Samstag, 15. Juni 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1767

Im Scheinwerferlicht heute die Fortsetzung der angestaubten Prosageschichte ...

Anna Roth: Die Stunde vor dem Suizid (5):

... Mindestens acht Schamlippen schien dieses Mädchen zu haben, welch ungewöhnliches Geschenk der Natur, das einfühlsame Zärtlichkeiten sofort mit einem Bad aus Tau belohnte. Majas Massagegriffe nahm Ben dagegen kaum noch wahr. ...
"Ich kann es mir denken: Die weißen sind für die fröhlichen Lieder und die schwarzen für die traurigen."
Die Klavierlehrerin hatte mitleidig gelächelt über das, was sie für einen Scherz gehalten hatte. Dabei hatte es Benny ganz ernst gemeint.
Der große Junge hielt in Erinnerung an diesen Moment die Augen geschlossen. Angeblich könnten Blinde am besten blind Klavier spielen. Sie sähen mit den Fingerspitzen. Benjamins Kuppen besahen alle Tasten. Ganz unmerklich und für eine leise Melodie. Ben erkannte sich im Forellenquintett. Er sah den Bach plätschern. Frisches, glitzerndes Wasser, das zum Trinken einlud. Er sah silberschuppige Fische springen. Er griff nach ihnen. Sie ließen sich fangen, entglitten aber seinen Fingern wieder, weil Ben nicht zu fest zupacken wollte.
Die Töne klangen erhaben, als ob sie durch ein gewaltiges Kirchenschiff vibrierten. Und aus dem kleinen Sprudeln, als der Junge die Quelle im Fels gefunden hatte, wurde ein Fluss, breit und tief genug, um große Boote auf seinem Wasser gleiten zu lassen,
Bens Träume wurden durch vergeblich unterdrückte Zuckungen des an seine Wangen gepressten Körpers unterbrochen. Er hörte noch den Kirchenengel singen: "Komm, ich leg mich zu dir, da brauchst du deine Arme nicht so zu verkrampfen."
Ben entließ Majas Tastatur aus seiner Umarmung. Er konnte sich nicht zurückhalten: "Das hat dir wirklich gut getan, oder?"
"Ach, ihr Männer seid doch alle gleich. Das solltest du ja wohl gemerkt haben, dass das kein Spiel gewesen ist. Ich bin schließlich kein trockenes Holz, oder? ... Rutsch!"
Nun lag Maja neben Ben auf der Liege wie eine zierliche Venus. ...

***
... und die "Gedichte des Tages" vom Sonntag:

Automaten denken nicht mit. Drückt der Finger die Taste, dann läuft der Vorgang los. Das ist so bei den Leuten, die Drohnen nutzen, das ist so, wenn ein Sebastian Deya ein Gedicht veröffentlicht. Es kommt der Text in der Augenblicksfassung an. Ich wollte ihn gerade darauf hinweisen, dass "Wie besessen (1)" einen Fehler enthielte, da fiel mir noch rechtzeitig ein, mir das Gedicht auf seinem eigentlichen Blog anzusehen ... und siehe, es war an der strittigen Stelle dort längst korrigiert. Bei Gedichten geht das eben. Bei Morddrohnen nicht. Ein Mechanismus, irrtümlich Getötete sozusagen aus der Luft wieder zu reanimieren, ist ins Milliarden schwere Programm samt Programm nicht eingearbeitet ...

Slov ant Gali dagegen verbeißt sich in einen Trend "In jüngster Geschichte". Wer hätte 1973 gedacht, dass die Pariser Vereinbarungen, die offiziell den Abzug der US-Amerikaner aus Vietnam zum Gegenstand hatten zusammen mit dem Sturz der Regierung Allende einen Rückbau des Geschichtsfortschritts einläuten könnten?

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