Freitag, 20. Dezember 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1944

Diesmal zuerst ein Blick auf die "Gedichte des Tages":

 Wie fängt man einen "Albtraum" sprachlich ein? Dem eine adäquate Form zu geben ist nicht so leicht ...

 Passt Spitzweg in die Weihnachtszeit? Vielleicht wegen seiner Idyllenbilder ... Sind wir nicht manchmal alle kleinbürgerlich "spitzwegig"?!



Adventsfenste3--21.jpg














Es folgt ein Stück Prosa:

Thomas Staufenbiel

Fallende Tendenz

Mitnichten, denke ich, doch sollte ich von vorn beginnen, damit sich meine geneigten Leser selbst ein Bild von der Sachlage machen können.
Aufgrund einer nicht unbedeutenden Wegstrecke zu meiner Arbeitsstelle, einem Bürogebäude am schönen Mainufer, sehe ich mich gezwungen – man lernt die Bequemlichkeit zu schätzen – mit dem Auto zu fahren. Jenes ist bereits ziemlich alt und hat in seinem blechernen Leben die eine oder andere schöne Zeit vor mir erlebt. Sei es nun dem Alter oder der Seele dieses nicht allzu treuen Freundes zuzuschreiben, Fakt ist, der Ärger überwiegt jede Fahrfreude. Habe ich es geschafft – der klemmenden Tür wegen ist allein dies schon ein Meisterwerk – auf dem Sitz Platz zu nehmen, muss ich zunächst der Zündung die Stirn bieten. Sie scheint ihren eigenen Willen zu haben und eben - Technik entspringt menschlicher Kreativität inmitten unkontrollierter Gefühls-ausbrüche - nicht jeden Tag einen guten Tag. Mit Wut im Bauch erreiche ich mein Ziel nie. Das habe ich zwar schon früh erkannt, doch nicht immer ist es leicht, sich zu zügeln. Mit ein wenig gutem Zureden springt der Wagen jedoch meistens an. Ist mein Ziel erreicht, hadere ich wieder mit der klemmenden Tür. So geht das tagein, tagaus mit meinem alten Schrotthaufen.
Nichtsdestotrotz, ich bin froh, dass ich einen fahrbaren Untersatz habe. Jetzt heißt es allerdings – hatte. Richtig, bis gestern. Aufgrund eines Unfalls erlitt ich, oder besser mein Auto, einen Totalschaden. Schuld war wie immer der Andere, trotzdem ist das Gefährt nun Geschichte. Ade, Bequemlichkeit, und hattest du auch deine Macken.
Erwähnte ich schon meinen nicht unbedeutenden Arbeitsweg? Ja? Gut, dann kennen Sie diesen Fakt bereits. Was blieb mir also heute Morgen übrig?
Wirst du wohl über deinen Schatten springen. Was andere schaffen, sollte für dich doch eine Kleinigkeit sein!“, ermunterte ich mich selbst und schritt erhobenen Hauptes gen Osten, nur um mir Minuten später klarzumachen, dass dies der falsche Weg war. Die Bushaltestelle liegt auf der anderen Seite. Gut, es läuft sich auch besser mit der Morgensonne im Rücken.
Von meiner Wohnung – mit Garage – bis zur Haltestelle benötigt man auch als ungeübter Fußgänger nur wenige Minuten, vorausgesetzt, man wendet sich gleich in die richtige Richtung. Nun wusste ich natürlich nicht, wann eine dieser schaukelnden, Menschen verschlingenden Blechbestien die Haltestelle heimsuchen würde. Meine Laune stand auf „wechselhaft“. Als ich ankam, funkelten nur noch die Rücklichter eines Busses – ähnlich den zwei glühend roten Augen des Teufels – höhnisch in der Ferne. „Wechselhaft mit Tendenz fallend“, änderte sich mein Stimmungsbarometer augenblicklich. Mir entglitten die Gesichtszüge und einige Worte des Zorns, die ich hier nicht wiederholen möchte. ... 

(Weiter in:
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