Na, haben wir uns Ähnliches vorgenommen? Oder strotzen wir nur so vor guten Vorsätzen? In desillusionierter Selbsterkenntnis habe ich schon für den 2. Januar ein entsprechendes Gedichtchen vorbereitet:
Mit dem, was ich mir vorgenommen,
bin ich nur Stunden weit gekommen.
Der wilde Hengst, gedanklich flott,
verfiel schon in den alten Trott.
Zu Neujahr riss ich Bäume aus .
Nun schrumpften sie auf Spielzeugmaus-
Gewicht und mich, welch Recke,
bringt schon ein Kater leicht zur Strecke.
Was ich als Vorsatz aufgeschrieben
ist aber nicht umsonst geblieben.
Ich heb mir´s auf, ich schwör´s sogar,
als Vorsatz dann für´s nächste Jahr.
Nachdem 2011 - angeblich gegen die Bedrohung der Zivilbevölkerung - ein sich entwickelndes Wüstenland in ein überdimensionales Bombodrom verwandelt wurde mit ein paar Tausend echten Toten und ein paar Hunderttausend Geschädigten, stellt sich die Frage, wer alles 2012 dran glauben muss. Aber wir sind ja weiter "Auf dem Weg zum großen Frieden ..."
Bleibt noch, sich des Gedichts vom 2.1.2009 zu erinnern:
Ursula Gressmann: fremder Umgebung
Dann sind wir schon bei der Prosa angelangt - und zwat der 51. Fortsetzung des utopischen Romans "Operation Zeitensprung" von Anna Roth:.
Die Tür zum Beratungsraum ging auf, und ein Mann bat mich zu sich hinein. Er sah aus wie in der Wüste luftgetrocknet, dürr, ledrig und klein. Immerhin lächelte er freundlich zur Begrüßung.
„Wenn du in dem Test nicht bewusst falsch geantwortet hast, dann hätte ich drei Angebote für dich: Das eine ist die Leitung eines der Betreuerteams für bemannte interstellare Forschungen, die zweite die Kreativteamleitung Ultraleichtmaterial und die dritte die Kreativteamleitung personengestützte Sicherheitssysteme.“
Ich schluckte kräftig.
„Ich glaube, das muss eine Verwechslung sein. Sehen Sie mich an! Sie könnten mich wohl eher für Ihre Enkelin als für Ihre Chefin halten. Meine ganze Mannschaft stammt aus einer Welt, für die alles hier fremd ist. Ich nehme an, Ihr technologischer Entwicklungsstand ist viel zu hoch für uns. Ihre so genannten Angebote haben aber eines gemeinsam: Ich soll etwas bei Ihnen leiten, von dem ich nichts verstehe. Hier Chef sein, nein, das ist bestimmt nicht das Richtige für mich. Wenn Sie nichts anderes anzubieten haben, machen wir einen neuen, späteren Beratungstermin.“
Mir fiel plötzlich auf, dass ich den Mann gesiezt hatte. Ihn schien meine Reaktion nicht zu beeindrucken. Er lächelte weiter.
„Ich hätte mich gewundert, wenn du anders reagiert hättest. Aber eigentlich hatte ich auch gehofft, dass du fragen würdest, worum es bei den Aufgaben überhaupt geht.“
Das war ja zum Augen verdrehen.
„Also bitte: Worum geht es überhaupt bei den Aufgaben?“
„Wir verstehen uns falsch. Leiter, das ist doch kein kommandierender Chef, der alles wissen muss. Das ist eher ein Moderator, der die Gruppe zusammenhält. Etwas, was du oft genug getan hast. Ach, weißt du, probiere es einfach aus. Du wirst sehen, wie es klappt. Ich hätte dir das erste Team empfohlen. Es ist für alle Raumflüge zuständig, ohne selbst zu fliegen. Es wählt Mannschaften aus, formuliert ihre Aufgaben ... Auswertungen, Beobachtungen – also viel Psychologie, besonders deine gruppenpsychologischen Randgebiete – dazu Medizin, Astronomie, Raumfahrttechnik und vor allem ein Mischmasch von Aufgaben, die sich nicht definieren lassen. Du könntest sogar an künftigen Kontakten mit Außerirdischen mitarbeiten. Was wir dir an Detailwissen voraus haben, lass dir infiltrieren. Schon bist du auf der Höhe. Ich sehe da kein Problem.“
Hm. Ich könnte zu den ersten gehören, die möglicherweise Kontakt zu fremden Intelligenzen aufnehmen sollten. Das hatte ich mir als Kind immer erträumt. Ich würde es versuchen. In einer Woche ginge es los. Meine Abschiedsworte kamen richtig entspannt und glücklich.
„Vielen Dank!“
Das Männchen strahlte.
„Hab ich nicht gesagt, wir finden das Richtige für dich?“
„Entschuldigen Sie, nein, entschuldige bitte, das ich so abweisend war. Aber ...“
Ich stockte.
Der Mann klopfte mir auf die Schultern. Wie hatte er sich anfangs vorgestellt? Man Tho? Ich wagte nicht, jetzt danach zu fragen.
„Komm wieder, wenn du Probleme bekommen solltest. Dafür bin ich ja da.“
Ich würde mir schon Mühe geben, meine neuen Kollegen nicht zu enttäuschen. So zeigte ich ihm nur den nach oben gestreckten Daumen und verschwand.
Ich fing an von grünen Männchen und siliziten Weibchen zu spinnen, die fern im weiten All in ihrer Sprache „Hallo Anna!“ riefen. Ich schämte mich dafür und tat es heimlich um so öfter.
Unser bisher so tolles Zeitreiseteam brach langsam auseinander. Selbstverständlich unterhielten wir uns darüber, wer welche Aufgabe angeboten bekommen hatte. Ich hörte zu, freute mich mit den anderen, aber ehrlich gesagt lief ich schon Gefahr, die Aufgaben der künftigen Forscher, Betreuer und Wächter zu verwechseln. Ich versteckte mich hinter Floskeln. „Na, wie geht’s?“, „Läuft ´s?“ oder „Bei mir läuft ´s bestens“. Dunkel ahnte ich den Grund. Bisher hatte uns der Kampf gegen immer neue feindliche Umwelten zusammengeschmiedet. Plötzlich war alles ganz anders, und Hartmut konnte sich seine Schachpartnerin frei aussuchen. Das war dann eine Denise, die eine Etage unter uns wohnte. Sie müssen sehr eifrig Schach gespielt haben, denn noch in der selben Woche zog er zu ihr hinunter.
„Entschuldigt, Freunde, Deni wäre auch hoch gezogen, aber diese Wohnung ist gerade so überbelegt.“
Weg war er.
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