milane
schwarz unter wolkengittern
flügelschwirren
über
ödland
zu weit entfernt
um schatten auf die erde
zu werfen
geräusche
die mir der wind zuweht
so en passant
Ach ja ... wenn mir doch der Wind nur die Geräusche schwirrender Milane zuwehte ... Ein herrlich in sich absurdes Bild. So eine Lyrik, die nicht rational verstanden, sondern empfunden werden will ... Außerdem mein längstes Gedicht überhaupt ... und ich bin sogar sehr stolz darauf -" Moritat vom Tal der Blinden"- und aus 2008 am donnerstag
Nein, "Mit einem unnützen Mädchen" war nicht als Horrorgeschichte gedacht. Aber bisher ahnt man noch nicht, worauf es hinausläuft:
Ich erzähle Tanja eine Gutenachtgeschichte. Dann streiche ich ihr über die Stirn und frage im Tonfall des vorangegangenen Märchens. Wenn plötzlich zwei Männer kämen und wollten uns beide an einen Ort holen, an dem wir noch nie gewesen sind und von wo wir nie mehr zurückkämen, möchtest du dann mit? Tanja murmelt Ist es da schön? Und ich antworte, Schöner als hier. Tanja ist zufrieden.
Als ich unter die Decke krieche, hat sie sich wie ein Embryo zusammengerollt. Kaum spürt sie meine Nähe, versucht sie mich wie einen Teddy zu umfassen. Obwohl ich sie ganz gleichmäßig atmen höre, kann ich nicht einschlafen.
27. November, 7.30 Uhr. Ich habe geträumt, in meinen Schützengraben dringt eine weiße Wolke ein. Winzige Sternchen krabbeln in meine Nase. Ich möchte allzu gern niesen, aber es geht einfach nicht. Ich hole tief Luft … und endlich pruste ich alle diese Gassternchen wieder aus, öffne die Augen und … sehe in Tanjas verschmitztes Gesicht. Sie lacht und dann krümmt sie sich und sieht hoch und krümmt sich schon wieder – wegen meiner Grimmasse. Endlich entdecke ich das Haar in ihren Fingern, das sie gerade aus meinem Nasenloch gezogen hat, und rufe Na warte! Wir balgen herum …unser letzter Tag.
Tanja ist beim Frühstück sehr still. Mit mir scheint etwas nicht in Ordnung. Tanja fragt nicht, guckt mich prüfend an. Aber was soll ich sagen? Die Wahrheit? Mühsam unterdrücke ich meine zitternde Wut wegen der Leute, die viele Leben auf ihrem Konto horten. Die sie nie verbrauchen. Die schon halb an ihre künftige virtuelle Welt angeschlossen sind. Ihre Ewigkeit funktioniert, solange die vulgäre Erde ihnen Energie in den Kreislauf pumpt. Mit einer Schaltung am großen Zentralcomputer wären alle Unsterblichen gelöscht.
Davon wage ich nicht zu träumen. Mein unnützes Ich, was soll ´s? Es ist der Lauf dieser Welt.
Meine Karte piept. Oh nein, jetzt schon? Habe ich nicht noch knapp sechzehn Stunden zu leben? In der Tür stehen tatsächlich zwei Herren. Sie sind korrekt gekleidet, schlichte graue Anzüge mit weißen Hemden, deutlich jünger, als ich sie von der Homepage her in Erinnerung habe. Wir sind wegen der Operation da. Wer von Ihnen soll verewigt werden?
Soll das witzig sein? Als ob sie uns ins ewige Leben brächten! Tanja drückt sich ängstlich an mich. Ich flüstere ihr zu Das sind die Männer, von denen ich dir erzählt habe. Noch immer verschüchtert, aber jetzt auch neugierig schaut Tanja hoch. Ich lege ihr einen Arm um und antworte Wir beide gemeinsam. Wenigstens das werden Sie uns wohl gönnen, oder? Die Männer sehen sich irritiert an. Ja, wir hatten das wohl missverstanden… Selbstverständlich. Die Wünsche unserer Kunden sind uns Befehl. Ich versuche, kühl und beherrscht zu wirken. Wenigstens, solange Tanja nicht heult.Wir sind gleich fertig.
Sie führen uns zu ihrem Fahrzeug. Wow! Was für eine versnobte Karosse! So was von früher: Ausgefallene Sonderanfertigung mit viel Platz im Innenraum und Extras. Schnell, leise und komfortabel. Und das für die letzte Fahrt des Lebens, bezahlt aus Steuermitteln! Wie bei künftigen Unsterblichen! Leider sind unsere Fenster abgedunkelt.
Tanja ist noch nicht richtig aus dem Staunen heraus – sie braucht immer lange, sich an neue Umgebungen zu gewöhnen – da müssen wir aussteigen und stehen vor einem hellen Gebäude. Man lässt uns keine Zeit zum Umsehen, schiebt uns weiter. Erst in einem Empfangssalon bleiben wir stehen. Unsere Begleiter ziehen sich zurück. Irgendwoher erklingt leise harmonische Musik. Wände in schlichten Ockertönen. An mehreren Stellen Regale und Schränkchen. Rechts ein riesiger Rollschrank.
Ich kann meinen Blick nicht länger von der Mitte des Raumes wegdirigieren. Dort wartet der OP-Tisch. Eine mit einem weißen Laken überzogene Liege. Über ihr ein Strahler wie beim Zahnarzt, nur größer.
(Fortsetzung folgt)
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