Sonntag, 16. Oktober 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1179

Es lässt sich leicht nachprüfen: Mit dem Motiv "Spiegellied" habe ich hier schon gespielt - als Variante A und als Verweis auf Variante B. Diesmal die Zusammenführung:





Ich wollte so gern zu dir finden,
doch ich fiel mit der Tür ins Haus.
Und Tausende Spiegel zerbrachen.
Dabei sah ich so bloßhäutig aus.

Das strahlende Leuchten von draußen
drang nicht bis zum Schmerz vor in dir.
Hätte Tausende Spiegel zertrümmert,
aber fand keinen Eingang zum Wir.

Und Tausende Spiegel verdeckten
dein Drinnen – ich konnt´s nicht befrein.
Denn ich sah doch mein Ich nur in Spiegeln.
Also stürzt´ ich mich gradwegs hinein.

Ich hab´ mich wie dich nun verloren
und weine ganz heimlich allein.
Die Splitter in meinen Poren
stecken tief, zum Entfernen zu fein.

Außerdem werden übermorgen als "Gedichte des Tages" vorgestellt:

 Sebastian Deya mit 

Bitte, mein Kind


und vom 18.10.2008  Beim Erwachen



Inzwischen nähert der Fortsetzungsroman seiner "Auflösung".  Die 67. Fortsetzung von Anna Roth"Das Bienenprojekt" :


Dann drückte ich den Knopf.
Es war passiert. So einfach war das also. Ich stand auf, verabschiedete mich von Doug für die Nacht, trat hinaus. Ich wusste ja, es war nichts im eigentlichen Sinn zu hören. Man spürte die Schwingungen bei großer Aufmerksamkeit.
Eigentlich hätte allerdings mein Telefon längst klingeln müssen. Oder die Kollegen. Warum kamen mir die nicht entgegen? Ich inspizierte die Wege zwischen den Treibhäusern. Es gab nichts Verändertes. Es war nichts passiert.
Ob ich mich von den Kollegen verabschiedet habe? Ich weiß es nicht. Nur, dass ich die Techniker hatte anrufen wollen, sie mögen doch bitte die Generatoren überprüfen, und dass ich das nicht getan habe, das weiß ich noch.
Wie in Trance ging ich weg in Richtung Wohnbungalow. Wie ein Automat, der sein Programm abarbeitet.Ich fühlte mich so allein, als wären längst alle Menschen auf der Erde gestorben oder in Bienenroboter verwandelt, was mir kein großer Unterschied zu sein schien. Wie blöd stand ich vor meine Bungalowtür und lächelte. In jedem Katastrophenfilm der Menschen gibt es diesen Augenblick, wo der Countdown nur noch Sekunden zählt und alles Menschenmögliche war verbraucht und der Held schneidet noch den richtigen Draht durch und die Menschheit ist gerettet. Was wollte ich nur? Da war kein Countdown …
Nein, wenn man erzählt, beschreibt, ist man immer ungenau, schummelt man mit oder ohne Absicht. Selten gibt es wirklich nur einen Grund, warum man etwas genau so getan hat, wie man es getan hat.

Und das, was mir an diesem Nachmittag durch den Kopf ging, war mindestens widersprüchlich zu nennen.
Eine Empfindung nahm aber immer mehr zu: Die Angst vor dem Schlaf. Solange ich munter war, konnte ich wenigstens versuchen, mich mit all meinem Willen gegen das Eindringen des Bienenwillens in mein Gehirn zu stemmen. Aber als ich dann im Bett lag, mir sagte, ich müsste schlafen, um am nächsten Tag fit zu sein, da sah ich mich hilflos an die Unterlage gefesselt, lauter Stachel näherten sich mir und überall war eine Stimme: Warum hast du das getan? Du wolltest uns also umbringen …
Ich schlief schneller ein als erwartet. Und so schnell wie erwartet war ich in einem Traum gefangen. Diesmal aber hatte der Traum kaum etwas Traumhaftes bis auf eins: Romana. Also dass diese Verschmelzung von Gestalt gewordener Erotik und unerreichbarem Engel mir als Sprachrohr der Fremden gegenübertrat. Diesmal allerdings mit natürlichen Mundbewegungen und auch nicht so seltsam schwebend. Sie gab mir mit der Hand ein Zeichen, ich solle näher kommen, dann eins, ich solle mich setzen. Sie setzte sich auch. Sie betrachtete mich wohlwollend, sah mir abwechselnd in die Augen und auf die entblößte Brust, aber dich dorthin, wo es mir peinlich gewesen wäre, aber in ihrem Blick lag so etwas Wissendes, was mir peinlich gewesen wäre.
„Wir haben damit gerechnet. Wir haben also Vorsorge getroffen und dich nur beobachtet.“
Ich zuckte innerlich zusammen. Es gab keinen Grund, der Bienen-Romana nicht zu glauben. Mir war aber absolut nichts aufgefallen.



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