Anna Roth: Eine Kleiderfrage (7)
... Lina erhob sich an die Freundin gepresst. Die Partnerinnen schoben ihre Kleider über die Bauchnabel hoch, rieben sich aneinander, fanden sich nebeneinander und mischten sich ineinander
Als der Hurricane abgezogen war - oder waren die beiden nur in seinem Auge? - durchzuckte Lina eine neue Idee. Sie sprang auf, rannte hinaus, war aber schon Sekunden später wieder zurück.
"Wir müssen Sie doch vorbereitet haben, wenn das Kleine sein Köpfchen vorschiebt."
Lina amüsierte sich spitzbübisch über Marks verständnisloses Gesicht.Hebamme Lina war also eingestellt auf Geburtsvorbereitungen bei der werdenden Mutter Marie. "Die vielen Haare stören. Wir wollen doch sehen, wenn´s kommt."
Nur das Köpfchen, dass sich für so wichtig hielt, wollte nicht warten, sondern sich so schnell wie möglich vom Bauch der Marie entfernen. Es heulte auch nicht, "Ich wll hier raus!", es stieß und bockte, "Ich will da rein!" Also entschied Hebamme Lina, dass aus der geplanten Entbindung eine dammrissichere Einbindung zu werden hatte. Sofort und mit tief gehender Wirkung, bis sie und die Patientin in einen natürlichen Narkosezustand versanken.
"Jetzt muss aber ich wieder behandelt werden", bettelte Lina nach eine leichten Pulsberuhigung. Rund um ihre offene Wunde hatte sie sich schnell selbst eingeschäumt. Ihre Marie brauchte nur den Rasierschaum abzuschaben, denn das Fingerthermometer der Schwester hatte a tergo stark erhöhte Temperatur festgestellt, sodass die nächste eindringliche Behandlung unumgänglich war. ...
***
Der Blick auf die "Gedichte des Tages" von morgen:
Auf dem heutigen Tagesplan steht ein Stück Geschichtsunterricht von Petra Namyslo. Es wird das Allgemeingültige wohl auffallen ... und die fehlenden 5 Jahre bis zum runden Jubiläum müssen wir ja nicht warten, oder: " Das Massaker von Tlatelolco".
Ich verbinde es mit dem "Verstandsbasar (3)", der sich wie die anderen Gedichte aus dem Zyklus gerade einen Reifungsprozess durchmacht ...
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