Mittwoch, 2. März 2011

DREI Nummer 963

In den "Gedichten des Tages stelle ich morgen meine aktuellsten lyrische Versuche vor. "Schlüsselkind" ist gereimt, "Wir Virtuellen Kannibalen" ein langer, expressiver Schrei, den ich mir vorgenommen habe, morgen zur Diskussion zu stellen. 
Heute nun die 7. und letzte Fortsetzung von "Eine wunde Stelle", also der Schluss:

Der Tag des Abschieds näherte sich wie im Zeitraffer. Michael war sich sicher, dass Nastjenka ihn mochte. Auch Galja nahm ihn als Mann und zukünftigen Ernährer an. Über mehr wollte Michael nicht nachdenken. Was aber bliebe von all dem, sobald er zugab, dass er nicht das golden schimmernde Germany verkörpern konnte, das Galja zu ihrer Heiratsanzeige veranlasst hatte?
Zwischen ihm und Galjas Träumen lag seine Nummer im Arbeitsamtsbereich Lichtenberg von Berlin. Doch inzwischen wünschte er sich nicht mehr nur eine Frau und eine Familie, sondern genau diese.
I already wondered that they let me go abroad for this holyday without satisfaction of Nastjenka´s father. He would never give. Or he would – with my money in his hands ...“
Sollte Michael Nastja ihrem leiblichen Vater sozusagen abzukaufen? Dann müsste er jetzt einfach fragen: „How much would take it us?“ Bevor er sich dessen bewusst war, hatte er es getan. „I just don´t know. Much, of cause.“, antwortete sie.
Sie gingen zusammen spazieren. Ein Geldautomat. Überweisungen nach Kasachstan waren teuer. Da drückte er ihr lieber 2000 Euro in die Hand. Mehr … nein, eigentlich konnte er auch die nicht entbehren. Aber irgendwie fühlte er sich besser. Aber wenn ...
I have an idea. Why don´t you go back alone and I save Nastjenka against all offices till we can come together as an entired family. In this time I teach her German. I will take me the time.“
Was erzählte er da nur?! Dass er sich die Zeit, das Mädchen die deutsche Sprache zu lehren, nicht nehmen musste, weil er im Überfluss davon haben würde, warum sagte er es nicht endlich? Er wusste ja nicht einmal, ob er je würde jemanden gegen Ämter beschützen können. Die Hoffnung auf ein Leben mit Nastja aber bliebe erhalten, bis....
You take her with violence?“
Was sollte die Frage? Ob er Nastjenka mit Gewalt wegnehmen könnte? Wieso das? Auf keinen Fall. Was traute sie ihm zu? Aber der Klang ihrer Stimme … Nein. Das war keine Frage. Das war eine Aufforderung, es so darstellen zu dürfen. So wäre das Problem, Nastja über die Grenze zu bekommen, bereits gelöst. Sie wäre schon hier und Galja würde dann alles tun, um für immer nachzukommen.
Aber die Zweifel in Galjas Augen. Wie lange? Woher sollte er das wissen? Und offen lügen wollte er nicht. Nur bittend sah er sie an.
With violence. With violence ...“
You tell it Nastja? You tell her that she has to do what I order her to do? You tell her with every German word she can use the chance is higher to get her mother back here for ever?“
Yes, I´ll do so.“

Sie schliefen kaum in der letzten Nacht, auch nicht miteinander, sie lagen nur dicht an dicht. Bevor sich Galja von Michael verabschiedete, drückte sie ihm etwas verlegen eine frische Dose mit Kamillencreme in die Hand.
Nastjenka often becomes sore…“ „I know ...“

xxx


Der Morgen kam. Eigentlich Zeit zum Abschied nehmen.
Kaum, dass Galja ihre Nastja sah, presste sie sie an sich, als wäre sie ein Elektromagnet. Was sie redete war russisch. Michael stand mit herabhängenden Armen daneben. Wie viel Zeit mochte schon vergangen sein. Michael traute sich nicht einmal, auf die Uhr zu schauen, ob sie denn noch die S-Bahn schafften, die er herausgesucht hatte.
Wortlos begleitete Michael die beiden zum Flughafen. Während der Abfertigung klammerte Galja sich an Nastja fest, als erwartete sie jeden Moment, der deutsche Mann könnte ihr das Mädchen wirklich plötzlich entreißen. Eine Umarmung. Ein Kuss. Flüchtig wie ohne die Nächte zuvor. Endlich trafen Galjas und sein Blick aufeinander. „Ich kann nicht.“ Das klang sehr deutsch. Galja hatte sich sonst kaum bemüht, deutsche Wörter zu behalten. „I know I can trust you but… Ich kann nicht.“ Er hatte selbstverständlich die Tickets bezahlt.
Michaels Arme halb angewinkelt zwischen Winken und sinnlosem Baumeln. Glücklicherweise war Max nicht mit. Oder unglücklicherweise. Er hätte vielleicht abgelenkt.
In der S-Bahn heimwärts hatte Michael einen Fensterplatz. Gärten, Häuschen, grauer Himmel… verschwommen flogen sie an Michaels Augen vorbei. Einen Moment lang lächelte er. Er hatte sich nicht als Verlierer outen müssen. Er brauchte es nicht mehr zu tun.
Zu Hause angekommen folgte er dem Hauch eines vertraut gewordenen Parfums durch alle leeren Räume. Auf seinem Nachtschränkchen entdeckte er Galjas – oder sollte er sagen Nastjas? – Kamillencremedose. Er nahm sie in die Hand, drehte sie hin und her, ging in die Küche, öffnete den Abfalleimer, verharrte einen Moment und warf dann alles in den Müll. „Sie hat mir nicht vertraut“, sagte er halblaut, und durch den Kopf ging ihm „She didn´t trust in me.“
Tagelang hoffte er noch auf eine Antwort, ob Galja denn gut angekommen sei.

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