Dienstag, 15. März 2011

DREI Nummer 976

Wie üblich Start mit den Gedichten des Tages von morgen:

Ich erinnere hier noch einmal an die letzte Friedenslesung auf dem Alexanderplatz. Dort stellte ich u.a. eine Neubearbeitung von "hätte Deutschland gesiegt" vor. Langsam sieht es nun doch aus wie beabsichtigt ...
 
Wer es noch nicht bemerkt haben sollte: Ehrfurcht vor Größe jeder Art geht mir völlig ab. Wenn die Qualen  meinen, sie haben mich, kommt zumindest ein Unfug wie die folgende "Klassik-Adaption" dabei heraus:
"Johann Wolfgang beim ersten Versuch des Osterspaziergangs"
 
Im Zuge der ersten Friedenslesung stieß   Mircea M. Pop mit, ORTHOGRAPHIE zu uns. Am 16.3.2008, als ich das vorstellte setzte ich mich auch mit der Begegnung mit seltenen Schönheiten der Natur auseinander:  königin der nacht  

Tja, und dann geht es mit der Leseprobe weiter:

 

Die Legende von Tana-ak-Malaar

Welch Gesang! Und die Stimmen der Frauen im Raum: „Ein Mädchen!“ Welche Erleichterung! Schon beim ersten Mal! Und die Hand… Latmins Hand…
Tjama öffnet die Augen, spürt, wie salziges Wasser über die Sehkugel fließt, sieht verschwommen Bjulga, die Mutter, wie sie ein zappelndes Etwas nach oben streckt, wie sie die Leiter hinaufsteigt, wie sie dieses Etwas der Sonne entgegenreckt, aufwärts, aufwärts. Wie sie entschwindet im Dach…
Gesang. Jetzt hört Tjama den Gesang. Trommeln. Wie viele! Ringsum haben sich die Nachbarn versammelt. Strömen zusammen zum Fest. Wie oft war sie selbst dabei bei solch einem Fest. Ein neues Mädchen! Künftiges Leben. Ein guter Tag für Tana-ak-Malaar.
Weißt du schon, wie sie heißen soll?“
Tjama lächelt. Entspannt jetzt. Murmelt, was sie so lange geheim gehalten hat: „Okeana. Die aus dem Ewigen Wasser kam.“
Artja wiederholt „Okeana“, als wäre damit alles geklärt. Steigt die Treppe hinauf, Bjulga hinterher. Ruft mit ihrer schwachen Stimme „Okeana!“ und es ist wie ein Gebirgsbach, der zum Strom anschwillt: „Okeana, yaha, Okeana, yaha, Okeana, yaha!“
Das Fest kann beginnen, das Fest, das für Okeana über die Dächer tanzt.
Bjulga kommt zurück, legt das nackte, zappelnde Etwas, das von nun an auf den Namen Okeana hören soll, auf den Leib der glücklichen Mutter, den Kopf angelehnt an das Tal zwischen den stolz erhobenen Brüsten, den Nabel am Nabel der vorigen Zeit. Tjama legt ihre Hände über dem Rücken der winzigen Okeana aufeinander. Hört plötzlich die spöttische Stimme Artjas. „Du kannst die Knie wieder zusammennehmen. Mehr kommt nicht.“ Und nachdem Tjama sich zurechtgelegt und zugedeckt hat, hört sie Bjulgas Stimme: „Können sie kommen?“
Tjama stöhnt glücklich. „Ja!“
Eine Flut von Gesichtern überschwemmt sie. Sie versucht jedem zuzulächeln. Später werden sie ihr erklären, dass ihr das wunderbar gelungen sei. Aber die Worte und Wünsche verschwimmen wie Wassertropfen in einem Ozean. Tjama kann sie nicht mehr zuordnen. Aber sie muss Hunderte Hände auf dem hilflosen Köpfchen der wimmernden Okeana zulassen. Was wäre das sonst für eine Geburtsfeier?
Allmählich versiegt der Strom. Okeana bewegt sich nicht. Tjama durchzuckt ein fürchterlicher Schreck. Nein, die Kleine atmet. Ganz flach, aber sie atmet. Sie schläft. Und wie auf einen stillen Befehl der Ahnen der Ahnen legt sich der Schlaf wie eine wohlig warme Decke auch um die erschöpfte Mutter.
Nun dürfen nur noch die auf die Hoffnung hoffenden Mädchen und Frauen in den Raum. Unsicher tunken sie ihre Fingerspitzen in die Geburtsspuren, um ihren Körper zu bemalen mit dem Zeichen der Wiederholung.
Währen die Sonne längst in traumreichen Schlaf verfallen ist, verschlingen Nachbarn und Freunde, was Bjulgas Speisekammer hergibt. Als die Menschen ihre Nacht finden, dämmert am Himmel das Licht des nächsten Tages.

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