Anna Roth: Eine Kleiderfrage (8=Schluss)
... Ihre Marie brauchte nur den Rasierschaum abzuschaben, denn das Fingerthermometer der Schwester hatte a tergo stark erhöhte Temperatur festgestellt, sodass die nächste eindringliche Behandlung unumgänglich war.
Der Wecker war umgekippt, als sich Lina ihr Kleid von der feuchten Haut abziehen ließ. Unter der gemeinsamen Dusche hätte sie wortlos brüllen mögen, wie schön es doch war, in Mark eine Marie und an dieser Marie wieder ihren Mark entdeckt zu haben.
Still, nackt und tonlos tickend lag sie schließlich neben ihm. Die Minuten blieben zähflüssig wach. Endlich hörte Lina Marks ängstliche Stimme.
"Du hast es also gewusst?"
Sie antwortete so fest, wie die Dunkelheit der weißen Bettwäsche es zuließ: "Ich habe es gewollt."
Die Lüge darin würde Mark nie erfahren.
Der Schlaf kam gekrochen. Linas Bauch hatte er schon zugedeckt, ihre Brüste, ihren Hals, ihren Mund. Da fielen ihr kurz die noch nicht wieder ordentlich eingeräumten Kleider ein. Sie vergaß sie sofort wieder.
"Sollte ich die Pille absetzen?" fragte sie aus einer Grenzzone heraus.
Während der Schlaf Linas Haarspitzen erreichte, nickte Mark.
***
Der Blick auf die "Gedichte des Tages" von morgen:
Mit "Eins-Zwei-Drei-Sonette" scherzt Petra Namyslo mit dem Dichterproblem der Musenküsse. Ob ich wohl auch die erträumten Küsse bekomme? Vielleicht, wenn ich mich schlafen gelegt hätte? Na, dann gute Nacht!
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