Freitag, 1. April 2011

DREI Nummer 993

Beginnen wir mit den "Gedichten des Tages":
So ....
Jetzt habe ich einmal ein gutes Gefühl. Was ich diesmal verzapft habe, muss ich nicht mit langfristiger Gehirnverschnupfung entschuldigen - wird von Tag zu Tag auch weniger glaubhaft. Wichtiger ist aber, dass ich böses Vergnügen an den Gedichten hatte:
 
eine Liebesgeschichte ist doch genauso wenig schlecht wie
inzestiöse Sehnsucht oder?
 
Denn natürlich blicke ich auch diesmal exakt drei Jahre zurück. Am 2.4.2008 stand auf dem Programm: Zum einen geht es um Dieter Büker (Die Kleine Büker-Reihe (4): Bild des Jahres ), zum anderen wundere ich mich, wie sehr mein schloss  in Vergessenheit geraten konnte ...  


Dann wird es langsam spannend mit der 9. Fortsetzung des utopischen Projekts "Die sieben Kugeln":


Die Mädchen kamen bald wieder auf den Hof zurück und waren völlig unbeobachtet.

Dies war die Lage, als sich der geplagte Vater in seinem E-Car dem Grundstück näherte. Am Nachmittag hatte noch eine anstrengende Beratung stattgefunden. Nicht, dass dabei irgendetwas herausgekommen wäre. Das hatte er auch nicht erwartet. Jetzt, auf der Heimfahrt, gab Jens mutig die Antworten, die er in Gegenwart der anderen herunter geschluckt hatte. Er ärgerte sich. Und auf der Bundesstraße ärgerte er sich darüber, dass er sich ärgerte. Das gehörte sich nicht. Gleich wäre er bei seiner Familie und sonst gar nichts. Warum sollte er Janine, vor allem aber Sina und Leonie mit seiner Laune quälen? Ob etwas ruhige Musik half? Oder ein paar Konzentrationsübungen? Er probierte es mit Musik.
Als Jens auf den heimatlichen Hof einbog, fühlte er sich etwas entspannter. Trotzdem hätte er sich am liebsten gleich schlafen gelegt. Vielleicht wunderte er sich deshalb nicht sofort über die Szene auf dem Hof. Sina und Leonie bewegten sich als tanzten sie nach einer fremden, irgendwie beruhigenden Melodie über den Hof oder genauer, sie schienen gerade einen noch nie erlebten neuen Tanz zu erfinden.
Jens hatte das Autoradio ausgeschaltet und er betrachtete die ungewöhnlichen Verrenkungen seine Mädchen anfangs noch belustigt, dann aber immer gereizter: Warum ignorierten die ihn? So in sich versunken hatte er sie noch nie erlebt. Sie mussten ihn doch gehört haben?
Beim Aussteigen wandte Jens seinen Blick nicht von den Kindern ab. Rief ihnen vor lauter Verwunderung auch noch nichts zu. Was war nur los? In den Ohren hatten sie wohl nichts. Nein, jetzt endlich fiel es Jens auf: Etwas schwirrte um die Mädchen herum. Mit dem spielten sie. Schmetterlinge? Nein, das, was die beiden so faszinierte, summte und war größer als Bienen oder Wespen … Hornissen, das sind Hornissen! Verdammt! Die Mädchen müssen da weg! Und zwar schnell! Selbst, wenn ihm in dem Moment jemand erklärt hätte, Hornissen seien ganz liebliche Tiere, hätte er den zur Seite geschoben und geantwortet, … aber keine Spielkameraden für meine Töchter.
Jedenfalls schaltete er sofort um auf Dienst. Bei Gefahr ruhig und beherrscht handeln. Die Tiere nicht reizen. Die waren angeblich normalerweise nicht aggressiv. Aber ob die hier das wussten?
Jens´ Hand lag auf der offenen Autotür. Er wartete. Noch immer beachtete ihn niemand. Für einen Moment verharrte er, mit einer Gesäßecke noch auf dem Fahrersitz, mit einem Fuß schon draußen auf dem Boden. Seine Stimme kam ihm selbst fremd vor, als er rief: „Sina, Leo, wollt ihr euren Papa nicht begrüßen?“
Die Zwillinge drehten sich zeitlupenartig zu ihm um. Zumindest kam es Jens so vor. Auf ihren Gesichtern hatte irgendein wunderschöner Traum seine Spuren hinterlassen, von dem sie sich nicht so schnell lösen konnten – aber dann liefen sie plötzlich auf Jens zu, gerade so, als wäre sie eben erwacht.
Der Hornissenschwarm folgte ihnen. Jens schwitzte. Gleich mussten die Kinder seine Aufregung bemerken, fragen, was los sei … Wären dann immer noch die bestachelten Insekten hinter ihnen her und die beiden bekämen einen Schreck und schrien und schlügen um sich … nicht auszumalen!

Donnerstag, 31. März 2011

DREI Nummer 992

Als Start wie üblich die "Gedichte des Tages" von morgen:

 Ist "Unvernunft" nun ein politisches Gedicht oder ist es unvernünftig, welche schreiben zu wollen, oder dieses am 1. April vorzustellen. Auf mindestens eine der Fragen kann man bestimmt mit Ja antworten.
Aber einen Unsinn muss ich anbieten: "Unser Teutoburger Wald". Und wenn das noch nicht reicht ... Eines der beiden folgenden Gedichte darf man nicht ernst nehmen:
 
 

Die kleine Büker-Reihe (3): william williams

(128) als futter gut

Zu guter Letzt die 8. Fortsetzung des utopischen Manuskripts von "Die sieben Kugeln":

Die Hornissen
Fast zwanzig Jahre vergingen, in denen weder die inzwischen Erwachsenen mit ihren Kugeln noch die Kugeln mit den neuen Erwachsenen etwas anstellten. Richtiger: Die nun Erwachsenen bemerkten es zumindest nicht, wenn die Kugeln etwas mit ihnen anstellten. Das lag vor allem daran, dass sie einander nicht trafen. Also weder die Kugeln, noch die Erwachsenen.
Aus Jens, der die Kinder der Schwurgemeinschaft in so viele Kämpfe geführt hatte, war Kommissar Marder geworden. Mit seiner Halbinsel hatte er nichts mehr zu tun. Möglichst weit weg von Mecklenburg hatte er gewollt. Allzu weit war er allerdings nicht gekommen – nur bis Sternekop, einem Dorf in der Nähe von Berlin, und sein Häuschen erinnerte verdächtig an eine der heimatlichen Katen.
Eigentlich war er total glücklich. Schließlich war er schon früher dem Traum nachgejagt, ein großer Detektiv zu werden, knifflige Fälle zu lösen und Verbrecher zu überführen. Das war nun sein Beruf geworden. Also wenn man nicht so genau hinsah. Doch wie stand es tatsächlich um ihn? Für die anderen Kriminalbeamten in Berlin bot er ausreichend Stoff zum Spott. Wenn man irgendetwas an ihm hätte „außergewöhnlich“ nennen können, dann war es höchstens seine Behäbigkeit. Er hatte geheiratet und war kurz darauf Vater von Zwillingen geworden. Seitdem erinnerte nichts mehr daran, dass er einmal eine wehrhafte Kindergruppe angeführt hatte. Nein, niemand stand im Kreis der Kollegen dermaßen „unterm Pantoffel“ wie Jens Marder.
Dann kam jener Freitag. Den ganzen Tag hatte er dem Revier sein die Welt umwälzendes Gesprächsthema aufgezwungen: Der 9. Geburtstag von Sina und Leonie war ein toller Erfolg gewesen. Michelmann ahnte doch nicht, was ihm mit dieser Gartenparty verpasst hatte. Den ganzen Montagvormittag berichtete er über deren Erfolg, während Janine, seine Frau, mit Aufräumen beschäftigt war.
Die beiden Mädchen hatten anfangs sogar beim Hausputz geholfen. Erst in der Mittagshitze zog es sie über einen Trampelpfad hinunter zum Quadder. Der dank der Geräusche beim Näherkommen mit einem treffenden Namen versehene, von allen Seiten zugewachsene Teich lockte einfach zu sehr zum Baden. Er war in Hörweite von Marders Grundstück. Hinter dem Garten der Marders begann ein offenes Stück Ufer, und es gab kaum einen sichereren Platz, an dem sich die Mädchen austoben konnten. Irgendwann unterbrach Janine ihre Putzerei. Sie lauschte kurz auf das Gequiecke der Zwillinge. Dann setzte sie sich in ihren Jeep. Sie hatte noch einiges im Dorf zu klären.

Mittwoch, 30. März 2011

DREI Nummer 991

Zuerst die "Gedichte des Tages" von morgen:
Ich gebe es zu: Nicht nur mein lyrisches Denken geht mitunter seltsame "Umwege". Aber um es vorsichtig zu sagen: GERADE ist Sebastian Deyas "Gut verschlossen" auch nicht gerade gedacht. 
   
  Erinnern wir uns des 31.3.2008. Da waren folgende drei lyrische Kostbarkeiten aktuell (und ich meine das gar nicht unernst):
Fortsetzung von "Die sieben Kugeln":

Tja, so pathetisch hatte es begonnen. Aber schon vor Ablauf des ersten Jahres zog Lisas Mutter zu ihrem neuen Lebenspartner nach Berlin und nahm die heimlich verliebte Elfjährige natürlich mit. Die arme Lisa fühlte sich wie Gepäck. Kurz vor der Abreise betrachtete sie traurig die bis dahin mit vielen Tricks verborgene Kugel. Grübelte lange, bis sie eine Lösung fand, das schwere Symbol ihres Bundes wenigstens heimlich im Gepäck unterzubringen. Lisa hatte sogar daran gedacht, die Kugel Rahman zurückzugeben oder wenigstens zu tauschen. Es waren eigentlich doch alle seine. Aber was hatte er gesagt? „Sie ziehen sich an wie Magnete. So wie wir.“ Lisa hatte ihm dafür einen Kuss gegeben.
Ob es etwas verändert hätte, wenn aus den beiden ein Paar geworden wäre? Wohl kaum. Denn auch die anderen gingen getrennte Wege und mit ihnen ihre Kugeln.
Bald dachten sie nur noch ungern an ihren Bund.Hatte die damalige Szene, diese naive Begeisterung nicht etwas kindlich Naives, ja sogar Komisches? Die war doch richtig peinlich! Als ob es nicht genügt hätte, dass sie ständig wegen ihrer Herkunft verprügelt worden waren! Spätestens mit zwölf, dreizehn fühlten sie sich zu erwachsen für solche Spiele.
Zunächst trafen sie sich noch. Lisa schrieb Rahman wöchentlich einen schmachtenden Brief. Später dann ungefähr monatlich. Dann kam in ihre neue Klasse ein Junge, der ungeheure Ähnlichkeit mit Porty hatte. Ohne ein Porty-Poster kam kein Mädchenzimmer aus und dieser Neue hatte ihre Hand viel länger gehalten, als für einen Gruß nötig. So gab es noch einen Brief an Rahman, um den Termin ihres nächsten Treffens zu verabreden. Das kam dann aber schon nicht mehr zustande.
Die Faszination des kindlichen Schatzes ließ auch bei den Anderen immer mehr nach. Die Näsies wurden inzwischen nicht mehr verprügelt. Offenbar hatte sie aber nur das miteinander verbunden. Rahman, Hardy und Hagen versuchten noch ein paar Mal, dem Geheimnis ihrer Wunderkugeln auf den Grund zu gehen. Wunder konnte es einfach nicht geben. Das lernten sie in Physik. Mit Steinen und Hämmern klopften die Jungen auf ihren Kugeln herum. Hardy lieh sich dafür von seinem Vater einen Körner aus, sie spannten die Kugel im Schraubstock ein … Das Einzige was sie erreichten, war, dass der Körner abrutschte und Hagen ein paar Tage humpelnd herumlief. Die Kugeln ließen sich nicht beeindrucken. Selbst wiederholte Flüge gegen die Steine der Kirchenmauer störten sie nicht. Im Gegensatz zu der Mauer hatten die Kugeloberflächen danach nicht einmal einen Kratzer. So etwas hatten die Jungen noch nie erlebt. Sie phantasierten viel, was das wohl bedeuten könnte. Aber das gab sich bald wieder. Die Kugeln fristeten für Jahre ein unbeachtetes Dasein. Sie schienen sich zu nichts mehr zu eignen als zum Symbol einer endlich abgeschlossenen Kinderzeit.

Dienstag, 29. März 2011

DREI Nummer 990

Die "Gedichte des Tages" vom Mittwoch:
Als Start eine Portion "grober Unfug". Angeregt durch eine Zeitungsnotiz von zwei versteigerten Zetteln Ludwig van Beethovens musste ich über solche "Werte" einfach ein "Gedicht" verzapfen: "Delirierte Musen-Erbschaften". Ich sehe ja ein, für meine Gegenwart fehlt mir mitunter der nötige Ernst.
Dass das nicht immer so ist, versuche ich mit "Amakudari" zu beweisen.

Am 30.3.2008 eröffnete ich eine kleine Dieter-Büker-Reihe mit "Männerwelt"

" ... vielleicht auch nur deshalb, weil ich selbst nur einen Vierzeiler anbot: 

säuberungsweisheit

Dann folgt die Fortsetzung von "Die sieben Kugeln":

„aber was es wirklich ist, weiß ich noch nicht. Die leichten Kugeln zieh´n einander nämlich nicht an.“ Das hatten die anderen Kinder bald selbst ausprobiert. Ähnlich wie bei Magneten war es ihnen erst schwer gefallen, die Kugeln von der schweren zu lösen. Mit wachsendem Abstand ließ die Anziehungskraft aber schnell wieder nach.
„Wo hast du die denn her?“ fragte Lisa.
„Hab ich doch schon gesagt. Ausgebuddelt beim Bauen auf unserem Grundstück.“
„Wie Steine?“ Hagen sah abwechselnd mal zu den Kugeln, mal zu ihrem Besitzer.
„Was soll die Frage? Wie Steine?! Dass das keine sind, merkt man ja wohl, oder?“
„Ob die irgend wofür gut gewesen sind? Einfach nur so haben sie bestimmt nicht in der Erde gelegen ...“ Lisa guckte etwas verträumt auf den Jungen, dessen Gesichtszüge fast ganz vom Schatten des blauschwarzen Haares verborgen wurden.
„Ist doch klar. Die lagen schon lange dort. Vielleicht Kanonenkugeln aus Wallensteins Zeit.“ Hardy sprang auf. Fast wäre er mit dem Kopf an die Decke der Hütte gestoßen. Die anderen lachten.
„Du immer mit deinem Wallenstein!“ Hagen winkte stöhnend ab. „Du nervst!“
„Klar: Wallensteins Astrologe hat sie hohl gezaubert. Damit sie extra weit fliegen. Warte, ich hab einen besseren Vorschlag: Die gehörten Münchhausen. Der ist drauf geritten.“ Mit einem kräftigen Ruck packte Jens eine der Kugeln und hielt sie sich unter den Hintern. Dazu machte er er ein Geräusch, dass wohl so klingen sollte, als pfiffe ein Kanonenkugel durch die Luft. Alle prusteten los und hielten sich die Bäuche, bis Petra aus heiterem Himmel heraus behauptete: „Nein. Die kommen aus dem Weltall!“.
Sofort verstummten die anderen. Zugestimmt hätte zwar keiner – außerirdische Kugeln, das war natürlich auch Quatsch – aber faszinierend war der Gedanke schon.
Das war seine Gelegenheit. Rahman rutschte auf seinem Platz hin und her. „Es sind genau sieben – so wie wir“, sagte er mit betont feierlicher Stimme. „Jeder von uns könnte also eine behalten. Wenn ihr schweigen könnt. Dass mir niemand was davon erzählt! Vor allem keinem Erwachsenen. Dann wären wir sie wieder los. Bestimmt.“ Alle nickten schweigend. Rahman verteilte die Kugeln. Die leichten zuerst. Lisa gab er zum Schluss die schwere. Er versicherte ihr, dass er sie ihr nach Hause tragen werde. Was für ein Augenblick für das Mädchen! Lisa lächelte glücklich. Nun war es raus: Rahman mochte sie. Mehr als alle anderen.
„So, und jetzt muss jeder schwören“, fuhr Rahman mit seiner Rede fort. „Sprecht mir nach: Wir wollen die Kugeln fürs ganze Leben sicher verwahren und keinem außerhalb unserer Gruppe davon erzählen. Von nun an treffen wir uns hier in jedem Jahr am selben Tag. Diese Kugeln sollen das Zeichen sein für unser Zusammengehören.“
War das feierlich! „Hat jemand was zum Schreiben dabei?“ Wenn Rahman in diesem Moment von jedem einen Blutstropfen verlangt hätte – er hätte ihn garantiert bekommen. Selbst Hagen riss sich zusammen. Plötzlich verband sie alle ein durch unheimliche Kugeln, vielleicht sogar außerirdische, besiegelter Bund.
Sie schwiegen einen Moment lang, blieben aber nicht mehr lange in der Hütte versammelt. Jeder nahm seine Kugel und ging.

Montag, 28. März 2011

DREI Nummer 989

Als Start wie immer die Gedichte des Tages von morgen:

Nachdem Mircea M. Pop gestern eine lyrische Version der Grundlagen für Einsteins Relativitätstheorie angeboten hatte, hat er heute einen "Rat" für uns ...

Aber ist es nicht mehr als nur "Unvernunft" ratlos zu hoffen?
 
Vor genau drei Jahren beschäftigte mich die Floskel, "im falschen Film zu sitzen" und ich hoffte jemanden zu finden, der gleich mir einfach aufstehen und gehen würde:  Im hinteren Rang

Dann - wie an den vergangenen Tagen - forgt die nächste (die 5.) Fortsetzung von "Die sieben Kugeln: 

„Na, dann nimm mal!“ wandte sich Rahman an Lisa.
„Uff!“ rief das Mädchen überrascht, nachdem sie die Kugel aufgefangen hatte. „Ist die leicht! Mit der bekäm sogar ich im Kugelstoßen ´ne Eins. Ein Ball aus Stein. Hohl?“
Rahman zuckte mit den Achseln und Lisa reichte die Kugel weiter. Alle wogen sie in den Händen, strichen über ihre Oberfläche und stimmten Lisa zu. „Ein Stein ist es nicht“, sagte Sonja, „aber was dann?“
Hagen brummte unwillig. „Okay, etwas sonderbar ist das Ding. Aber ein Wunder?“
Rahman war mit der Reaktion der anderen zufrieden. Er verschwand kurz und kam mit fünf weiteren Kugeln zurück. „So, jetzt könnt ihr vergleichen!“ Lisa betastete eine zweite Kugel, warf sie leicht hoch, fing sie auf und meinte: „Die ist genauso.“
„Und der Rest?“ Rahman wartete ab, bis Hagen als letzter der Gruppe alle Kugeln miteinander verglichen hatte. Es gab keinen Zweifel. Alle sechs waren identisch. Dieselbe graue Farbe, die glatte Oberfläche und das geringe Gewicht – mehr Eigenschaften ließen sich allerdings beim besten Willen nicht feststellen.
„Das werden wir gleich haben!“ Petra nahm Sonjas Kugel in die linke Hand und klopfte sie gegen ihre eigene. Ein dumpfer Ton, kein Nachhall. „Hm: Hohl klingt anders, glaub ich“, stellte Petra nachdenklich fest. Was hätte sie sonst feststellen können?
Nun schlugen auch die anderen ihre Kugeln aneinander. Immer derselbe dumpfe Ton. „Wenn ich´s doch sage“, murrte Petra. Warum glaubten die anderen ihr nicht? Dann mutmaßte sie: „Vielleicht ist was Flüssiges drin?“
„In einem Stein… Erzähl das deiner Oma!“ Hardy tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Unbemerkt war Rahman noch einmal nach draußen gegangen. Als er wieder in der Tür auftauchte, mühte er sich vorwärts wie ein alter Mann, dem die Last den Rücken gekrümmt hatte. Hardy und Hagen lachten. Es sah einfach zu komisch aus. Rahman presste seine Kugel mit beiden Händen an die Brust. Trotzdem konnte er sie anscheinend nicht halten. Er ließ sie fallen und sie schlug vor seinen Fußspitzen auf den Boden.
„Sehr witzig! So was Schweres haben wir noch nie gesehen.“ Hagen lachte und griff lässig mit seiner Linken nach der Kugel. Pech für ihn. Nicht nur, dass sich die Kugel am Boden kaum bewegte, Hagen fiel auch noch seine eigene aus der Hand. Wie von einer magischen Kraft angezogen rollte sie auf die schwere zu und blieb fest an ihr haften.
„Lasst die anderen ruhig auch los!“ forderte Rahman.
Kaum am Boden, kullerten die übrigen Kugeln zu der schweren und dann hafteten sie fest an ihrem neuen Mittelpunkt. Eine Art Kugelmodell war entstanden.
„Von wegen Wunderkugeln … Wahrscheinlich ist ein Magnet drin!“ Enttäuscht zog Petra die Schultern hoch.
„Kann sein. Vielleicht so etwas Ähnliches“, antwortete Rahman,

Sonntag, 27. März 2011

DREI Nummer 988

Zuerst die Gedichte des Tages vom morgigen Montag:
So. Ein Dialog um die Ecke ist angesagt.
Denn eigentlich hat Mircea M. Pops "Wohlgefühl" nichts mit meiner "Vision" zu tun ...

Im gewissen Sinne "anti" ist da die söhne der großen bärin  zu verstehen, aber nur, wenn man weiß, welche Symbolkraft die Bücher der Lieselotte Welskopf-Heinrich gerade in der DDR-Verfilmung bekamen - mein Versuch dazu am 28.3.2008..
Okay, etwas habe ich darunter gelitten, dass heute eine Stunde gestrichen worden ist.
Trotzdem als Prosa die 4. Fortsetzung zu "Die sieben Kugeln" - auch oder vielleicht gerade, weil dieser Text sich gerade von Tag zu Tag verändert ...


Die Chance, etwas Bestaunenswertes zu erleben, konnte sich ein echter Näsie natürlich nicht entgehen lassen. Als es Abend wurde, schlichen die sechs also zu dem katenähnlichen Neubau der Parchmanns. Es dämmerte. Die Silhouetten der Häuser verwandelten sich in Scherenschnitte. Vom Abendwind wurde der faulige Geruch alter Komposthaufen zum Anger getrieben. Irgendwo kläfften wütende Köter. Gelegentlich tauchte ein Schatten über den Bürgersteigen der Dorfstraße auf, verschwand aber sofort wieder. Mit einem Wort: Ein wenig Gänsehaut hatten die jungen Helden schon, bevor es überhaupt losging.
Rahman erwartete sie an der Pforte zum Vorgarten. Er winkte, drückte den rechten Zeigefinger auf den Mund und sah sich unsicher um. „Ist euch auch niemand gefolgt? Ihr habt doch keinem verraten, wo ihr hin seid? Das darf nicht rauskommen.“
„Spinner! Mach dir nich ins Hemd wegen deinem Hokuspokus.“ Hagen schüttelte den Kopf.
Hinten im Garten, in einer unauffälligen Ecke des Grundstücks stand Rahmans Hütte. Die übrigen Kinder waren verunsichert. Auf Parchmanns Grundstück waren sie noch nie gewesen … und man konnte ja nicht wissen ...
Endlich hatten sich alle in die Hütte gedrängt. Jens, als Anführer, setzte sich als erster. Schließlich musste er zeigen, dass wenigstens er keine Angst hatte. Petra, die klügste in der Schule und auch sonst ehrgeizigste der Gruppe, quetschte sich neben ihn und Sonja, das einzige Mädchen, das früher oft, aber natürlich vergeblich, versucht hatte, die Jungen von ihren Prügeleien abzubringen. Dann kam Hardy, der sich eigentlich langweilte, weil ihn nur Geschichte interessierte, genauer, nur die Zeit der Königreiche und früher, Hagen, der brummte „Na, da bin ich aber gespannt“, um sich Mut zu machen und den anderen zu zeigen, dass er welchen hatte, und die kleine blonde Lisa, die heimlich hoffte, Rahman möge sie endlich zur Kenntnis nehmen. Als letzter kroch Rahman selbst hinterher, in der Hand eine Kugel. Er konnte sie mit seinen Fingern etwa zu einem Drittel umfassen. Sie hatte ungefähr zehn Zentimeter Durchmesser. So schätzten die anderen, und waren etwas enttäuscht. Das angekündigte Wunderding war absolut unscheinbar und grau, sofern die Farbe im Dämmerlicht überhaupt festzustellen war. Nein. Obwohl Rahman sie hochhielt, fiel keinem etwas Bemerkenswertes an ihr auf.
„Wunderkugeln sehen bestimmt anders aus.“ Damit sprach Hagen nur laut aus, was eigentlich alle dachten.

Samstag, 26. März 2011

DREI Nummer 987

Zuerst die "Gedichte des Tages" von morgen (Diesmal fast nur mit Gästen):
 Wie tritt er auf der Dichter in einer Welt wie der heutigen, in der das Leben wenig wert ist, solange es nicht das eigene und der Krieg genügend Kilometer weit weg ist?
Mircea M. Pop stellt eine Position zur Debatte: "ars poetica II". 
Brunhild Hauschild startet ein Gedicht, das bei ihr noch "Wolken 1" heißt. Warum will sie es nicht "Frühlingserwartung" nennen?


Am 27.3.2008 war seitens der Friedenslesung J. Andres, Dankbare Momente  aktuell. Und ich versuchte mich in Romantik ... … und mal mir einen regenbogen

Es folgt die 3. Fortsetzung des utopischen Romanmanuskripts "Die sieben Kugeln" :
1. Teil: Stochern im Nebel
Ein Vor-Spiel
Zu der Zeit, als die Parchmanns sich ansiedelten und ihren Rahman in die Brechtschule einschulten, war es für die Kinder des Troochs feste Gewohnheit, fast täglich ein paar Näswerderaner zu verprügeln. Jens, der den längsten Weg bis zur Straßenbahnstation Näswerder laufen musste, hatte sich deswegen zu Hause beschwert. Warum traf das immer dieselben? Er war bei seinem Vater auf wenig Verständnis gestoßen. „Was du nur willst? Bei uns war das damals genauso. Ist aus mir ein richtiger Mann geworden? Ja oder ja? Du bist nun einmal ein echter Näswerderaner. Also benimm dich auch so. Schon dein Großvater hat sich gegen die Troocher wehren müssen, später ich, jetzt du. Das Verlieren ist schlimm, ich weiß. Aber es hat auch Vorteile: Ihr lernt zusammenzuhalten. Lasst euch nicht unterkriegen, kämpft! Verliert ihr hundert Mal … das hunderterste Mal, das erste Mal, wo ihr gewinnt, das ist das entscheidende. Danach ist Ruhe, glaub mir.“
Was sollte Jens machen? Er sammelte die Näswerderaner Tag für Tag zu heroischen Abwehrschlachten. Aber selbst zusammen mit den Mädchen konnten sie ihre zahlenmäßige Unterlegenheit nicht überbrücken. Immer wieder landeten sie im Dreck. Wie oft hoffte Jens, die hundert zu verlierenden Gefechte endlich hinter sich zu haben, aber es ging immer weiter.
Da tauchte jener Rahman auf. Nein, ein Näswerderaner konnte der nicht sein. Der war anders. Der gehörte nicht dazu. Der gehörte nirgendwo dazu. Der war ein Fremder unter ihnen. So, wie sie Fremde auf dem Trooch waren, und das, obwohl er ihr Schicksal in der Brecht-Schule teilte.
Aber auch Rahman war stur. Er ließ sich verprügeln, ohne einen Laut von sich zu geben. Bis er es eines Nachmittags dann doch nicht mehr aushielt. Warum sollte er nicht zu ihnen gehören, zu diesen tollen Näsies? Noch dazu, wo er glaubte, etwas zu besitzen, was für die anderen interessant sein müsste?
Er stieg also wie immer zusammen mit sechs Näswerderkindern aus dem Schulbus aus, trennte sich dann aber an jenem einen schicksalsschweren Tag nicht sofort von ihnen, sondern rief: „Wartet doch mal!“
Drei Jungen und drei Mädchen sahen sich abwartend um. Mit ernstem, beinahe feierlichem Gesicht erklärte Rahman: „Ich hab was Tolles gefunden. Wenn ihr wollt, dann zeige ich euch Wundersteine, die ich auf unserer Baustelle entdeckt habe.“
Das war zu viel! „Wundersteine, son Quatsch!“ Jens tippte sich an die Stirn, „Du denkst wohl, hier ist der Kindergarten?“
Du brauchst ja nicht mitzukommen“, verteidigte sich Rahman trotzig. „Aber wetten: Wenn du die erlebt hast, hebst du voll ab. Ganz starke Dinger, sag ich dir. Die musst du einfach gesehen haben. Ehrlich!“
Du nervst, Junge.“ Hagen musterte ihn voll Verachtung. „Wenn du uns verarschst, dann wirst sehen: Die nächste Woche kannst du nicht ohne Kissen auf ´m Stuhl sitzen.“
Auf einmal Arschvoll mehr oder weniger kommt´s nun auch nicht mehr an. Krieg ich sowieso alle Tage“, antwortete Rahman, und zumindest mit der letzten Behauptung hatte er Recht.
Du nimmst den Mund ziemlich voll.“ Hardy war einen Schritt näher gekommen.
Ich beweise es euch. Kommt heute um sieben zu meiner Hütte. Ihr werdet staunen.“

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