Mittwoch, 22. Juni 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1062


Etwas ist in mir zerbrochen
Doch ich weiß nicht was es ist
Hab mich in mich selbst verkrochen
Zweifel nagt an mir und frisst

Hab gewagt und hab verloren
Alles was mich stolz gemacht
Hab weder Aug’ noch hab ich Ohren
Für des Lebens große Pracht

Gedanken drehen sich im Kreise
Finden nirgends einen Halt
Ich will schrei’n und bleibe leise
Nur die Hand zur Faust geballt


Ja, auch diesmal ist Peter Kahn Gast der "Gedichte des Tages". Dazu kommt ein worträume 2.0-Kandidat "... und tschüßund der Rückblick nach 2008 Gunda-JaronEine Antwort auf "Liebe ist der Weg": "Misshandelt".

Und nun die alltägliche Prosa-Fortsetzung:

Der Mann, der Anna Roth wurde (8. Fortsetzung)

Das sympathische Mädchen mit den kaum zu bändigenden braunen Locken lächelte zufrieden. Sie warf den Kopf nach hinten und ließ den Blick schweifen. Etwa 800 Jugendliche hockten auf ihren mitgebrachten Kissen in der Sporthalle um sie herum. An den T-Shirts prangte der Madenapfel, das Fan-Club-Zeichen, das sie verband. Alle zwischen 14 und 24 Jahren. Politik? Es war noch nicht lange her, da fanden sie die total abtörnend. Ätzend langweilig. Und überhaupt: Was sollten ausgerechnet sie ausrichten? Wo sich Geldlobbies gegenseitig Spitzenjobs zuspielten, abwechselnd, um den Wahlgängern vorzugaukeln, sie würden mit ihren Kreuzchen die Politik ändern? Vor drei Jahren hatten ein paar Optimisten beschlossen, gemeinsam nach neuen Lösungen zu suchen. Die Anna-Roth-Merchandising hatte einen Preis gestiftet für die besten aufgeschriebenen Ideen oder Geschichten vom Weg zu einer Welt ohne Geldhaie und Medienzaren.
Anna wurde als Idol linker Geisteshaltung vermarktet. Bei anderen wären es Fußballer, Rennfahrer oder Sexsternchen gewesen.
Daneben stehen und meckern kann jeder. Seid ihr Kinder, die etwas heimlich haben möchten, es aber eklig nennen, weil sie es nicht bekommen? Wir zeigen, dass wir diese Welt verabscheuen, weil wir sie verstanden haben. Und vergesst nicht, auch wir brauchen Geld für unseren Kampf. Selbst, wenn das letzte Ziel dieses Kampfes die Abschaffung des Geldes wäre.“
So wurde das Festival „Wir tun ´s“ geboren. Einer hatte ein riesiges Gelände in Mecklenburg aufgerissen. Die Gemeinde dort brauchte dringend Publicity. Ein paar Unermüdliche schrieben die verschiedensten Gruppen an: Zeigt, wie ihr leben wollt! Was möchtet ihr gemeinsam erleben? Was möchtet ihr an der heutigen Welt verändern? Wie würdet ihr das angehen?“ Die ersten Festivaltage entwickelten sich locker, beinahe im Selbstlauf. Auf dem Gelände wurden Stände aufgebaut. Ganz unterschiedliche. Zelte ohne Ende, Bilder wurden gemalt, Kleider gestaltet, Adressen getauscht. Überschriften gab es viele: Wie bleibt die Erde grün? Wie wird die Erde rot? Machen wir die Erde bunt! Die Ansätze der Gruppen waren ja sehr verschieden. Aber eines verband sie: Drei Tage gehörten dem Zusammensein. Das Festival sollte zur Tradition werden. Romantik, Lagerfeuer, ineinander übergehende Gesänge, Streitgespräche, Kontakte jeder Art. Pfiffige junge Linke knüpften ihre Beziehungen in den Waschzelten. Solche fürs Leben. Sie diskutierten, spielten miteinander, liebten sich … manchmal pennten sie sogar. Zu Anfang waren etwa 300 Anna-Roth-Fanclubs vertreten. Die brachten die ersten Ideen und Kontakte mit. Jetzt, im dritten Jahr, waren es etwa 800. Sie hatten ihre Tagesordnung. Aber was das Mädchen am Rednerpult nun verkünden wollte, stand nicht darauf.
Als nächstes begrüßen wir einen besonders lieben, unerwarteten Gast, direkt zu uns aus Japan gekommen. Freuen wir uns auf Anna Roth!“
Irgendwas sagte das Mädchen noch. Es kam nicht gegen den aufbrausenden Lärm an…
Lärm weckt mich. Nur hat der nichts mit Anna Roth zu tun, sondern mit Tim, der gerade ein Huhn wie einen Falken auf der Schulter sitzend mit ins Haus gebracht hat. Dieses Huhn hat etwas fallen lassen, Tim hat es ausschimpfen wollen, es aber nur erschreckt, sodass es ins Büro geflüchtet ist.
(Fortsetzung folgt)

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