Dienstag, 10. Dezember 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1935

Der nachfolgende Text war sozusagen ein "Reservekandidat", bei dem bis zum Schluss offen war, ob er in die Sammlung aufgenommen würde. Nun ist klar, er wurde:
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Das Oppi der Reife

 
Schweigend beobachtete Luna ihre beiden großen Schwestern.
Mika war schon angezogen. Was die an Bräunungscreme eingesetzt hatte! Aber an diesem Tag war wohl alles erlaubt, was schön machte. Zumindest die in ihre blauschwarzen Haare eingeflochtenen roten Blüten. Auch Jasmin hatte ihre Haare ja wachsen lassen, seit ihr erster Tropfen die Wäsche weiblich gerötet hatte, um an ihrem Oppitag gut auszusehen.
Und Luna? Ihre Haare ließ sie inzwischen ohne Frisur. Noch ein Jahr und dann wäre sie dran.
Das würde Tänze geben! Dieses Kleid! Die Arme ließ es frei, über den unsichtbar angehobenen Brüsten wurde es von einer einzigen Spange zusammengehalten, an der drei Onyxe glühten. Bis über die Hüften war es eng geschnitten, um dann weit schwingend bis zu den Waden zu fallen. Schneeweiß, voller Spitzen, Volants und zarten Rüschen betonte es die Haut, die glatt aussah und dunkel wie das Ebenholz aus dem Märchen. Es machte aus Jasmin eine richtige Märchenprinzessin.
Die Haare fielen noch lose und voller natürlicher Locken über die Schultern. Frisiert würde erst nach dem Oppi. So war es Brauch. Weil dann alles schnell gehen musste, hatten die großen Mädchen wochenlang das Flechten geübt. Da würde Luna den ganzen Tag lang das Aschenputtel bleiben.
Mika hatte Sternchen aufgelegt. Trotzdem zog nur Jasmin die Blicke auf sich, als sie stolz durch die breite Gasse der erwartungsvollen Gäste zwischen Anzieh- und Operationszimmer schritt. Obwohl der Weg nur wenige Meter lang war, kostete er die Reifekandidatin mehrere Minuten. Alle wollten ein paar liebe persönliche Wünsche loswerden und das große Mädchen kurz drücken. Ihre beiden fast gleichaltrigen Schwestern waren total vergessen.
Luna wurde es schließlich langweilig. Sie schlängelte sich zwischen den Festgästen hindurch. Onkel Bori fragte gerade seine Begleiterin, ob sie sich Jasmin besser als Politikerin oder als Mutter vorstellen könne.
Na, ein Glück, dass ihr die Entscheidung abgenommen wird. Du wärst früher bestimmt scharf auf sie gewesen oder wie man das genannt hatte. Siehst du, nun bist du glücklich mit mir und alles hat seine Ordnung. Das ist eben so eine Sache mit dem Denken. Du kannst dich damit vernünftig anpassen, dann brauchtest du vielleicht gar kein Oppi, du kannst aber auch zum Aufrührer werden. Stell dir vor, du kämst dann zur Macht! Das wäre ja Revolution, wäre das ja.“

Die Frau sprach dieses Wort mit einem Ekel in der Stimme, als hätte sie einen Regenwurm in ihrem Sektglas gefunden. Von Aufrührern und Revolution hatte Luna im Geschichtsunterricht gehört. Mussten das seltsame Zeiten gewesen sein, als es noch keine geregelte Denksteuerung gab! Die Leistungsträger mussten ungeheuren Aufwand treiben, um herauszubekommen, was die Leute dachten und wie man sie unbemerkt mit geschmückten Gedanken füttern konnte, damit sie zum Schluss endlich dachten, was sie sollten. Trotzdem waren die meisten Menschen unzufrieden, es gab Schlägereien, kleine und große, Diebstahl, Mord und noch größere Verbrechen wie eben Revolutionen! Wie so schlechte Worte wohl in die Unterhaltung der Erwachsenen hineingeraten waren? Wo das doch längst Geschichte war ...

***

Die "Gedichte des Tages" leiden nur etwas darunter, dass overblog wahrscheinlich wieder am Schluss den Adventskalender verbirgt:

  Weihnachten ist ja bekanntlich das Fest der Familie und der Kinder. Ist es da nicht nahe liegend, dass auch hier "Kinderreime" eine Rolle spielen? Auch wenn sie nur den Weg behandeln, wie man denn zu den lieben Verwandten kommt? Na, es gibt ja noch das Adventstürchen:

Adventsfenste2-11.jpg


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