Gefällt mir
gefällt mir nicht
erfahrt ihr wirklich noch
eine Meinung
Menschen
ohne Worte
fühlt ihr euch wirklich noch
verstanden und verinnerlicht
wirkt doch
ein Daumen hoch
ohne wirklich einen Finger
krumm zu machen
wie die Hand
die andere bloß wäscht
muss sie sich selber nicht beschmutzen
die am Ende
aalglatt
sich einfachzählt zu dem Rest
irgendwer
von denen die gemeinsam hängen
irgendwo
in den engen Maschen
unserer sozialen Netze
sind die wirklich haltenden Hände
doch dabei abzuzählen
an einem scheinbaren Finger
gefällt mir nicht
erfahrt ihr wirklich noch
eine Meinung
Menschen
ohne Worte
fühlt ihr euch wirklich noch
verstanden und verinnerlicht
wirkt doch
ein Daumen hoch
ohne wirklich einen Finger
krumm zu machen
wie die Hand
die andere bloß wäscht
muss sie sich selber nicht beschmutzen
die am Ende
aalglatt
sich einfachzählt zu dem Rest
irgendwer
von denen die gemeinsam hängen
irgendwo
in den engen Maschen
unserer sozialen Netze
sind die wirklich haltenden Hände
doch dabei abzuzählen
an einem scheinbaren Finger
Auf jeden Fall ist es mutig, die Illusion des "sozialen Netzwerks" innerhalb einer unsozialen Gesellschaft lyrisch fassen zu wollen. Bei dem Sebastian Deya lohnt allerdings das zweite, langsame Lesen.
Wir sind bei den Gedichten des Tages vom 20. Juli. Da gesellen sich zu dem obigen "herein?" und
die magische lampe von 2008.
Dann eine Trauernachricht in Prosa: Die folgende Fortsetzung ist mindestens im Augenblick das letzte Textstück zu dieser "utopischen Idee" ...
Mit dem Toaster fing es an oder Die Kraft der linken Hand
8. Fortsetzung
Natürlich hätte ich schon lange als Volksredner versuchen können. Aber mir fehlte außer dem Talent, meine umfassenden Theorien in Freisprech-Schauen zu verwandeln, auch jenes leicht übersteigerte Selbstbewusstsein, auf eine Bühne zu steigen und zu erwarten, irgendwelche Massen wollten das hören, was man sagen will. Ich hatte nur das Sendungsbewusstsein verkannter kleiner Propheten, andere Menschen, nein, eigentlich die ganze Menschheit müsste von dem überzeugt werden, was ich gesagt hätte, hätte ich es denn gesagt. Die Vision, unter den gewaltigen Kräften, mit denen Menschen alles Leben auf der Erde so umfassend verändern konnten, wäre mindestens eine, die frei gesetzt die Menschheit vernichten würde, weil sie einfach zu groß waren, um an Verdienstabsichten irgendeines Privaten geknüpft zu werden. Das Wissen, dass jeden Tag ein unermesslicher Reichtum zerstört wurde – egal ob unbeabsichtigt wie z. B. durch die Folgen des fortschreitenden Klimawandels oder mit Vorsatz durch Rüstung und Krieg. Die Überzeugung, dass diese Verknüpfung längst nicht mehr nötig gewesen wäre, dass der Wissensschatz der Erde ausreichte, um jedem Menschen der Erde ein gutes Leben ohne Hunger und mit sinnvollen Beschäftigungen in angenehmem Umfang zu sichern. Anstatt dessen kämpften angeblich kluge Köpfe sogar noch darum, wie mit Lizenzen möglichst alle Anderen von ihrem Wissen ausgeschlossen werden konnten!
Aber wer sollte daran etwas ändern? Wer konnte das?
An der Stelle stockte ich. Mir schwindelte wie beim Blick vom Fuß zur Spitze eines Hochhauses. Mit meiner linken Hand konnte ich vielleicht die Lawine anstoßen, die notwendig war. Den Rest würden die Anderen machen. Immerhin gab es schon ein paar Minipropheten, bei denen es technisch leicht sein musste, ihnen persönlich auf die Schulter zu klopfen. Sie brauchten nachher gar nicht so völlig neue Reden zu schwingen, man würde ihre Veränderung vielleicht nicht einmal bemerken.
Ich begann also damit, eine Liste von Mikro-Kommunisten und -Sozialistenführern zusammenzustellen. Ich begann mit der DKP und trug die Namen der alten Genossen und der Landesvorsitzenden zusammen, dann die SDAJ und dann die anderen Grüppchen, die alle überzeugt waren, die reine Lehre geerbt zu haben, egal von wem, ob sie sich Partei oder Gruppe oder noch anders nannten. Dann folgten jene Parteichen und Vereine mit dem erklärten Ziel der sozialen Gerechtigkeit, dann jene Gemeinschaften, die alle vor mir auch schon den Einfall gehabt hatten, man müsse mehr oder weniger radikale Linke miteinander vernetzen. Es war eine sehr große Datei. Dabei verzichtete ich sogar noch auf die offiziellen Vertreter der Partei Die Linke. Die würde man später zwar brauchen, doch hatten die wirklich entscheidenden Personen einfach einen zu großen Apparat zur persönlichen Abschirmung ihrer Verdienstmöglichkeiten und Terminpläne. Für die Beteiligung an Regierungen würden sie alle eventuellen Reste eigener Visionen entsorgen. Warum nicht umgekehrt: Koalitionen mit überraschend erfolgreichen Kommunisten? Natürlich spielten auch kreative Köpfe aus der Piratenpartei eine große Rolle auf meiner Beuteliste. Zwar wussten die meisten von ihnen noch nicht, dass ihre Gedanken und Forderungen eigentlich nur über den Kommunismus umsetzbar waren, und hätten sich gegen die Unterstellung einer geistigen Verwandtschaft mit Händen und Füßen gewehrt, aber dafür waren sie jung, einfallsreich und modern in ihrer Kommunikation. Was ihren unverbrauchten Wortführern an gesellschaftlicher Gesamtsicht und Überzeugung fehlte, sollte ein kräftiger Kumpelschlag in Sekundenschnelle ersetzen. Ich hoffte auf ein im Handstreich erobertes Internet …
9. Fortsetzung
Manche Dinge funktionierten fast im Selbstlauf. Ich suchte ein Datum Anfang des folgenden Jahres. Es kamen eigentlich nur das Wochenende der Liebknecht-Luxemburg-Erinnerung oder das der Luxemburg-Konferenz der Zeitung „junge Welt“ in Frage. Beide Gelegenheiten führten traditionell fast alle um potentiell Linke ringende Agitatoren auf engem Berliner Raum zusammen. Letztlich entschied ich mich für das LL-Wochenende. Das läge hinter dem anderen. So hoffte ich, bei dieser Gelegenheit noch möglichst viele bis dahin Unerreichte ins Reich meiner gleich Gesinnten händeln zu können. Als Ort bot sich das Kino Babylon an. Die Leute dort waren an solcher Publicity interessiert und boten für meine Versammlung genau die richtige Größe.
Der Rest war langweilige Routine. Ich schmückte meine Armschiene mit etwas echtem Gips und Unterschriften fiktiver Freunde und arbeitete Termin um Termin ab. Das Gemisch aus Händedruck mit der mystischen Linken und Kitzel an der Eitelkeit der Gesprächspartner wirkte Wunder. Jedem erklärte ich, dass ich genau seine Gruppierung als erstes befragte, und dass alle Absprachen vorbehaltlich der Zusage der Anderen galten, und natürlich würde es bei denen viel schwieriger werden, sie zur Vernunft zu bringen.
Ich war mir nicht sicher, ob mein Händedruck wirklich jeden Vorbehalt gegen andere aufhob. Amüsant fand ich allerdings den Gedanken, unwissentlich gerade mit einem V-Mann des Verfassungsschutz zu reden, der zu mehr Militanz und Einzelaktionen anstacheln sollte, um nachher über Militanz und Einzelaktionen in der linken Szene zu berichten. Nun würde er plötzlich selbst von der Sache überzeugt sein, gegen die er zu schnüffeln hatte – und friedlich mitmachen. Seine Vorgesetzten wären enttäuscht.
Je näher allerdings der Tag der ungewöhnlichen Veranstaltung kam, umso nervöser wurde ich. Mir wurde bewusst, dass ich im Kreis aller Teilnehmer als Kompromisskandidat für den Vorsitz der erhofften Partei in Frage kommen könnte. Bloß das nicht! Obwohl …
Welch vergnügliche Aussicht, im Fall eines kleinen Erfolges, also des Einzugs einer Fraktion in den Bundestag, der Bundeskanzlerin persönlich die linke Hand geben zu können und die spräche sich plötzlich für den Kommunismus aus! Nur wie lange konnte ein Mensch mit einem Gipsarm herumlaufen, ohne Aufsehen zu erregen? Und bei ersten Nachforschungen stieß ich auf ganz vulgäres Problem: Die Sicherheitseinrichtungen im Reichstag erlaubten keine metallischen Gegenstände für Besucher. Das Scharnier meines rechten Arms aber war metallisch …
(Fortsetzung folgt zumindest vorerst nicht. Der Text ist z.Z. so eingebettet ins Komodo-Projekt)
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