Mittwoch, 16. März 2011

DREI Nummer 977

Die Gedichte des Tages von morgen:
War es ausverschämt, die zwei Gedichte zum Thema Wolke aus der Test-Kategorie zu holen und leicht bearbeitet dorthin zu packen, wohin sie gehören? Zumindest halte ich sie für klarer in ihrer Aussage:

Übermut...

Sie kommt!

Das Motiv einmal nur vom 17.03.08 nahm ich später wieder auf, das vom Feld der Ehre blieb lyrisch nachher unbeackert ...  W. Hoffmann, Das Feld


Die Legende von Tana-ak-Malaar

Irgendwann im Halbdunkel erwacht Tjama.
Okeana? Was ist mit Okeana? Babys brüllen, Babys wecken ihre Mütter. Okeana…
Da liegt das Bündel.
Was in den nächsten Stunden und Tagen folgt… Mit welcher Begeisterung hat sie sich alle Szenen ausgemalt. Wirklich ausgemalt nicht nur in den Wachträumen, sondern an allen Wänden jenes Raumes, der nun das Zimmer für das neue Familienmitglied ist.
Wie naiv sie doch gewesen ist! Soll das wirklich sie selbst sein? Diese Astgabel, aus der heraus der Denkende Fisch geflogen kommt? Diese Erhebungen, die dem Kälbchen Milch gibt? Ihrem Kälbchen? Ob die anderen erkannt haben, was sie alles gemalt hat? Sie haben es ihr weiß gelassen, und sie hat es gestaltet mit einer Welt, die sie genau versteht, und die jetzt doch anders ist.
Okeana ruft mit ihrem einen lauten Ton, und es ist, als ob dieser Ton durch Ohr und Fingerspitzen bis irgendwo in die Brüste dringt.
Ja, Tjama hat aufmerksam zugehört. Was alles schief gehen kann in den Momenten der Geburt und danach. Hat gehört, dass es dauern kann, bis Milch da ist, genug Milch für ein Baby, dass doch kaum mehr hat als Hunger.
Aber es hat sich alles gelöst. Der kleine Mund findet, was er sucht, und Tjamas Zehenspitzen werden warm. Es ist alles nicht wahr! Sie ist die Mutter Sonne, die der Erde Strahlen schenkt, aber die Alten haben ihr nicht verraten, wie viele Strahlen sie dafür zurück erhält.
Wo nun absolut keine Angst mehr ist, ist nichts als durchdringende Wärme geblieben. Dass Mütter sterben können, keine Milch haben, krank werden … so weit weg ist das. Und Okeana scheint das zu verstehen. Mitunter hört Tjama sie schon heulen, bevor Oka begonnen hat. Und wenn es nicht stimmt, dann ist das Windeltuch zu wechseln, zu sammeln für die große Reinigung. Wobei Latmin zwei Beutel gefertigt hat, um die Tücher zum Fluss zu bringen und gereinigt wieder zu ihr. Aber diese Tage sind gezählt. Bald wird sie den Weg selbst gehen, und Oka wird mehr sehen als bemalte Wände und die Dächer von Tana. Dabei scheint sie am liebsten zu schlafen. Irgendwann hört unmerklich immer das Saugen auf und Oka ist mitten im Fließen der warmen Milch eingeschlafen. Dann mag Tjama sie nicht hinlegen, vorgeblich um sie nicht zu wecken – das sieht Latmin ein – aber vor allem, weil sie den kleinen Körper dann fast so dicht in sich hat wie zuvor, als sie beide noch eins waren.
Besuch ist seit dem Morgen nach Okeanas Geburt kaum gekommen. Die junge Mutter entscheidet selbst, wann sie sich wieder an allen normalen Verrichtungen beteiligt. Sie kann sich ja nicht ewig zu Essen bringen lassen. Tjama hat entschieden, noch zwei Tage zu warten. Sie merkt doch gerade erst, dass ihr die Freunde und Nachbarn zu fehlen beginnen.
Tjama wird trotzdem sofort auf die Stimmen im Nebenraum aufmerksam. Fremde Stimmen neben Bjulgas und Artjas. Schon stehen die Männer vor ihr. Als hätten sie in Okeana schlechte Winde geweckt, fängt die Kleine an zu brüllen. So laut, dass die Männer verwirrt abwarten, ihr, der Mutter nur befehlende Blicke zuwerfen, dieses Geschrei abzustellen. Aber sie kann nicht. Okeana lässt sich nicht beruhigen. Und die Männer tragen das Zeichen. Da kann sie doch nicht einfach den vielleicht wunden Hintern lüften!
Was macht Bjulga nur für ein Gesicht? Als ob sie das erste Mal seit Tagen traurig sei. Verschreckt greift sie das ganze Bündel Leben und nimmt es aufs Dach mit. Das Geschrei kommt nur noch schwach im Raum an. Dann hört Tjama es nicht mehr.
Tjama hört die Worte der Männer und will sie nicht hören. Teile von ihnen liegen wie ein zerstörter Spiegel in ihrem Kopf. Sie kann sie nicht mehr zusammenfügen.
„… Es ist eine gewaltige Ehre für eine Untere. Die mit den Ahnen der Ahnen reden haben dich für würdig befunden. Der weiße Saft deines Lebens wird ein höheres Wesen nähren. Eines, das mit den Ahnen der Ahnen reden wird….“

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