Montag, 27. Juni 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1066

Slov ant Gali
In der Dämmerung

Es gleicht das Leben einem Spiel.
Es macht mich krank wie Sucht.
Und manchmal wird es mir zu viel;
Dann hoffe ich auf Flucht.

Ich frage mich, wie mach ich´s bloß?
Wann lass ich davon ab?
Werd ich das Leben niemals los,
versenkt in stillem Grab?

 Schon fängt die nächste Runde an,
ich seh´ mich sie verlier´n
Am Ende wieder hinten dran,
stets fünfter unter vier´n.

Nur manchmal beim Spazierengehn
umarm ich meinen Baum.
Ich hab mich drunter ruhen sehn.
Noch flieh ich diesem Traum.

Das ist eindeutig ein Worträume 2.0-Kandidat- . Er gehört zu den morgigen "Gedichten des Tages - genau wie das "Testgedicht"  Worte wagen  und das vom 28.6.2008   Win-win 2 – das böse märchen
Was an Prosa heute dran ist, ist keine Frage: Es geht weiter mit der begonnenen Geschichte:

Der Mann, der Anna Roth wurde (12. Fortsetzung)

„Das war schon vor unserer Zeit da. Die Magers nebenan liefen immer nackt auf dem Hof herum und fühlten sich von den angeblichen Blicken unserer Vorbesitzer belästigt … Das hat einen langen Gerichtsstreit gegeben.“
„Versteh ich nicht. An das Angegucktwerden gewöhnt man sich doch. Und mit der Zeit wird das Gucken eh langweilig.“
„Na ja, das ist wohl die Frage, wen man anguckt.“
Vorsichtig steigen wir wieder hinunter. Einige Stufen existieren nur noch als Andeutung. Da reiche ich Anna meine Hände.
„So, da bleiben nur noch Tims Zimmer und die Bibliothek, wie du sie aus den Videos kennst. Das war ´s.“
„Nanu? Diese Tür hast du aber nicht erklärt. Ist die verboten? Wie in dem Märchen von den dreizehn Türen? Die verbotenen sind aber die interessantesten.“
„Ich dachte, das ist klar. Das ist das Schlafzimmer.“
„Und das willst du mir vorenthalten? Wenn ich dein ganzes Haus kennen lernen soll? Da darf mich das wohl interessieren. Oder ist es allein der Geschmack deiner Frau?“
Was soll ich darauf antworten?
„Also bitte!“
Ich öffne die Tür und bleibe darin stehen.
Anna drängt mich zur Seite.
„Wow! Ist das romantisch! Aber da steckt ja kein Schlüssel von innen! Gibt es denn gar nichts, wobei der große Künstler ungestört bleiben möchte?“
„Komm lieber! Wir haben einiges zu bereden, was nicht zwischen Tür und Angel geht.“
Ehe ich mich versehe, sitzt das Mädchen auf der Bettkante. „Von wegen zwischen Tür und Angel! In so einem Bett möchte ich einmal verführt werden. Auf welcher Seite liegst du, Tom?“
Ich trete an Anna heran, ergreife ihren Arm, um sie wieder hochzuziehen, aber ich stolpere. Ob ich stolpern wollte? Auf jeden Fall lande ich neben Anna auf dem Bett mit der Hand an ihrem Arm.
„Anna, ich …“
Anstatt ihren Arm loszulassen ziehe ich sie an mich. Und auch den zweiten Arm leg ich um sie, küsse sie mit kaum zurückgehaltener Leidenschaft. Und sie küsst mich zurück. Vielleicht hätte ich mich im nächsten Augenblick entschuldigt, aber da flüstert Anna: „Na endlich! Ich dachte schon, ich gefalle dir nicht.“
Das Kleid fliegt auf den Stuhl in der Ecke. Dann fühle ich Annas Arme und ihren Mund.
„Ist dir schon aufgefallen, dass sich die Helden deiner Geschichten nie küssen? Ich dachte, du kennst so etwas nicht.“
In mein Tagebuch schreibe ich über diese Begegnung:
„… und Adam erkannte sein Weib Eva …“
(Fortsetzung folgt)

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