram Kanske zieht die Stirn kraus. So etwas hatte er geahnt. Jetzt würde ihn das Kleingedruckte treffen.
„Ich darf natürlich nicht zu viel bei euch durcheinander bringen. Nachher müssen so viele Menschen bei euch leben wie vorher. Das heißt, ich kann dir nur das Aussehen eines Anderen geben, wenn der einwilligt, dein Aussehen anzunehmen. Und ich könnte mir vorstellen, dass du nicht irgendein anderes Aussehen haben möchtest, sondern eines, mit dem du bei deiner Andrea landen kannst, letztlich also das von deren Freund …“
Bertram zuckt zusammen. So konkret hatte er das noch gar nicht bedacht, richtiger, er hatte es nicht gewagt, das mit all den Konsequenzen zu bedenken. Er spürte den wartenden Blick des Fremden. Die Eitelkeit schrie in Bertram. Welche Demütigung, bei dem ersten wirklich geliebten Wesen nur in Gestalt ihres Freundes landen zu können. Dann aber siegte ein gemeiner Gedanke: Wenn der Andere sich darauf einließ, dann war er jene Andrea nicht wert.
„Einverstanden. Ich bin dabei.“
„Und den Ruhm des Kameramannes bist du damit los.“
„Egal. Das ist es mir wert.“
Der Fremde blickt Bertram Kanske fast verwirrt an. „Ich … Also ich fürchte, das werde ich nicht erklären können. Es passt nicht zu den anderen Beobachtungen. Am besten, ich lass dieses Gespräch aus meinem Bericht raus.“
Kanske war zu sehr mit seinem Problem beschäftigt, um seinen Vorteil zu bemerken. Gerade verhielt sich sein Gegenüber nicht teuflisch übermächtig sondern sehr menschlich. Vielleicht wäre ein ganz anderes Ergebnis möglich gewesen. Doch Kanske ließ den Moment verstreichen. Er hörte nur, dass er am folgenden Nachmittag zu Andreas Wohnung gehen und um 17 Uhr vor ihrer Haustür stehen solle. Der Rest würde sich von allein ergeben.
Am nächsten Nachmittag zitterten ihm bei seiner Kaffeepause die Hände. Als er, um überhaupt etwas Nützliches zu tun, ins Bad ging, sich noch einmal zu rasierte und frisch machte, betrachtete er verdutzt sein verändertes Spiegelbild.
Inzwischen war der Fremde nicht untätig gewesen. „Du musst dich schon entscheiden. Auf die Dauer wird so ein Engelsweib wie deine Andrea langweilig. Vor allem wird es dir leid tun. Du wirst immer daran denken, dass du ein berühmter Starfotograf hättest sein können mit rudelweise aufregenden Mädchen im Schlepptau.“ So hatte er Andreas Freund Paolo gegenüber argumentiert. „Vielleicht erläge sogar so eine Andrea deinem Reiz. Also für ihren Venushügel findet sich Ersatz. Du kannst sie vergessen. Heute Abend schon wärst du reich und berühmt. Das ist mein Angebot. Dafür musst du nur um 17 Uhr Andrea in Richtung der Kanske-Wohnung verlassen haben. Als Bertram Kanske wirst du weiter leben.“
Tatsächlich begegneten sich die beiden Männer. Sie sahen sich einen Moment total verwirrt an. Jeder dachte für sich „Das bin ja ich! Das kann doch nicht sein.“ Aber es war zu spät. Beide waren längst der jeweils andere.
Für Bertram begann die kurze Zeit des großen Wunderns. Sein Bild über das Wesen der Menschen geriet ein wenig ins Wanken. Bei allen, die er bisher getroffen hatte, war er sich völlig sicher gewesen. Egal, wie sie auf seine Entblößungskunst reagiert hatten, … hätten sie selbst die Möglichkeit dazu gehabt, hätten sie es umgekehrt mit ihm genauso getan. Das rechtfertigte alles. Nun stieß er in der Hülle eines Anderen auf eine ungewohnte Art der Nacktheit. Andrea entblößte sich ihm gegenüber aus vorbehaltlosem Vertrauen. Nicht nur äußerlich. An ihr entdeckte er – so wie er es erhofft hatte – wirklich nichts Berechnendes, keine nackte Haut als Erfolg bringende Geschäftskleidung. Er fühlte sich entwaffnet. ...  
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