Freitag, 18. März 2011

DREI Nummer 979

Zu Beginn wieder die Gedichte des Tages von morgen:

Ich kann es nur meinem aktuellen desolaten Zustand zuschreiben, dass ich offenbar Gunda Jarons "Auf der Netzhaut" eingestellt hatte, ohne darauf zu verweisen. Aber bitte keine Asche auf mein Haupt - die Haare sind frisch gewaschen ... In den selben Topf gehört offensichtlich auch die Neubearbeitung von "Im Friedensgrab" ...

"Wirf die Flinte fort / doch nicht ins Korn ..." formulierte  Wolfgang Hoffmann vor drei Jahren seinen, Rat , bevor ich glaubte, nach dem unwetter  ein Regenbogenbaby wiegen zu dürfen.

Und nun ein weiteres Stück Leseprobe Prosa:

Die Legende von Tana-ak-Malaar

 
Die folgenden Wegstücke der Sonne auf ihrem Weg zum Schlafhaus sind Bilder in einem Albtraum, aus dem Tjama immer wieder hochzuschrecken hofft.
Karto-ra-ahn scheint ihr anfangs so viel größer zu sein als sie selbst. Wie es die Ehrfurcht vor dem obersten Fürsprecher verlangt, hat sie sich vor ihm auf die Knie geworfen, den Rücken gebeugt, das Bündel an sich gedrückt. Aber dann merkt sie doch, dass zwischen ihnen mehrere Stufen im Raum sind, und sie deshalb so zu ihm aufsehen muss.
„Man hat dir gesagt, welches Glück dir zuteil werden soll?“
Die Stimme klingt herrisch und herablassend.
„Ja, oh Fürsprecher.“
„Glaubst du, du bist dessen würdig?“
Was soll diese Frage? Was wird man wohl mit ihr machen, wenn sie nein sagt? Aber welche Anmaßung wäre es, ja zu sagen! Tjama richtet ihren Blick wortlos auf den Boden. Wie glatt der Stein ist. Artja hatte einmal erzählt, das ihresgleichen vor vielen Ahnenzeiten diese Fläche so glatt gerieben haben. So viele seien dabei zugrunde gegangen. Aber sprich nicht darüber! Vielleicht erzürnt es die Ahnen der Ahnen doch…
Was hat Karto-ra-ahn gerade gesagt?
Eine Frau kommt auf Tjama zu. Ihre Arme umhegen genauso ein Bündel wie Tjamas, nur dass das Tuch zu leuchten scheint und mit glitzernden Steinen besetzt ist.
„Beweise es!“
Die Stimme kommt von Karto-ra-ahn und sie ist so herablassend wie bisher. Aber in den dunkelbraunen Augen der fremden Frau liegt eine so dringende Bitte, dass Tjama in sich hineinhorcht. Unsicher noch schiebt sie ihr Körpertuch etwas zur Seite. Von hinten springt der ältere Wachsoldat hinzu, nimmt ihr das Bündel Okeana ab, und das so sacht, dass der Schlaf im Bündel bleibt, und Tjama greift nach dem fremden Bündel.
Eine runzlige, rötlich grau schimmernde Haut liegt auf dem Gesicht und dem fast haarlosen Schädel. Irgendwie in Tjamas Hinterkopf ist die Erinnerung, dass sie ein Baby vor Monaten hässlich gefunden hat, und dass sie eigentlich weiß, dass es im Sterben liegt. Es atmet stoßweise, überhaupt nicht wie Oka. Heult nicht, als hätte es keine Kraft mehr dazu. Aber es ist ein Baby.
Tjama hat es nun sicher in den Armen. Die Hand, die das Köpfchen stützt, führt den kleinen Mund an ihre linke Quelle. Das Baby scheint nicht begreifen. Dabei hat Artja doch immer gesagt, das wissen die Babys von Anfang an und Oka hatte sie ja auch nur…
Tjama spürt die drängelnden Blicke. In diesem Moment hat sie die Idee. Ein Tröpfchen Milch auf die Kuppe des Zeigefingers…
Ruhig atmen kann Tjama erst wieder, als sie den Sog durch ihre Brust gehen spürt. Hört sie das Raunen wirklich? Diese allgemeine Erleichterung?
Es muss wohl so sein, denn schon hört sie die Stimme des Karto-ra-ahn, die auf einmal überraschend weich klingt.
„Gut. Die Ahnen der Ahnen haben dich richtig ausgewählt.“

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