Donnerstag, 31. März 2011

DREI Nummer 992

Als Start wie üblich die "Gedichte des Tages" von morgen:

 Ist "Unvernunft" nun ein politisches Gedicht oder ist es unvernünftig, welche schreiben zu wollen, oder dieses am 1. April vorzustellen. Auf mindestens eine der Fragen kann man bestimmt mit Ja antworten.
Aber einen Unsinn muss ich anbieten: "Unser Teutoburger Wald". Und wenn das noch nicht reicht ... Eines der beiden folgenden Gedichte darf man nicht ernst nehmen:
 
 

Die kleine Büker-Reihe (3): william williams

(128) als futter gut

Zu guter Letzt die 8. Fortsetzung des utopischen Manuskripts von "Die sieben Kugeln":

Die Hornissen
Fast zwanzig Jahre vergingen, in denen weder die inzwischen Erwachsenen mit ihren Kugeln noch die Kugeln mit den neuen Erwachsenen etwas anstellten. Richtiger: Die nun Erwachsenen bemerkten es zumindest nicht, wenn die Kugeln etwas mit ihnen anstellten. Das lag vor allem daran, dass sie einander nicht trafen. Also weder die Kugeln, noch die Erwachsenen.
Aus Jens, der die Kinder der Schwurgemeinschaft in so viele Kämpfe geführt hatte, war Kommissar Marder geworden. Mit seiner Halbinsel hatte er nichts mehr zu tun. Möglichst weit weg von Mecklenburg hatte er gewollt. Allzu weit war er allerdings nicht gekommen – nur bis Sternekop, einem Dorf in der Nähe von Berlin, und sein Häuschen erinnerte verdächtig an eine der heimatlichen Katen.
Eigentlich war er total glücklich. Schließlich war er schon früher dem Traum nachgejagt, ein großer Detektiv zu werden, knifflige Fälle zu lösen und Verbrecher zu überführen. Das war nun sein Beruf geworden. Also wenn man nicht so genau hinsah. Doch wie stand es tatsächlich um ihn? Für die anderen Kriminalbeamten in Berlin bot er ausreichend Stoff zum Spott. Wenn man irgendetwas an ihm hätte „außergewöhnlich“ nennen können, dann war es höchstens seine Behäbigkeit. Er hatte geheiratet und war kurz darauf Vater von Zwillingen geworden. Seitdem erinnerte nichts mehr daran, dass er einmal eine wehrhafte Kindergruppe angeführt hatte. Nein, niemand stand im Kreis der Kollegen dermaßen „unterm Pantoffel“ wie Jens Marder.
Dann kam jener Freitag. Den ganzen Tag hatte er dem Revier sein die Welt umwälzendes Gesprächsthema aufgezwungen: Der 9. Geburtstag von Sina und Leonie war ein toller Erfolg gewesen. Michelmann ahnte doch nicht, was ihm mit dieser Gartenparty verpasst hatte. Den ganzen Montagvormittag berichtete er über deren Erfolg, während Janine, seine Frau, mit Aufräumen beschäftigt war.
Die beiden Mädchen hatten anfangs sogar beim Hausputz geholfen. Erst in der Mittagshitze zog es sie über einen Trampelpfad hinunter zum Quadder. Der dank der Geräusche beim Näherkommen mit einem treffenden Namen versehene, von allen Seiten zugewachsene Teich lockte einfach zu sehr zum Baden. Er war in Hörweite von Marders Grundstück. Hinter dem Garten der Marders begann ein offenes Stück Ufer, und es gab kaum einen sichereren Platz, an dem sich die Mädchen austoben konnten. Irgendwann unterbrach Janine ihre Putzerei. Sie lauschte kurz auf das Gequiecke der Zwillinge. Dann setzte sie sich in ihren Jeep. Sie hatte noch einiges im Dorf zu klären.

Mittwoch, 30. März 2011

DREI Nummer 991

Zuerst die "Gedichte des Tages" von morgen:
Ich gebe es zu: Nicht nur mein lyrisches Denken geht mitunter seltsame "Umwege". Aber um es vorsichtig zu sagen: GERADE ist Sebastian Deyas "Gut verschlossen" auch nicht gerade gedacht. 
   
  Erinnern wir uns des 31.3.2008. Da waren folgende drei lyrische Kostbarkeiten aktuell (und ich meine das gar nicht unernst):
Fortsetzung von "Die sieben Kugeln":

Tja, so pathetisch hatte es begonnen. Aber schon vor Ablauf des ersten Jahres zog Lisas Mutter zu ihrem neuen Lebenspartner nach Berlin und nahm die heimlich verliebte Elfjährige natürlich mit. Die arme Lisa fühlte sich wie Gepäck. Kurz vor der Abreise betrachtete sie traurig die bis dahin mit vielen Tricks verborgene Kugel. Grübelte lange, bis sie eine Lösung fand, das schwere Symbol ihres Bundes wenigstens heimlich im Gepäck unterzubringen. Lisa hatte sogar daran gedacht, die Kugel Rahman zurückzugeben oder wenigstens zu tauschen. Es waren eigentlich doch alle seine. Aber was hatte er gesagt? „Sie ziehen sich an wie Magnete. So wie wir.“ Lisa hatte ihm dafür einen Kuss gegeben.
Ob es etwas verändert hätte, wenn aus den beiden ein Paar geworden wäre? Wohl kaum. Denn auch die anderen gingen getrennte Wege und mit ihnen ihre Kugeln.
Bald dachten sie nur noch ungern an ihren Bund.Hatte die damalige Szene, diese naive Begeisterung nicht etwas kindlich Naives, ja sogar Komisches? Die war doch richtig peinlich! Als ob es nicht genügt hätte, dass sie ständig wegen ihrer Herkunft verprügelt worden waren! Spätestens mit zwölf, dreizehn fühlten sie sich zu erwachsen für solche Spiele.
Zunächst trafen sie sich noch. Lisa schrieb Rahman wöchentlich einen schmachtenden Brief. Später dann ungefähr monatlich. Dann kam in ihre neue Klasse ein Junge, der ungeheure Ähnlichkeit mit Porty hatte. Ohne ein Porty-Poster kam kein Mädchenzimmer aus und dieser Neue hatte ihre Hand viel länger gehalten, als für einen Gruß nötig. So gab es noch einen Brief an Rahman, um den Termin ihres nächsten Treffens zu verabreden. Das kam dann aber schon nicht mehr zustande.
Die Faszination des kindlichen Schatzes ließ auch bei den Anderen immer mehr nach. Die Näsies wurden inzwischen nicht mehr verprügelt. Offenbar hatte sie aber nur das miteinander verbunden. Rahman, Hardy und Hagen versuchten noch ein paar Mal, dem Geheimnis ihrer Wunderkugeln auf den Grund zu gehen. Wunder konnte es einfach nicht geben. Das lernten sie in Physik. Mit Steinen und Hämmern klopften die Jungen auf ihren Kugeln herum. Hardy lieh sich dafür von seinem Vater einen Körner aus, sie spannten die Kugel im Schraubstock ein … Das Einzige was sie erreichten, war, dass der Körner abrutschte und Hagen ein paar Tage humpelnd herumlief. Die Kugeln ließen sich nicht beeindrucken. Selbst wiederholte Flüge gegen die Steine der Kirchenmauer störten sie nicht. Im Gegensatz zu der Mauer hatten die Kugeloberflächen danach nicht einmal einen Kratzer. So etwas hatten die Jungen noch nie erlebt. Sie phantasierten viel, was das wohl bedeuten könnte. Aber das gab sich bald wieder. Die Kugeln fristeten für Jahre ein unbeachtetes Dasein. Sie schienen sich zu nichts mehr zu eignen als zum Symbol einer endlich abgeschlossenen Kinderzeit.

Dienstag, 29. März 2011

DREI Nummer 990

Die "Gedichte des Tages" vom Mittwoch:
Als Start eine Portion "grober Unfug". Angeregt durch eine Zeitungsnotiz von zwei versteigerten Zetteln Ludwig van Beethovens musste ich über solche "Werte" einfach ein "Gedicht" verzapfen: "Delirierte Musen-Erbschaften". Ich sehe ja ein, für meine Gegenwart fehlt mir mitunter der nötige Ernst.
Dass das nicht immer so ist, versuche ich mit "Amakudari" zu beweisen.

Am 30.3.2008 eröffnete ich eine kleine Dieter-Büker-Reihe mit "Männerwelt"

" ... vielleicht auch nur deshalb, weil ich selbst nur einen Vierzeiler anbot: 

säuberungsweisheit

Dann folgt die Fortsetzung von "Die sieben Kugeln":

„aber was es wirklich ist, weiß ich noch nicht. Die leichten Kugeln zieh´n einander nämlich nicht an.“ Das hatten die anderen Kinder bald selbst ausprobiert. Ähnlich wie bei Magneten war es ihnen erst schwer gefallen, die Kugeln von der schweren zu lösen. Mit wachsendem Abstand ließ die Anziehungskraft aber schnell wieder nach.
„Wo hast du die denn her?“ fragte Lisa.
„Hab ich doch schon gesagt. Ausgebuddelt beim Bauen auf unserem Grundstück.“
„Wie Steine?“ Hagen sah abwechselnd mal zu den Kugeln, mal zu ihrem Besitzer.
„Was soll die Frage? Wie Steine?! Dass das keine sind, merkt man ja wohl, oder?“
„Ob die irgend wofür gut gewesen sind? Einfach nur so haben sie bestimmt nicht in der Erde gelegen ...“ Lisa guckte etwas verträumt auf den Jungen, dessen Gesichtszüge fast ganz vom Schatten des blauschwarzen Haares verborgen wurden.
„Ist doch klar. Die lagen schon lange dort. Vielleicht Kanonenkugeln aus Wallensteins Zeit.“ Hardy sprang auf. Fast wäre er mit dem Kopf an die Decke der Hütte gestoßen. Die anderen lachten.
„Du immer mit deinem Wallenstein!“ Hagen winkte stöhnend ab. „Du nervst!“
„Klar: Wallensteins Astrologe hat sie hohl gezaubert. Damit sie extra weit fliegen. Warte, ich hab einen besseren Vorschlag: Die gehörten Münchhausen. Der ist drauf geritten.“ Mit einem kräftigen Ruck packte Jens eine der Kugeln und hielt sie sich unter den Hintern. Dazu machte er er ein Geräusch, dass wohl so klingen sollte, als pfiffe ein Kanonenkugel durch die Luft. Alle prusteten los und hielten sich die Bäuche, bis Petra aus heiterem Himmel heraus behauptete: „Nein. Die kommen aus dem Weltall!“.
Sofort verstummten die anderen. Zugestimmt hätte zwar keiner – außerirdische Kugeln, das war natürlich auch Quatsch – aber faszinierend war der Gedanke schon.
Das war seine Gelegenheit. Rahman rutschte auf seinem Platz hin und her. „Es sind genau sieben – so wie wir“, sagte er mit betont feierlicher Stimme. „Jeder von uns könnte also eine behalten. Wenn ihr schweigen könnt. Dass mir niemand was davon erzählt! Vor allem keinem Erwachsenen. Dann wären wir sie wieder los. Bestimmt.“ Alle nickten schweigend. Rahman verteilte die Kugeln. Die leichten zuerst. Lisa gab er zum Schluss die schwere. Er versicherte ihr, dass er sie ihr nach Hause tragen werde. Was für ein Augenblick für das Mädchen! Lisa lächelte glücklich. Nun war es raus: Rahman mochte sie. Mehr als alle anderen.
„So, und jetzt muss jeder schwören“, fuhr Rahman mit seiner Rede fort. „Sprecht mir nach: Wir wollen die Kugeln fürs ganze Leben sicher verwahren und keinem außerhalb unserer Gruppe davon erzählen. Von nun an treffen wir uns hier in jedem Jahr am selben Tag. Diese Kugeln sollen das Zeichen sein für unser Zusammengehören.“
War das feierlich! „Hat jemand was zum Schreiben dabei?“ Wenn Rahman in diesem Moment von jedem einen Blutstropfen verlangt hätte – er hätte ihn garantiert bekommen. Selbst Hagen riss sich zusammen. Plötzlich verband sie alle ein durch unheimliche Kugeln, vielleicht sogar außerirdische, besiegelter Bund.
Sie schwiegen einen Moment lang, blieben aber nicht mehr lange in der Hütte versammelt. Jeder nahm seine Kugel und ging.

Montag, 28. März 2011

DREI Nummer 989

Als Start wie immer die Gedichte des Tages von morgen:

Nachdem Mircea M. Pop gestern eine lyrische Version der Grundlagen für Einsteins Relativitätstheorie angeboten hatte, hat er heute einen "Rat" für uns ...

Aber ist es nicht mehr als nur "Unvernunft" ratlos zu hoffen?
 
Vor genau drei Jahren beschäftigte mich die Floskel, "im falschen Film zu sitzen" und ich hoffte jemanden zu finden, der gleich mir einfach aufstehen und gehen würde:  Im hinteren Rang

Dann - wie an den vergangenen Tagen - forgt die nächste (die 5.) Fortsetzung von "Die sieben Kugeln: 

„Na, dann nimm mal!“ wandte sich Rahman an Lisa.
„Uff!“ rief das Mädchen überrascht, nachdem sie die Kugel aufgefangen hatte. „Ist die leicht! Mit der bekäm sogar ich im Kugelstoßen ´ne Eins. Ein Ball aus Stein. Hohl?“
Rahman zuckte mit den Achseln und Lisa reichte die Kugel weiter. Alle wogen sie in den Händen, strichen über ihre Oberfläche und stimmten Lisa zu. „Ein Stein ist es nicht“, sagte Sonja, „aber was dann?“
Hagen brummte unwillig. „Okay, etwas sonderbar ist das Ding. Aber ein Wunder?“
Rahman war mit der Reaktion der anderen zufrieden. Er verschwand kurz und kam mit fünf weiteren Kugeln zurück. „So, jetzt könnt ihr vergleichen!“ Lisa betastete eine zweite Kugel, warf sie leicht hoch, fing sie auf und meinte: „Die ist genauso.“
„Und der Rest?“ Rahman wartete ab, bis Hagen als letzter der Gruppe alle Kugeln miteinander verglichen hatte. Es gab keinen Zweifel. Alle sechs waren identisch. Dieselbe graue Farbe, die glatte Oberfläche und das geringe Gewicht – mehr Eigenschaften ließen sich allerdings beim besten Willen nicht feststellen.
„Das werden wir gleich haben!“ Petra nahm Sonjas Kugel in die linke Hand und klopfte sie gegen ihre eigene. Ein dumpfer Ton, kein Nachhall. „Hm: Hohl klingt anders, glaub ich“, stellte Petra nachdenklich fest. Was hätte sie sonst feststellen können?
Nun schlugen auch die anderen ihre Kugeln aneinander. Immer derselbe dumpfe Ton. „Wenn ich´s doch sage“, murrte Petra. Warum glaubten die anderen ihr nicht? Dann mutmaßte sie: „Vielleicht ist was Flüssiges drin?“
„In einem Stein… Erzähl das deiner Oma!“ Hardy tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Unbemerkt war Rahman noch einmal nach draußen gegangen. Als er wieder in der Tür auftauchte, mühte er sich vorwärts wie ein alter Mann, dem die Last den Rücken gekrümmt hatte. Hardy und Hagen lachten. Es sah einfach zu komisch aus. Rahman presste seine Kugel mit beiden Händen an die Brust. Trotzdem konnte er sie anscheinend nicht halten. Er ließ sie fallen und sie schlug vor seinen Fußspitzen auf den Boden.
„Sehr witzig! So was Schweres haben wir noch nie gesehen.“ Hagen lachte und griff lässig mit seiner Linken nach der Kugel. Pech für ihn. Nicht nur, dass sich die Kugel am Boden kaum bewegte, Hagen fiel auch noch seine eigene aus der Hand. Wie von einer magischen Kraft angezogen rollte sie auf die schwere zu und blieb fest an ihr haften.
„Lasst die anderen ruhig auch los!“ forderte Rahman.
Kaum am Boden, kullerten die übrigen Kugeln zu der schweren und dann hafteten sie fest an ihrem neuen Mittelpunkt. Eine Art Kugelmodell war entstanden.
„Von wegen Wunderkugeln … Wahrscheinlich ist ein Magnet drin!“ Enttäuscht zog Petra die Schultern hoch.
„Kann sein. Vielleicht so etwas Ähnliches“, antwortete Rahman,

Sonntag, 27. März 2011

DREI Nummer 988

Zuerst die Gedichte des Tages vom morgigen Montag:
So. Ein Dialog um die Ecke ist angesagt.
Denn eigentlich hat Mircea M. Pops "Wohlgefühl" nichts mit meiner "Vision" zu tun ...

Im gewissen Sinne "anti" ist da die söhne der großen bärin  zu verstehen, aber nur, wenn man weiß, welche Symbolkraft die Bücher der Lieselotte Welskopf-Heinrich gerade in der DDR-Verfilmung bekamen - mein Versuch dazu am 28.3.2008..
Okay, etwas habe ich darunter gelitten, dass heute eine Stunde gestrichen worden ist.
Trotzdem als Prosa die 4. Fortsetzung zu "Die sieben Kugeln" - auch oder vielleicht gerade, weil dieser Text sich gerade von Tag zu Tag verändert ...


Die Chance, etwas Bestaunenswertes zu erleben, konnte sich ein echter Näsie natürlich nicht entgehen lassen. Als es Abend wurde, schlichen die sechs also zu dem katenähnlichen Neubau der Parchmanns. Es dämmerte. Die Silhouetten der Häuser verwandelten sich in Scherenschnitte. Vom Abendwind wurde der faulige Geruch alter Komposthaufen zum Anger getrieben. Irgendwo kläfften wütende Köter. Gelegentlich tauchte ein Schatten über den Bürgersteigen der Dorfstraße auf, verschwand aber sofort wieder. Mit einem Wort: Ein wenig Gänsehaut hatten die jungen Helden schon, bevor es überhaupt losging.
Rahman erwartete sie an der Pforte zum Vorgarten. Er winkte, drückte den rechten Zeigefinger auf den Mund und sah sich unsicher um. „Ist euch auch niemand gefolgt? Ihr habt doch keinem verraten, wo ihr hin seid? Das darf nicht rauskommen.“
„Spinner! Mach dir nich ins Hemd wegen deinem Hokuspokus.“ Hagen schüttelte den Kopf.
Hinten im Garten, in einer unauffälligen Ecke des Grundstücks stand Rahmans Hütte. Die übrigen Kinder waren verunsichert. Auf Parchmanns Grundstück waren sie noch nie gewesen … und man konnte ja nicht wissen ...
Endlich hatten sich alle in die Hütte gedrängt. Jens, als Anführer, setzte sich als erster. Schließlich musste er zeigen, dass wenigstens er keine Angst hatte. Petra, die klügste in der Schule und auch sonst ehrgeizigste der Gruppe, quetschte sich neben ihn und Sonja, das einzige Mädchen, das früher oft, aber natürlich vergeblich, versucht hatte, die Jungen von ihren Prügeleien abzubringen. Dann kam Hardy, der sich eigentlich langweilte, weil ihn nur Geschichte interessierte, genauer, nur die Zeit der Königreiche und früher, Hagen, der brummte „Na, da bin ich aber gespannt“, um sich Mut zu machen und den anderen zu zeigen, dass er welchen hatte, und die kleine blonde Lisa, die heimlich hoffte, Rahman möge sie endlich zur Kenntnis nehmen. Als letzter kroch Rahman selbst hinterher, in der Hand eine Kugel. Er konnte sie mit seinen Fingern etwa zu einem Drittel umfassen. Sie hatte ungefähr zehn Zentimeter Durchmesser. So schätzten die anderen, und waren etwas enttäuscht. Das angekündigte Wunderding war absolut unscheinbar und grau, sofern die Farbe im Dämmerlicht überhaupt festzustellen war. Nein. Obwohl Rahman sie hochhielt, fiel keinem etwas Bemerkenswertes an ihr auf.
„Wunderkugeln sehen bestimmt anders aus.“ Damit sprach Hagen nur laut aus, was eigentlich alle dachten.

Samstag, 26. März 2011

DREI Nummer 987

Zuerst die "Gedichte des Tages" von morgen (Diesmal fast nur mit Gästen):
 Wie tritt er auf der Dichter in einer Welt wie der heutigen, in der das Leben wenig wert ist, solange es nicht das eigene und der Krieg genügend Kilometer weit weg ist?
Mircea M. Pop stellt eine Position zur Debatte: "ars poetica II". 
Brunhild Hauschild startet ein Gedicht, das bei ihr noch "Wolken 1" heißt. Warum will sie es nicht "Frühlingserwartung" nennen?


Am 27.3.2008 war seitens der Friedenslesung J. Andres, Dankbare Momente  aktuell. Und ich versuchte mich in Romantik ... … und mal mir einen regenbogen

Es folgt die 3. Fortsetzung des utopischen Romanmanuskripts "Die sieben Kugeln" :
1. Teil: Stochern im Nebel
Ein Vor-Spiel
Zu der Zeit, als die Parchmanns sich ansiedelten und ihren Rahman in die Brechtschule einschulten, war es für die Kinder des Troochs feste Gewohnheit, fast täglich ein paar Näswerderaner zu verprügeln. Jens, der den längsten Weg bis zur Straßenbahnstation Näswerder laufen musste, hatte sich deswegen zu Hause beschwert. Warum traf das immer dieselben? Er war bei seinem Vater auf wenig Verständnis gestoßen. „Was du nur willst? Bei uns war das damals genauso. Ist aus mir ein richtiger Mann geworden? Ja oder ja? Du bist nun einmal ein echter Näswerderaner. Also benimm dich auch so. Schon dein Großvater hat sich gegen die Troocher wehren müssen, später ich, jetzt du. Das Verlieren ist schlimm, ich weiß. Aber es hat auch Vorteile: Ihr lernt zusammenzuhalten. Lasst euch nicht unterkriegen, kämpft! Verliert ihr hundert Mal … das hunderterste Mal, das erste Mal, wo ihr gewinnt, das ist das entscheidende. Danach ist Ruhe, glaub mir.“
Was sollte Jens machen? Er sammelte die Näswerderaner Tag für Tag zu heroischen Abwehrschlachten. Aber selbst zusammen mit den Mädchen konnten sie ihre zahlenmäßige Unterlegenheit nicht überbrücken. Immer wieder landeten sie im Dreck. Wie oft hoffte Jens, die hundert zu verlierenden Gefechte endlich hinter sich zu haben, aber es ging immer weiter.
Da tauchte jener Rahman auf. Nein, ein Näswerderaner konnte der nicht sein. Der war anders. Der gehörte nicht dazu. Der gehörte nirgendwo dazu. Der war ein Fremder unter ihnen. So, wie sie Fremde auf dem Trooch waren, und das, obwohl er ihr Schicksal in der Brecht-Schule teilte.
Aber auch Rahman war stur. Er ließ sich verprügeln, ohne einen Laut von sich zu geben. Bis er es eines Nachmittags dann doch nicht mehr aushielt. Warum sollte er nicht zu ihnen gehören, zu diesen tollen Näsies? Noch dazu, wo er glaubte, etwas zu besitzen, was für die anderen interessant sein müsste?
Er stieg also wie immer zusammen mit sechs Näswerderkindern aus dem Schulbus aus, trennte sich dann aber an jenem einen schicksalsschweren Tag nicht sofort von ihnen, sondern rief: „Wartet doch mal!“
Drei Jungen und drei Mädchen sahen sich abwartend um. Mit ernstem, beinahe feierlichem Gesicht erklärte Rahman: „Ich hab was Tolles gefunden. Wenn ihr wollt, dann zeige ich euch Wundersteine, die ich auf unserer Baustelle entdeckt habe.“
Das war zu viel! „Wundersteine, son Quatsch!“ Jens tippte sich an die Stirn, „Du denkst wohl, hier ist der Kindergarten?“
Du brauchst ja nicht mitzukommen“, verteidigte sich Rahman trotzig. „Aber wetten: Wenn du die erlebt hast, hebst du voll ab. Ganz starke Dinger, sag ich dir. Die musst du einfach gesehen haben. Ehrlich!“
Du nervst, Junge.“ Hagen musterte ihn voll Verachtung. „Wenn du uns verarschst, dann wirst sehen: Die nächste Woche kannst du nicht ohne Kissen auf ´m Stuhl sitzen.“
Auf einmal Arschvoll mehr oder weniger kommt´s nun auch nicht mehr an. Krieg ich sowieso alle Tage“, antwortete Rahman, und zumindest mit der letzten Behauptung hatte er Recht.
Du nimmst den Mund ziemlich voll.“ Hardy war einen Schritt näher gekommen.
Ich beweise es euch. Kommt heute um sieben zu meiner Hütte. Ihr werdet staunen.“

Freitag, 25. März 2011

DREI Nummer 986

Die Gedichte des Tages vom Samstag:
Nein, ich bin noch nicht frei. Noch immer ringt ein schwacher Geist mit einem unwilligen Körper und fördert nur "Gedichte" zu Tage wie diese:
 
"Das letzte Gedicht" oder
"ohne Morgen" ... 

Vor genau drei Jahren beschäftigte ich mich mit der Verblindungskraft von  erfolg  und im Friedenslesungswettbewerb wurde das Gedicht der jüngsten Autorin vorgestellt: ...

 Stella Adami, Letzte Meldung eines Soldaten



Es folgt die 2. Fortsetzung der Leseprobe von "Die sieben Kugeln":
Die Zeiten änderten sich trotzdem. Irgendwann wollten sogar Leute, denen man schon von fern das Fremdsein ansah, richtige Näswerderaner werden. Einer von ihnen war eben der Vater von Rahmen. Seine Frau, einst auf Näswerder geboren, hatte ihm sogar beigebracht Da brögsst nich zu sstammelnund solche Sachen zu sagen – und er gab sich auch sonst große Mühe, wie ein Einheimischer zu erscheinen. Zum Beispiel hatte er seinen eigenen Traditionen zum Trotz den Familiennamen seiner Frau angenommen. Parchmann. Letztlich half es ihm nicht. Er blieb ein Fremder. Den gemeinsamen Sohn traf das am härtesten. Ihn hatten die beiden aus der burmesischen Heimat seines Vaters mitgebracht. Weder konnten sie ihm sein Aussehen noch den fremd klingenden Vornamen Rahman wegnehmen. Das wäre aber das Mindeste gewesen, um in der neuen Schule dazuzugehören.
Die Kinder waren nämlich noch ein bisschen krasser als ihre Eltern, und sie hatten ihr eigenes Problem. Ihre Zahl auf Näswerder hatte schon vor langer Zeit nicht mehr für eine eigene Schule ausgereicht. Ein fernes Amt entschied, dass es in der Brechtschule auf dem Neubau-Trooch genug Platz für sie gäbe. Also wurden die wenigen Näswerder-Kinder auf die dortigen Klassen verteilt. Vielleicht führten sich die ersten Dorfkinder ihren Anfangstagen an der neuen Schule wirklich komisch auf. Kann ja sein. Wer konnte das später noch überprüfen? Sicher war nur, dass die Troocher endlich jemanden gefunden hatten, an dem sie sich tagtäglich austoben konnten, Außenseiter zum Hänseln und Prügeln, wann immer ihnen danach war…


Donnerstag, 24. März 2011

DREI Nummer 985

Die Gedichte des Tages von Morgen?! Bitte:
Noch immer ist die Zeit nicht vorbei, da künftige Taschentuchfüllungen den Hauptinhalt meines Kopfes auszumachen scheinen. Ich bin da weniger streng mit mir bzw. mit dem, was da rauskommt und vorgibt, Gegicht geworden zu sein.
Diemal heißen die Produkte:
"Aufforderung an die Zeit" und
"im zwielicht".
 
  Mit dem vor drei Jahren als Antikriegsgedicht geschriebenen varus  konnte ich danach wenig anfangen ... ob ich damals auch an Influenza litt???

... 1. Fortsetzung Leseprobe "Die sieben Kugeln" (utopischer Roman):


An der Spitze der Halbinsel Näswerder hatte einstmals ein Stadion entstehen sollen. Man hatte es nicht nur geplant, man hatte sogar schon mit den Bauarbeiten begonnen. Schon damals hätte die Katastrophe also ihren Lauf nehmen können, oder eben nicht. Es wäre wahrscheinlich besser für die Menschheit ausgegangen. Aber mitten beim Bauen scheiterte die Idee sozialistischen Freizeitsports am Grundwasser. Das wehrte sich nämlich gegen die Buddelei. So verwilderte alles wieder und es blieb unentdeckt im Boden, was dort nicht hingehörte. Die Menschen aus der Stadt errichteten weiter südlich das Neubaugebiet Großer Trooch. Eine autobahnähnliche Straße verband es mit den Bürgerhäusern des Stadtzentrums. Auf die Halbinsel Näswerder kam man nun nur noch über Brücken. Sie hatte sich in eine Art Insel verwandelt.
Hätte die Straße gewusst, wie sehr sie einmal die Welt, wenigstens Europa oder Deutschland, was ja fast dasselbe zu sein scheint, unbedingt aber Großberlin gefährden würde, sie hätte bestimmt von sich aus, ganz freiwillig, auf ihre Existenz verzichtet oder wenn sie schon hätte sein müssen, dann als Umgehungsstraße mit anderem Verlauf gebaut werden wollen. So aber schnitt sie die Entwicklung Näswerders vom restlichen Mecklenburg ab, was umso schrecklicher war, da eben dieses Mecklenburg sowieso schon mindestens fünfzig Jahre hinter der normalen Welt an jedem Boxenstopp ankam. Die Leute wollten das auch nicht anders. Sie duldeten alte bäuerliche Katen neben modernen Häusern im nachgemachten Friesenstil und welchen ohne jeden Stil – Hauptsache man ließ sie in Ruhe.

Mittwoch, 23. März 2011

DREI Nummer 984

Die "Gedichte des Tages" von morgen stehen fest:
Manchmal reißt mich eine Idee aus dem Schlaf. Endlich ist ein Gedicht gereift ... oder mir fällt eine Strophe ein, die ich unbedingt an ein älteres Gedicht anhängen muss. Der zweite Fall traf für die letzte Nacht zu. Nun hoffe ich, dass die "Entschuldigung" tatsächlich durch den Eingriff besser geworden ist ...

Gunda Jaron stellte den armen Freund Hinz vor die Uhrzeiger-Behauptung, es sei "fünf vor zwölf". Was sollte da schon herauskommen ...

Ob mir die fiktive Begegnung zweier Vietnamkriegs"helden" in Ins Bild gelaufen  gelungen ist. Inzwischen bin ich sellbst nicht mehr so sicher  ...

Weniger fest steht die Frage des Prosateils. Da tendiere ich dazu, eine Leseprobe aus "Die sieben Kugeln" zu präsentieren. Problem dabei: Am Vorspann habe ich zuletzt am meisten geändert. Ob der so oder überhaupt bleiben sollte, gehört zu den wichtigsten Unsicherheiten. Also soll sich Marie quasi dafür entschuldigen, was sie danach erzählt - wobei man an einigen Stellen vergisst, dass diese junge Frau die Erzählerin ist ...?


Vorwort
Ich kann machen, was ich will: Es bleiben Fragen offen. Zu einigen kann ich einfach niemanden mehr befragen. Wenn nun einmal keine Zeugen überlebt haben ... Wie soll ich da wissen, was wirklich abgelaufen ist? Außerdem ... bis ich selbst in diese verrückte Geschichte rein geriet, war ja die erste Katastrophe schon im Gange. Da kann ich doch nicht so tun als ob es erst mit mir losgegangen wäre. Für einiges gibt es zwar Zeugen, aber die waren damals Kinder und wer weiß, woran sie sich heute zu erinnern glauben, nur weil sie inzwischen mehr wissen. Und nicht zuletzt: Wer will schon gern doof sein und zugeben müssen, was er unbeabsichtigt angerichtet hat. So wie ja niemand seine Geschichte genau so erzählt, wie sie ihm passiert ist, sondern so, wie er sich erinnert … oder erinnern möchte ... Da erzählt man doch lieber über tolle Streiche, in denen man selbst der Held war. Wer also protestiert: Sorry! Das ist meine Story. Und auch Tacitus hat gelegentlich geflunkert.
Also ... angefangen hatte alles lange vor meine Geburt. Ich erzähl einfach so wie ich es verstanden habe. Wenn ich mir dabei etwas Falsches zusammenreime, kann ich nur sagen, hätte er doch alles aufschreiben sollen. Wem ich damit posthum auf den Schlips trete, der entschuldigt hoffentlich, wenn er schlechter wegkommt als in der Wirklichkeit – aber was kann ich dafür, wenn ich ihn nicht befragen kann?
Also sollte mir jemand erklären wollen, ich müsste noch weiter zurückgehen als bis zu Jens´ Kinderzeit, dann gäb ich auf. Noch was: Also nicht, dass jemand denkt, ich hätte was gegen Ausländer. Jedem Deutschen hätte das mit der Kugel auch passieren können, aber Rahmen war nun einmal … Nein, ich fang lieber an.

Dienstag, 22. März 2011

DREI Nummer 983

Die Gedichte des Tages von morgen:
Ganz nebenbei habe ich versucht, etwas Lyrisch-Politisches auszuspucken. Dabei diente mir ein Zeitungsartikel als Grundlage: Quotensieg  Dazu Sängerentscheidung  Da bleibt nur zu hoffen, dass mir die Machwerke nicht zu sehr verübelt werden.
 
Mein nun drei Jahre altes Schneehasen-Volkslied   finde ich übrigens immer noch niedlich ...

Dazu als Prosa-Link der zweite Verweis auf "Die sieben Kugeln":

In der Ich-Form schreiben …(2)

Montag, 21. März 2011

DREI Nummer 982

Die Gedichte von morgen?! Hier sind sie:
Lyrisches Grauen. Muss man sich schämen, Mensch zu sein? 
Ich gebe zu, ich hatte nicht damit gerechnet, dass so offen Waffen für einen neuen Kolonialkrieg eingesetzt werden würden. Ghaddafi hatte schon vor langer Zeit seine kleinen Sympathiepunkte aus der Anfangszeit eingebüßt, als er seine jugendlich-individualistische arabisch grüne Revolution anführte. Wann hatte e sich zum ersten Mal angedienert, um nicht mehr Kellerkind sein zu müssen? Aber solange nicht saudische Invasionstruppen aus Bahrein gejagt werden, ist jedes Menschenrechtsgedöns scheinheilig ... womit ich bei meinem Gedicht zum Thema wäre:
 

keine bewährung
Roger Suffo bietet dagegen "Wüstenfuchs für freiheit" ... Alles klar, oder?
((Übrigens: Mein Gedicht geht darauf zurück, dass Gewalttäter mit besonders niedriger Aggressionsschwelle vor Umwandlung ihrer Reststrafe in Bewährung einem Anti-Aggressionstraining unterzogen werden, das mit einem "heißen Stuhl" als Prüfung endet, wie viel Provokation der Häftling ohne Reaktion verkraften kann ...)

Vor genau drei Jahren beklagte ich mich übrigens, dass das Singen gegen den Krieg in anderen Zeiten vergeblich  gewesen sei ...

Was den Prosa-Beitrag angeht, empfehle ich diesmal einen Link zu

In der Ich-Form schreiben …(1) , der sich auf die Arbeit an "Die sieben Kugeln" bezieht.

Sonntag, 20. März 2011

DREI Nummer 981

Spricht etwas dagegen, die Woche mir "Oberst Chaos (ein Montagsgedicht) " zu beginnen? Wenn das nämlich geklärt wäre, könnte ich nämlich noch eine populärwissenschaftliche Ausführung über das Wesen eines Gedichts folgen lassen:
 "Dialog mit einem Dichter". 

Als ich vor genau drei Jahren begann, auf die zehn Gedichte von  Moshe Sala Chazara, April 1903 ... hinzuweisen, ahnte ich noch nicht, dass die nicht nur Eingang in die Anthologie zur ersten Friedenslasung des Kulturrings finden würden, sondern dass 10 Gedichte von mir neben denen von Moshe in 10 x 10 = 100 gemeinsam mit an einem internationalen Werk beteiligt sein würden.


Die Legende von Tana-ak-Malaar

In ihrer unendlichen Weisheit haben die Ahnen der Ahnen das Kind einer Unteren zu sich bestellt, um die Zukunft der Fürsprecher zu bewahren. Der Stein werde es ihnen bringen. Jedem Bürger Tanas als Beispiel, was allen geschieht, die den Fürsprechern der Ahnen der Ahnen die nötige Nahrung ihres gewaltigen Geistes verweigern.
Was soll ich tun? Okeana, Okeana!“
Sorge dich nicht, so du Ontho-ak-man seinen Weg über die Wege der Erdenweisheit führst, wird deine Okeana satt zu den Ahnen gehen.“
Es ist ein böses Lachen, das Tjama zu hören glaubt. Trotzdem. Als man ihr Akman an die Brust hält, fällt ihr nicht ein, dass sie diesen Jungen hassen müsste. Nein. Eine unbezwingbare Hoffnung hängt an seinem schwachen Saugen. Wenn es dem Jungen bis zum Abend besser ginge, dann wäre Okeana vielleicht gerettet, oder? Oka, ach Oka… sie saugt und saugt … und diesmal will sie nicht müde werden.

Samstag, 19. März 2011

DREI Nummer 980

Nun ist es schon fast Tradition: Die Gedichte des Tages des nächsten Tages haben die ersten beiden Drittel zu stellen:
Nein, Dichter sind kein Nachrichtenticker: Die Reaktionen auf allzu Aktuelles kommen mit zeitlicher Verzögerung. Heute aber kommt ein keine Japan-Tag. Zum einen ein Gedicht, das Brunhild Hauschild zusammen mit ihrer Schwägerin gelang "Japan im März" und eines von mir: "Aufgehende Sonne".

Auch mit Limericks kann man politische Botschaften transportieren. Dies sah man vor drei Jahren:   Wolfgang Fehse, Ein Limerick Ach ja ... und es scheint Karfreitag gewesen zu sein: karfreitag

Nun folgt das nächste Stück Leseprobe aus ...

Die Legende von Tana-ak-Malaar

An den folgenden fünf Tagen geschieht nichts Wichtiges. Tjama weiß nun, dass sie einen Jungen verpflegt, einen Jungen mit Namen Karto-ak-man, was der, der größer noch als Karto sein wird, bedeutet. Seine Mutter ist bei den Ahnen der Ahnen angekommen.
An sich hat Tjama ein leichtes Leben. Ihr Tagesablauf kennt all die Arbeiten, die sie jetzt längst zusammen mit den anderen Unteren verrichtete, nicht. Sie hatte nur bereit zu sein. Wann immer Akman die Quelle verlangt, hat sie sie ihm zu bieten. Ihre Quelle fließt reichlich. Auch Okeana scheint satt zu werden, ja, das Mädchen gedeiht prächtig. Tjama kann sich keinen Menschen vorstellen, der beim Anblick ihrer Tochter nicht sofort sieht, was das für ein wunderschönes Mädchen ist.
Leider trifft das auf den Runzelkopf, wie Tjama Akman liebevoll nennt, nicht zu. Der Junge, dessen Haut noch immer aussieht, als wäre sie ihm etwas zu groß übergezogen worden, hat die ganze Zeit den Milchfluss nicht bewältigt. Das hat Tjama Okeanas wegen gefreut. Doch an jenem fünften Tag beginnt der Junge zu glühen. Tjama ahnt, er ist krank. Artja hätte bestimmt sagen können, was ihm fehlt.
Karto-ra-ahn befragt den Fürsprecher Ontho, der den Sud der fremden Pflanzen kennt. Das Gesicht, dass der bei der Untersuchung des Jungen macht, verheißt nichts Gutes. Doch der Fürsprecher fordert eine Nacht Bedenkzeit. Er werde direkten Rat von den Ahnen der Ahnen einholen und man dürfe ihn bis dahin nicht stören.

Es ist ein Morgen wie viele andere.
Die Fürsprecher haben zum Frühstück gespeist, Tjama hat gegessen, einen wohl gewürzten Milchbrei, Akman hat sich den Brüsten verweigert und Okeana hat in gewohnter Ruhe gesaugt, bis der Schlaf sie überwältigt hat. Da kommt Ontho zurück.
Ehrwürdiger, der du der Erste unter uns Fürsprechern bist! Die Ahnen der Ahnen haben sich mir offenbart. Ihr Wort ist so weise, das wir noch sterbliche Fürsprecher es hätten übersehen können. Doch, oh Karto, betrachte diese Sprosse: Sieh, welch wohlige Fülle die Haut des Unteren-Babys schmückt! Und nun sieh, wie arm an guter Nahrung dein würdiger Spross ist! Der Wille der Ahnen der Ahnen ist dies nicht. Aber, oh Karto, erahnst du die tierischen Instinkte, die der Mutter befehlen, ihr unteres Kind dem Fürsprecher-Spross vorzuziehen? Sie tat es ohne bösen Willen. Eine Strafe kommt ihr nicht zu. Aber deinen Spross kannst du nur noch retten, wenn du das Unteren-Baby auf dem Stein der Blutenden Weisheit im Kreis aller Unteren der direkten Obhut der Ahnen der Ahnen übergibst. Bedenke aber, dass die Zeit drängt! Vielleicht ist es schon mit dem nächsten Morgen zu spät.“
Ontho spricht bedächtig. Trotzdem braucht Tjama einen Moment, bevor sie den Sinn dieser Worte begreift. Sie schreit nicht, kreischt nicht. Sie bricht einfach zusammen.
Als sie zu sich kommt, sind die Wachen der Fürsprecher bereits unterwegs in der Stadt der Unteren, um zur Sammlung am Platz vor dem Stein der Blutenden Weisheit im Angesicht der untergehenden Sonne zu rufen.

Freitag, 18. März 2011

DREI Nummer 979

Zu Beginn wieder die Gedichte des Tages von morgen:

Ich kann es nur meinem aktuellen desolaten Zustand zuschreiben, dass ich offenbar Gunda Jarons "Auf der Netzhaut" eingestellt hatte, ohne darauf zu verweisen. Aber bitte keine Asche auf mein Haupt - die Haare sind frisch gewaschen ... In den selben Topf gehört offensichtlich auch die Neubearbeitung von "Im Friedensgrab" ...

"Wirf die Flinte fort / doch nicht ins Korn ..." formulierte  Wolfgang Hoffmann vor drei Jahren seinen, Rat , bevor ich glaubte, nach dem unwetter  ein Regenbogenbaby wiegen zu dürfen.

Und nun ein weiteres Stück Leseprobe Prosa:

Die Legende von Tana-ak-Malaar

 
Die folgenden Wegstücke der Sonne auf ihrem Weg zum Schlafhaus sind Bilder in einem Albtraum, aus dem Tjama immer wieder hochzuschrecken hofft.
Karto-ra-ahn scheint ihr anfangs so viel größer zu sein als sie selbst. Wie es die Ehrfurcht vor dem obersten Fürsprecher verlangt, hat sie sich vor ihm auf die Knie geworfen, den Rücken gebeugt, das Bündel an sich gedrückt. Aber dann merkt sie doch, dass zwischen ihnen mehrere Stufen im Raum sind, und sie deshalb so zu ihm aufsehen muss.
„Man hat dir gesagt, welches Glück dir zuteil werden soll?“
Die Stimme klingt herrisch und herablassend.
„Ja, oh Fürsprecher.“
„Glaubst du, du bist dessen würdig?“
Was soll diese Frage? Was wird man wohl mit ihr machen, wenn sie nein sagt? Aber welche Anmaßung wäre es, ja zu sagen! Tjama richtet ihren Blick wortlos auf den Boden. Wie glatt der Stein ist. Artja hatte einmal erzählt, das ihresgleichen vor vielen Ahnenzeiten diese Fläche so glatt gerieben haben. So viele seien dabei zugrunde gegangen. Aber sprich nicht darüber! Vielleicht erzürnt es die Ahnen der Ahnen doch…
Was hat Karto-ra-ahn gerade gesagt?
Eine Frau kommt auf Tjama zu. Ihre Arme umhegen genauso ein Bündel wie Tjamas, nur dass das Tuch zu leuchten scheint und mit glitzernden Steinen besetzt ist.
„Beweise es!“
Die Stimme kommt von Karto-ra-ahn und sie ist so herablassend wie bisher. Aber in den dunkelbraunen Augen der fremden Frau liegt eine so dringende Bitte, dass Tjama in sich hineinhorcht. Unsicher noch schiebt sie ihr Körpertuch etwas zur Seite. Von hinten springt der ältere Wachsoldat hinzu, nimmt ihr das Bündel Okeana ab, und das so sacht, dass der Schlaf im Bündel bleibt, und Tjama greift nach dem fremden Bündel.
Eine runzlige, rötlich grau schimmernde Haut liegt auf dem Gesicht und dem fast haarlosen Schädel. Irgendwie in Tjamas Hinterkopf ist die Erinnerung, dass sie ein Baby vor Monaten hässlich gefunden hat, und dass sie eigentlich weiß, dass es im Sterben liegt. Es atmet stoßweise, überhaupt nicht wie Oka. Heult nicht, als hätte es keine Kraft mehr dazu. Aber es ist ein Baby.
Tjama hat es nun sicher in den Armen. Die Hand, die das Köpfchen stützt, führt den kleinen Mund an ihre linke Quelle. Das Baby scheint nicht begreifen. Dabei hat Artja doch immer gesagt, das wissen die Babys von Anfang an und Oka hatte sie ja auch nur…
Tjama spürt die drängelnden Blicke. In diesem Moment hat sie die Idee. Ein Tröpfchen Milch auf die Kuppe des Zeigefingers…
Ruhig atmen kann Tjama erst wieder, als sie den Sog durch ihre Brust gehen spürt. Hört sie das Raunen wirklich? Diese allgemeine Erleichterung?
Es muss wohl so sein, denn schon hört sie die Stimme des Karto-ra-ahn, die auf einmal überraschend weich klingt.
„Gut. Die Ahnen der Ahnen haben dich richtig ausgewählt.“

Donnerstag, 17. März 2011

DREI Nummer 978

Die Gedichte von morgen:
Oh weia ... Diesmal habe ich es gewagt, mich an der großen klassischen Gedichtform des Sonetts zu vergreifen. Keine Angst: Ich habe nicht die Absicht, in die Fußtapsen von Johannes R. Becher zu treten. Aber mit einer so strengen Form zu spielen ist Selbsterziehung für Lyriker:
"Freundschaftssonett"
"Traumsonett".

Am 18.03.2008 habe ich ... nein, ich schäme mich nicht für  gott ist groß . Keine Billigung ... nur Verständnis ...

Die Legende von Tana-ak-Malaar

Irgendetwas hat Tjama gemurmelt. Dann kommen die Laute deutlicher über ihre Lippen. „Und Okeana?“ Schon wieder leiser wiederholt sie „…Okeana?“
Der jüngere der beiden Männer schaut sie verwundert an. „Dein Wurm? Den kannst du mitnehmen. Ihr Unteren habt mitunter sowieso zuviel Milch. Was dein Pflegling nicht braucht, kannst du deinem Würmi geben.“
Latmin?“
Es ist ihr nur so eingefallen.
Nun wird der jüngere der beiden Männer bereits ungehalten. „Wer ist denn das nun wieder?“ Und plötzlich grinst er verstehend. „Ach dein Stier? Den wirst du erst einmal nicht brauchen. Aber er könnte den Ahnen der Ahnen den nächsten Regen abfordern.“
Tjama wird blass. Daran hatte sie noch nicht gedacht. Ein Opfer…
Nein, sie wird gehen. Ewig kann ihre Aufgabe nicht dauern. Und Latmin wird leben und Oka, auf Oka wird sie achten.
Gehen wir?“
Der Ältere versucht bei diesen Worten einen versöhnlichen Ton. Gleichzeitig hat er die rechte Hand an den Gürtel gelegt, dort, wo sein langes Messer herabhängt.
Tjama sieht sich suchend, fragend, überlegend um. Nein. So schnell fällt ihr nicht ein, was sie einstecken, sagen oder tun sollte, bevor sie zwischen die beiden Männer tritt.
Von draußen hört sie Okana. Brüllt die Kleine noch immer oder schon wieder? „Die Windeln?“ Latmin ist doch mit Okas Windeln unterwegs!
Die Männer lachen.
Also los jetzt“, schnarrt der jüngere, den Tjama für sich Tofo getauft hat, was Stier, dem man die Gefühle abschnitt, heißt. Das sie ihm wenigstens heimlich diesen Ausdruck nachsagen kann, mindert ein wenig die hoffnungslose Angst und Wut.
Oben reicht Bjulga Tjama das Babybündel, das nun nur noch müde quäkt. Die beiden Mütter sehen sich nicht an. Drücken sich nicht. Sagen nichts. Der Bergwind, der den weißen Regen bringt, schläft irgendwo bei seinen Gipfeln den Sommerschlaf. Die Sonne hat noch nicht ihre volle Kraft. Von Osten her beobachtet sie verständnislos den kleinen Zug. Einer nach dem anderen steigen sie von Dach zu Dach. Tjamas Finger krallen sich in dem Bündel fest. Das zusammengebundene Tuch, das ihren Körper vor dem Wetter schützen soll, ist halb geöffnet, um Oka zusätzlich Schutz zu bieten. Der Geruch erforderlicher neuer Windeln dringt in Tjamas Nase. Sie werden wieder nur lachen, die Männer.
Mit gehörigem Abstand beobachten Nachbarn den kleinen Zug. Senken die Köpfe, wenn Tjama gerade in ihre Richtung sieht. Ob sie um die Ehre wissen, die Tjama zuteil wird?
Sie haben die große Straße erreicht. Von nun an geht es gerade aufwärts. Tjama ist diese Straße schon einige Male aufgestiegen. Die mit den Ahnen der Ahnen redeten brauchten Ruhe für das Formen der Botschaften. Also durften alle notwendigen Gerätschaften nur in den Häusern der Unteren gefertigt werden. Dann aber wurden die Lasten, Speisen und Getränke, Schmuck und Notwendiges für die Fürsprecher nach oben getragen. Vor drei Sommern hat Tjama zum ersten Mal die Kraft dafür bewiesen.
Tjama fürchtet das Oben. Die Steine der Riesen. Man erzählt, das dort sei ein Berg aus Stein gewesen, aus dem die Riesen, Vorfahren derer, die mit den Ahnen redeten, Säulen geschnitzt hatten, Häuser errichtet hatten, deren Maß für keinen Unteren gedacht war.
Und über den Platz der Ewigen Kälte sieht man den Opferstein.
Nein, sie wird schweigen. Sie wird ihre Brüste bitten, doppelt stark zu sein. Dem fremden Jungen zum Frieden und Oka zum Glück.

Mittwoch, 16. März 2011

DREI Nummer 977

Die Gedichte des Tages von morgen:
War es ausverschämt, die zwei Gedichte zum Thema Wolke aus der Test-Kategorie zu holen und leicht bearbeitet dorthin zu packen, wohin sie gehören? Zumindest halte ich sie für klarer in ihrer Aussage:

Übermut...

Sie kommt!

Das Motiv einmal nur vom 17.03.08 nahm ich später wieder auf, das vom Feld der Ehre blieb lyrisch nachher unbeackert ...  W. Hoffmann, Das Feld


Die Legende von Tana-ak-Malaar

Irgendwann im Halbdunkel erwacht Tjama.
Okeana? Was ist mit Okeana? Babys brüllen, Babys wecken ihre Mütter. Okeana…
Da liegt das Bündel.
Was in den nächsten Stunden und Tagen folgt… Mit welcher Begeisterung hat sie sich alle Szenen ausgemalt. Wirklich ausgemalt nicht nur in den Wachträumen, sondern an allen Wänden jenes Raumes, der nun das Zimmer für das neue Familienmitglied ist.
Wie naiv sie doch gewesen ist! Soll das wirklich sie selbst sein? Diese Astgabel, aus der heraus der Denkende Fisch geflogen kommt? Diese Erhebungen, die dem Kälbchen Milch gibt? Ihrem Kälbchen? Ob die anderen erkannt haben, was sie alles gemalt hat? Sie haben es ihr weiß gelassen, und sie hat es gestaltet mit einer Welt, die sie genau versteht, und die jetzt doch anders ist.
Okeana ruft mit ihrem einen lauten Ton, und es ist, als ob dieser Ton durch Ohr und Fingerspitzen bis irgendwo in die Brüste dringt.
Ja, Tjama hat aufmerksam zugehört. Was alles schief gehen kann in den Momenten der Geburt und danach. Hat gehört, dass es dauern kann, bis Milch da ist, genug Milch für ein Baby, dass doch kaum mehr hat als Hunger.
Aber es hat sich alles gelöst. Der kleine Mund findet, was er sucht, und Tjamas Zehenspitzen werden warm. Es ist alles nicht wahr! Sie ist die Mutter Sonne, die der Erde Strahlen schenkt, aber die Alten haben ihr nicht verraten, wie viele Strahlen sie dafür zurück erhält.
Wo nun absolut keine Angst mehr ist, ist nichts als durchdringende Wärme geblieben. Dass Mütter sterben können, keine Milch haben, krank werden … so weit weg ist das. Und Okeana scheint das zu verstehen. Mitunter hört Tjama sie schon heulen, bevor Oka begonnen hat. Und wenn es nicht stimmt, dann ist das Windeltuch zu wechseln, zu sammeln für die große Reinigung. Wobei Latmin zwei Beutel gefertigt hat, um die Tücher zum Fluss zu bringen und gereinigt wieder zu ihr. Aber diese Tage sind gezählt. Bald wird sie den Weg selbst gehen, und Oka wird mehr sehen als bemalte Wände und die Dächer von Tana. Dabei scheint sie am liebsten zu schlafen. Irgendwann hört unmerklich immer das Saugen auf und Oka ist mitten im Fließen der warmen Milch eingeschlafen. Dann mag Tjama sie nicht hinlegen, vorgeblich um sie nicht zu wecken – das sieht Latmin ein – aber vor allem, weil sie den kleinen Körper dann fast so dicht in sich hat wie zuvor, als sie beide noch eins waren.
Besuch ist seit dem Morgen nach Okeanas Geburt kaum gekommen. Die junge Mutter entscheidet selbst, wann sie sich wieder an allen normalen Verrichtungen beteiligt. Sie kann sich ja nicht ewig zu Essen bringen lassen. Tjama hat entschieden, noch zwei Tage zu warten. Sie merkt doch gerade erst, dass ihr die Freunde und Nachbarn zu fehlen beginnen.
Tjama wird trotzdem sofort auf die Stimmen im Nebenraum aufmerksam. Fremde Stimmen neben Bjulgas und Artjas. Schon stehen die Männer vor ihr. Als hätten sie in Okeana schlechte Winde geweckt, fängt die Kleine an zu brüllen. So laut, dass die Männer verwirrt abwarten, ihr, der Mutter nur befehlende Blicke zuwerfen, dieses Geschrei abzustellen. Aber sie kann nicht. Okeana lässt sich nicht beruhigen. Und die Männer tragen das Zeichen. Da kann sie doch nicht einfach den vielleicht wunden Hintern lüften!
Was macht Bjulga nur für ein Gesicht? Als ob sie das erste Mal seit Tagen traurig sei. Verschreckt greift sie das ganze Bündel Leben und nimmt es aufs Dach mit. Das Geschrei kommt nur noch schwach im Raum an. Dann hört Tjama es nicht mehr.
Tjama hört die Worte der Männer und will sie nicht hören. Teile von ihnen liegen wie ein zerstörter Spiegel in ihrem Kopf. Sie kann sie nicht mehr zusammenfügen.
„… Es ist eine gewaltige Ehre für eine Untere. Die mit den Ahnen der Ahnen reden haben dich für würdig befunden. Der weiße Saft deines Lebens wird ein höheres Wesen nähren. Eines, das mit den Ahnen der Ahnen reden wird….“

Dienstag, 15. März 2011

DREI Nummer 976

Wie üblich Start mit den Gedichten des Tages von morgen:

Ich erinnere hier noch einmal an die letzte Friedenslesung auf dem Alexanderplatz. Dort stellte ich u.a. eine Neubearbeitung von "hätte Deutschland gesiegt" vor. Langsam sieht es nun doch aus wie beabsichtigt ...
 
Wer es noch nicht bemerkt haben sollte: Ehrfurcht vor Größe jeder Art geht mir völlig ab. Wenn die Qualen  meinen, sie haben mich, kommt zumindest ein Unfug wie die folgende "Klassik-Adaption" dabei heraus:
"Johann Wolfgang beim ersten Versuch des Osterspaziergangs"
 
Im Zuge der ersten Friedenslesung stieß   Mircea M. Pop mit, ORTHOGRAPHIE zu uns. Am 16.3.2008, als ich das vorstellte setzte ich mich auch mit der Begegnung mit seltenen Schönheiten der Natur auseinander:  königin der nacht  

Tja, und dann geht es mit der Leseprobe weiter:

 

Die Legende von Tana-ak-Malaar

Welch Gesang! Und die Stimmen der Frauen im Raum: „Ein Mädchen!“ Welche Erleichterung! Schon beim ersten Mal! Und die Hand… Latmins Hand…
Tjama öffnet die Augen, spürt, wie salziges Wasser über die Sehkugel fließt, sieht verschwommen Bjulga, die Mutter, wie sie ein zappelndes Etwas nach oben streckt, wie sie die Leiter hinaufsteigt, wie sie dieses Etwas der Sonne entgegenreckt, aufwärts, aufwärts. Wie sie entschwindet im Dach…
Gesang. Jetzt hört Tjama den Gesang. Trommeln. Wie viele! Ringsum haben sich die Nachbarn versammelt. Strömen zusammen zum Fest. Wie oft war sie selbst dabei bei solch einem Fest. Ein neues Mädchen! Künftiges Leben. Ein guter Tag für Tana-ak-Malaar.
Weißt du schon, wie sie heißen soll?“
Tjama lächelt. Entspannt jetzt. Murmelt, was sie so lange geheim gehalten hat: „Okeana. Die aus dem Ewigen Wasser kam.“
Artja wiederholt „Okeana“, als wäre damit alles geklärt. Steigt die Treppe hinauf, Bjulga hinterher. Ruft mit ihrer schwachen Stimme „Okeana!“ und es ist wie ein Gebirgsbach, der zum Strom anschwillt: „Okeana, yaha, Okeana, yaha, Okeana, yaha!“
Das Fest kann beginnen, das Fest, das für Okeana über die Dächer tanzt.
Bjulga kommt zurück, legt das nackte, zappelnde Etwas, das von nun an auf den Namen Okeana hören soll, auf den Leib der glücklichen Mutter, den Kopf angelehnt an das Tal zwischen den stolz erhobenen Brüsten, den Nabel am Nabel der vorigen Zeit. Tjama legt ihre Hände über dem Rücken der winzigen Okeana aufeinander. Hört plötzlich die spöttische Stimme Artjas. „Du kannst die Knie wieder zusammennehmen. Mehr kommt nicht.“ Und nachdem Tjama sich zurechtgelegt und zugedeckt hat, hört sie Bjulgas Stimme: „Können sie kommen?“
Tjama stöhnt glücklich. „Ja!“
Eine Flut von Gesichtern überschwemmt sie. Sie versucht jedem zuzulächeln. Später werden sie ihr erklären, dass ihr das wunderbar gelungen sei. Aber die Worte und Wünsche verschwimmen wie Wassertropfen in einem Ozean. Tjama kann sie nicht mehr zuordnen. Aber sie muss Hunderte Hände auf dem hilflosen Köpfchen der wimmernden Okeana zulassen. Was wäre das sonst für eine Geburtsfeier?
Allmählich versiegt der Strom. Okeana bewegt sich nicht. Tjama durchzuckt ein fürchterlicher Schreck. Nein, die Kleine atmet. Ganz flach, aber sie atmet. Sie schläft. Und wie auf einen stillen Befehl der Ahnen der Ahnen legt sich der Schlaf wie eine wohlig warme Decke auch um die erschöpfte Mutter.
Nun dürfen nur noch die auf die Hoffnung hoffenden Mädchen und Frauen in den Raum. Unsicher tunken sie ihre Fingerspitzen in die Geburtsspuren, um ihren Körper zu bemalen mit dem Zeichen der Wiederholung.
Währen die Sonne längst in traumreichen Schlaf verfallen ist, verschlingen Nachbarn und Freunde, was Bjulgas Speisekammer hergibt. Als die Menschen ihre Nacht finden, dämmert am Himmel das Licht des nächsten Tages.

Montag, 14. März 2011

DREI Nummer 975

Beginnen wir mit den Gedichten des Tages vom Dienstag:
Mitte März ... Zeit, dass bei Gunda Jaron die "Frühlingsgefühle" erblühen.
Reichlich verstörend ist dann, wenn Petra Namyslo uns mitnimmt. "Vorösterlicher Spaziergang" heißt ihr aktuelle Beitrag. 
 
Beide Gedichte vom 15.3.2008 findet man heute gedruckt:  Chr. Mundhenk, danach  in eben jener Anthologe des Kulturrings in Berlin e.V. und paradise now  in "worträume".



Natürlich gibt es eine Reihe von Roman-Fragmenten, bei denen ich (noch) nicht fertig geworden bin, abgebrochen habe. Bei dem folgenden sind durch Computerschäden sogar wesentliche, bereits entworfene Kapitel verloren gegangen. Es gilt also erst einmal zu sichten, was noch da ist:

Die Legende von Tana-ak-Malaar (1)

Das Tor ist offen. Weit genug. Keine Angst, bald kommt der Kopf durch. Nur noch Minuten und du hast vier Augen und Ohren.“
Tjama findet keine Zeit, über die Worte der Ahnin nachzudenken. Sie platzt, verdammt, sie platzt. Aus ihr schwemmt ein Meer, jenes Meer, aus dem alles Leben einmal entstiegen ist.
In Bjulgas Blick liegt Ruhe. „Wir wechseln das Lager.“
Tjama lächelt. Mühsam. Aber sie lächelt. Sieht sich in dem engen Raum um. Mehrere Freunde warten in der Nähe, ihr zur Hilfe zu kommen, wenn es denn nötig würde.
Ahnin Artjas Augen blinzeln sie aus dem zerfurchten Gesicht heraus an. Latmin hält sich neben ihr. Was für ein seltsamer Junge! Er kann doch nicht helfen. Was da in ihrem Inneren nach einem Ausgang sucht, muss den Weg selbst finden. Trotzdem besser, auch Latmin empfängt ein Lächeln von ihr. Er ist da. Stützt sie mit hilflos bemühten Händen.
Ob dieser Treter und Stoßer in ihr lieber in dem abgeschlossenen warmen Ewigen bliebe?
Nein.
Es kommt schon wieder. Wohin nur, wohin? Tjama hat nur kurz die Luft angehalten, ganz unbeabsichtigt, und schon meldet sich eine mahnende Stimme: „Atmen, tief atmen! Nicht vergessen!“
Artja hat das Wissen. Artja hat das Vorrecht. Artja schaut. Und in Artjas Augen liegt so viel Gewissheit, dass es gut ausgehen wird. Wenn nicht …
Nein.
Jemand legt Tjama ein Tuch auf die Stirn. Bjulga, die Mutter, die nun bald Großmutter. Und sie flüstert etwas, was aufmuntern soll. Aber Tjama versteht es nicht mehr. Tjama ist jetzt der Stern, der glüht. Dessen erkaltende Brocken Leben tragen werden. Nach außen drängen und drängen und die Gedanken wissen nicht mehr, nichts mehr.
Schrei! Das neue Leben schreit. Atme! Ein, aus!
Pressen! Jetzt pressen!“
War das Artjas Stimme, streng, gebieterisch? Ist es jetzt soweit?
Längst hat Tjama die Brücke gebaut, die die Erfahrenen ihr erklärten. Die Brücke, bei der die Knie auf Ecken des Himmels weisen, die keiner sieht, die Sohlen der Füße voneinander getrennt den Untergrund drücken, dort wo die Ahnen der Ahnen den Ewigen Schlaf schlafen, gütig atemlos wachen, dass ein neuer Schrei des Denkenden Fischs ertönt. Sie werden ihm den Weg durch die Mündung des inneren Flusses zeigen.
Wie viel Zeit ist vergangen? Tjamas Kraft… woher soll Tjamas Kraft kommen? Immer wieder wollen die Sinne schwinden. Entfliehen. Tjama stirbt. Nein, Tjama glaubt, sie stirbt. Die Ahnen der Ahnen rufen.
Endlich ist etwas anders. Das muss es sein.
Ja, sagts nicht, bitte! Ich weiß. Jetzt.
Gespannt beobachtet Artja die Mündung des inneren Flusses in den Luftozean. „Das Köpfchen, es kommt! Weiter, weiter! Pressen! … Luft und … Pressen!“
Wenn Tjama sprechen müsste, sie würde sagen, ich weiß. Es ist alles deutlich. Da bricht ein Vulkan aus. Sie ist der Krater, und es passiert…
Sie hasst den Schmerz. Sie liebt den Schmerz. Sie ist alles.
Es hat schwarze Haare. Lange schwarze Haare. Gleich ist der Kopf durch. Dann hast dus fast geschafft. Einmal noch!“
Mitten in dem Schrei ist ein Lächeln versteckt über den Unsinn: Babys haben keine langen Haare.
Schon lange hat Tjama die Augen geschlossen. Und so sieht sie eine Welle. Noch eine. So also sieht Schmerz aus. Diese Welle noch. Nein, noch eine. „Der Kopf ist durch“. Noch eine. Aber die ist schon nicht mehr…
Atmen… Darf sie jetzt normal atmen? Kann sie…
Tjama lauscht. Noch immer hält sie ihre Beine angewinkelt. Wartet. Etwas passiert bei ihr. Soll sie hinsehen?
Da ist ein Schrei!!!
Huäh!“

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