Sonntag, 24. Juli 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1094

als der genial
konstruierte torpedokäfer
zum siebten mal
gegen die gleiche
scheibe prallte
erklärte er
den staunenden fans
auf diese weise
zeige sich
seine gradlinigkeit

Bin ich unbelehrbar? Zumindest habe ich in die "Gedichte des Tages" von übermorgen ein nicht sonderlich tolles Testgedicht aufgenommen ("Morgenhorror") und die Erinnerung an den Tag vor drei Jahren ( nomen est omen).

Also weiter in Prosa mit
"Uljanas New Home":


4. Fortsetzung
Argwöhnisch beobachtete Jenny, wie sich alle bis auf Onja, mich und sie selbst hinhockten, um die blauschwarzen Kugeln von den Dolden abzustreifen. Auch mir war irgendetwas unheimlich. Ich konnte aber nicht sagen was. Nicht einmal andeutungsweise. In meinem Overall und obwohl es doch auf der Landelichtung so warm gewesen war, dass schon allein deshalb niemand hätte etwas überziehen wollen, begann ich zu frösteln. Um uns herum schien ein Geräusch zu sein. Ein unbekanntes, so, na vielleicht ein Wispern, ein Rauschen, das nicht vom Wind kam, oder so in der Art. Wenn es nicht so absurd gewesen wäre, hätte ich behauptet, es wären die Bäume in ihren Kronen. Mein Blick kreuzte Jennys. Sie schien auch beunruhigt, dass ich ihr zuflüsterte: „Du hörst es also auch?“
Genau in dem Moment waren die anderen mit Pflücken fertig und es hörte auf. Oder die anderen übertönten es und es wäre zu viel von ihnen verlangt gewesen, wenn sie hätten still sein sollen, nur damit wir genauer hören konnten, dass wir wahrscheinlich nichts hörten. Wenigstens hatte noch niemand wegen der Schutzkleidung gemurrt, obwohl sie absolut überflüssig schien. Während unserer Gefangenschaft bei Onjas Truppe hatten wir Menschen uns ans barfuß Laufen gewöhnt, und mich reizte es genau wie Onja, herauszufinden, worauf wir da leider nicht mit nackten Sohlen herumtrampelten. Anscheinend liefen wir die ganze Zeit auf einem dichten, geschlossenen Moospolster. Der so gar nicht meiner Vorstellung einer tropischen Wildnis entsprechende Wald erinnerte mich immer mehr an Frank und wie wir damals die zugewachsene Straße gefunden hatten. Wäre die Aussage des Computers nicht gewesen, ich hätte angenommen, wir bewegten uns durch eine leicht verwilderte Plantage.
Wir waren inzwischen mehr als eine halbe Stunde gelaufen. Keiner alberte wenigstens ein bisschen herum. Erschöpft konnte noch keiner sein, aber wir trotteten einfach wortlos weiter. Für einen Ausflug auf einem unbekannten neuen Planeten war absolut nichts los. Wozu waren wir dann extra allein los gezogen?
Noch eine Erinnerung beschäftigte mich: „Wisst ihr noch. Das erste, was uns damals auffiel, waren die fehlenden Vögel. Und was ist hier? Keine Vögel.“
Weiter Schweigen. Plötzlich murmelte Sarah: „Ich möcht wieder zurück. Vielleicht schaffen wir es sonst nicht rechtzeitig.“
Mensch, wir haben fast zwei Stunden Reserve. Wir ...“
Ich legte Jenny die Hand auf die Schulter. „Lass, morgen ist auch ein Tag. Wir machen kurz Rast und dann tigern wir ganz gemächlich zum Schiff zurück, einverstanden? ... Wir können dabei wenigstens ein paar Pflanzenproben für die Computeranalyse mitnehmen.“
Wie aufregend! Man könnt glatt glauben, wir sind hier im Actionfilm. Also meldet euch, wenns losgeht, ja?“ Jenny ließ sich gelangweilt neben einem dicken Stamm nieder.
Komuno und Komuna, die Koom-Zwillinge, nun wusste ich ihre Namen wieder, waren sofort Feuer und Flamme. Sie hatten ihre Strahler auf Punktstrahl gestellt. Nun warteten sie auf meine Weisungen. So richtig eifrig war ich aber auch nicht gerade. Ich führte Selbstgespräche, ohne darauf zu achten, ob mir jemand zuhörte. „Irgendwie eigenartig. Anfangs hätte ich gedacht, wir sind irgendwie auf der Erde, bloß viel früher. Aber jetzt ...“
In diesem Moment rief Sarah, plötzlich wieder munter und begeistert: „Eine Mistel! Die nehmen wir mit! Bitte!!! Das bringt Glück, haben die Leute früher geglaubt.“
Na gut. Holt das Ding mal vorsichtig runter.“ Komuno zielte sehr sorgfältig auf den Punkt, an dem die Pflanze mit ihrem Wirt verbunden war. Ein kaum vernehmbares Pfeifen und die Kugel fiel, mehrmals fast im Gehölz hängen bleibend, dem Moosgrund entgegen. Komuno sprang los, griff mit beiden Händen nach der Kugel und sah dabei schon zu Sarah, die erwartungsvoll ihrer Beute entgegen strahlte.
Es patschte. Ein Geräusch wie ein lautes Ausspucken. Das schien es auch gewesen zu sein. Auf der Brust des Koomjungen breitete sich ein riesiger graubrauner Fladen aus. „Scheiße aber auch! Was ist denn das?“ Vergeblich versuchte Komuno, den Dreck mit einem aus dem Moos gerissenen Ballen vom Anzug abzuwischen. Obwohl alle mehr oder weniger laut gelacht hatten, hatte plötzlich niemand mehr Lust, weiter Proben zu sammeln. Nachdem Sarah es abgelehnt hatte, das „Spuckding“ zu tragen, nahm ich es. „So eine Trophäe hat nicht jeder!“
Wir waren etwa fünf Minuten gelaufen, da rief Komuno: „Mensch, ist das heiß!“ „Nun tu nicht so! Das Stück hältst du den Anzug noch aus. Sei froh, dass du ihn an hast! Sonst hätte dir Sarahs Mistel auf die Brust gekackt!“ Komuna lachte und wollte dem Bruder einen Stubs geben, da schrie sie auf: “Was ist denn das? Das frisst sich ja durch den Anzug durch! Mach den ab, schnell, runter damit!“ Etwas unbeholfen versuchte sie, dem Bruder aus dem ungewohnten Anzug zu helfen. Vielleicht wäre es ohne ihre Fürsorge sogar schneller gegangen. Endlich lag der Schutz, der hier nicht genügt hatte, am Boden. Der Fleck auf Komunos Brust war über zehn Zentimeter groß und hatte einen rosa leuchtenden Farbton, genauer, die Haut auf der Brust. Alle Grünspuren waren dort verschwunden. „Das brennt so!“
Was mochte das sein? „Die Anzüge sollen doch allen Chemikalien widerstehen.“ Ich betrachtete die Wunde, als könnte das die Lösung bringen.
Na, egal, was das ist, wir sollten zusehn, dass wir zum Schiff kommen. Das sieht echt gefährlich aus. Kannst du?“
Komuno nickte Jenny zu. Also liefen wir los, als wären Werwölfe hinter uns her. Gegen einfache Wölfe hätten wir uns wenigstens mit den Strahlern wehren können.
Komuno stolperte, fiel, Jenny drängte Komuna zur Seite, packte den Jungen und warf ihn sich wie einen Sack über den Rücken. Komuna rannte voraus. Wie ein irres Gespenst musste sie dann wohl auf der Lichtung aufgetaucht sein, wild gestikulierend und so eindringlich, dass den Zurückgebliebenen sofort das Lachen verging. Aufgeregt umringten sie das Koom-Mädchen, das noch „Helft ihm!“ röchelte und dann zusammensackte. Inzwischen hatten wir alle die Lichtung erreicht. Die Unbekleideten verdrehten augenblicklich die Augen, hielten sich die Nasen zu. „Spinnt ihr oder was?“, fluchte Jenny, die nur kurz Luft holte, um weiter dem Raumschiff entgegenzustolpern. Als sie es erreicht hatte und ihre Last verlagerte, fiel ihr Blick auf Komunos Oberkörper. Die Knochen lagen frei; Komuno war – wahrscheinlich schon seit einigen Minuten – tot.





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