Freitag, 11. November 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1205

Dieser 13. ist kein Freitag. Also kann nicht einmal ein abergläubischer Künstler bei den Gedichten des Tages mit einem Unglück rechnen. Es gibt auch keine Sensationen. Ein "Testgedicht" ( "Absage an niemand) gut. Und ein Gedicht von vor drei Jahren ( november). Gut. Und einen lieben Gast:



erste Tagebücher
liegen verborgen
zwischen Querstreifen und
Blümchenmuster
goldene Schlüssel
schützen ihre Geheimnisse
vor Blicken Unbefugter

neue Tagebücher
lagern in den Tiefen
elektronischer Verstecke
unzugänglich gemacht
durch fantasievolle
Passwörter

kein Flammenbad
muss sie vor der Neugier
Nachkommender bewahren

ein Mausklick genügt
und Erinnerung
ruht nur noch
in unseren
Herzen



Und dass als Prosastück die 4. Fortsetzung des Romans "Operation Zeitensprung" von Anna Roth  folgt, ist ja wohl zu erwarten gewesen:


Aber das konnte an meiner manischen Psychologenskepsis liegen. Und er hatte ja Recht. Die nächsten Tage kamen bestimmt. Ich bekäme schon heraus, was ihn quälte.
Als Dad mich am nächsten Morgen weckte, schien er um Jahre jünger. Er rasierte sich gründlich, bespritzte sich mit Rasierwasser und pfiff dazu einen Knifedance, den er bestimmt nicht auf Sendern für Großväter zu hören bekam.
„Mach dich frisch, Mädel. Dein neuer Job hat’s in sich. Du wirst das schnell merken. Lauter Männer im passenden Alter. Da werden auch für dich welche dabei sein.“
Ich boxte ihn auf seinen linken Professorenoberarmmuskel, wie ich es als großes Kind so gern getan hatte.
„Willst du mich gleich am ersten Tag verkuppeln?“
Und er reagierte wie früher: Er drückte seine rechte Hand auf den angeblichen blauen Fleck und jammerte mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„So darfst du mit den Männern bei mir aber nicht umgehen.“
Wie sich bald herausstellte, gehörten zum Forschungsbereich wirklich nur interessante Männer und attraktive Frauen im besten Alter. Es schien, als hätte keiner von ihnen außerhalb des Instituts eine feste Bindung. War das Zufall, lag eine Absicht darin oder redete ich mir das ein? Arbeiteten hier tatsächlich nur Singles? Die sich ihre Partner ausschließlich im eigenen Bereich suchten? Warum veralberte Dad meine Frage danach?
„Du, ich mach dir eine Liste der gerade freien Partner, wenn du das als Chefsekretärin nicht selbst schaffst.“
Wochen vergingen, bis ich mit Guntram zusammenstieß. Er war in jeder Hinsicht verrückt. Von seinem Gesicht waren allein die lebhaften braunen Augen, eine kleine, gestauchte Nase und vorgewölbte, volle Lippen erkennbar. Den Rest seiner beigefarbenen Gerbhaut verdeckte eine unkontrollierbare Mähne. Blauschwarzes Kraushaar über Schädel, Ohren, Stirn, Hals, Wangen und unter der Nase. Ein lachender Junge mit Bart. Laut Akte war er vierundvierzig. Ein geeigneter Partner für mich. Ob er schon befallen war? In früherer unbekümmerter Frechheit rutschte mir die Frage heraus.
 „Hast du dich auf Schwimmfähigkeit testen lassen?“
„Sollen sie denn gleich in dir schwimmen?“
Dabei sah er mich erwartungsvoll an. Dass ich meine Zunge nicht beherrschen konnte! So vertraut waren wir wahrlich noch nicht miteinander. Ich hätte es vielleicht erst einmal mit etwas Small talk versuchen sollen. ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Follower