Samstag, 18. Mai 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1742




Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand (15)



... Darf man mir verübeln, dass ich das vergnüglich fand? Aus einer spontanen Tageslaune heraus landete ich auf einem Pädagogenplatz – und noch dazu als Rotlichtbestrahler. Ja, so anarchisch habe ich Staatsbürgerkundelehrer werden können
... Und mir ist nie ein „Stasi“-Schlapphut mit dem Wunsch nach einer „Verpflichtung“ begegnet (aus anderen Gründen auch nicht) – ich war damals nicht einmal Mitglied oder „Kandidat“ der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Das war nicht Bedingung. Später habe ich mich darum bemüht. Das war schwierig. Ich nahm es allerdings auch ernst mit der Auswahl meiner Bürgen. Ich hatte meine Freiheit voll ausgereizt und erwartete nicht von vornherein, dass man ausgerechnet mir Vertrauen entgegenbrächte – brachte man aber.

Während wir bei der praktischen Ausgestaltung des Studiums und im Ausreizen unserer Meinungsbildung in der „Sektion Marxismus-Leninismus“ große Freiheiten genossen, beobachteten wir bei den Studenten der Geschichtssektion Anderes. Dort wurde schulmäßig gegängelt. Für viele der Gedankengänge, mit denen uns unsere Professoren „bearbeiteten“, hätten sie nach heute üblichem DDR-Bild sofort in „Stasi-Knästen“ verschwinden müssen.
Einzig die „Freiheit“ zum Drogen“konsum“ hatten wir nicht – ich glaube aber, mir ist da nichts entgangen – mit Alkohol wurde die „Lücke“ ausgefüllt. Klar wäre ich gern auch einmal durch die andere Hälfte der Welt gereist, aber mit offenen Augen durch die Länder des Ostens zu reisen war zumindest bereichernder, als sich an fernen Küsten zuzuballermannen.
Für meinen Gesamtweg war dann ein anderer Bruch Ausschlag gebend: Klar, ich konnte mich hinter den ungeeigneten Stimmbändern verstecken. Aber wahrscheinlich wäre ich nie ein guter Lehrer geworden. Was den Umgang mit Schülern anging, bin ich eben eher „Coach“ für Interessierte als ein Massen dressierender Lehrer. An der ersten Einsatzschule nach dem Studium war ich aber der einzige Staatsbürgerkundelehrer. Ich hatte alle Schüler der Schule in dem Fach zu unterrichten, ohne sie je kennen gelernt zu haben. Vielleicht hätte man mir meine „Anfangsprobleme“ kameradschaftlich verziehen. Aber eine Kollision mit der Parteisekretärin der Schule brachte das Ende. Meine scharf antimilitaristischen Auffassungen, die natürlich auch nicht vor menschenverachtenden Umgangsformen innerhalb der NVA Halt machten, stießen bei der Genossin, deren beide Söhne begeisterte Offiziere waren, auf „machtvolle“ Ablehnung. So etwas wie mich konnte man nicht auf sich erst entwickelnde Persönlichkeiten loslassen. Als sich mein Scheitern abzeichnete, schien die Konsequenz klar: Ich war im Kreis der Versager gelandet. Meiner damaligen Partnerin (und späteren Ehefrau) verdankte ich die Chuzpe, mich trotzdem auch für Aufgaben zu bewerben, die anspruchsvoller als die eines Lehrers erschienen. Ich wollte und ich bekam erneut eine Chance. Ohne recht zu ahnen, was mich erwartete, landete ich im Bildungsbereich eines Außenhandelsbetriebes ...

Hanna Fleiss nennt "Der Afrikaner" ein Gedicht mit fast aktuellem Anlass. Traurigerweise zieht sich die Aktualität dieses Gedichts durch alle Frontex-Zeiten ... Ich wage, ausgerechet diesem Gedicht für ein Angebot aus ""Gemeinschaft der Glückssüchtigen"" "Gemeinsame Rast" zuzuordnen - sei es, weil Pfingsten ist, sei es, weil mir der Afrikaner willkommen ist, sei es, weil es wichtig ist, dass gleich Gesinnte einander die Hand reichen ... 

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