Sonntag, 18. Dezember 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1241


Die "Gedichte des Tages" bringen übermorgen weniger Verwirrendes. Da wäre zum einen für die Weihnachtsstimmung "Schneeflöckchen ..."  dann der Gast des Tages  Sebastian Deya mit  Aus-Wege"  und zu guter Letzt der Blick nach 2008: Hanna Fleiss: Zwischentür 

Bei der Prosa sind wir  bei der inzwischen 40. Fortsetzung des utopischen Romans  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth ...angekommen:


Tassen und Teller klapperten neben meinem Bett. Ich versuchte weiterzuschlafen. Aber es duftete herrlich nach Kaffee und frischen Brötchen. So schmiss ich die Beine herum und erschrak erst einmal.
Tassen und Teller klapperten neben meinem Bett. Ich versuchte weiterzuschlafen. Aber es duftete herrlich nach Kaffee und frischen Brötchen. So schmiss ich die Beine herum und erschrak erst einmal.
„Wo ist denn mein Kleid?“
„Noch nicht trocken. Ich hab’s gewaschen.“
Das war nun auch schon egal. Ich setzte mich einfach nackt an den kleinen Frühstückstisch. Wir waren ja unter uns. Nuk sah kurz zu mir herüber. Dann streifte sie ihr Nachthemd ab. Ich verkniff mir das Fragen. Wahrscheinlich war es Nuk peinlich, mich in die Lage gebracht zu haben, und nun glich sie das freundlich aus. Oder für die Menschen hier war es einfach natürlich, nackt zu sein.
Wahrscheinlich stimmte beides. Denn die Tür ging auf und Lam sah zu uns herein.
„Guten Morgen! Darf ich mit euch frühstücken? Maria will unbedingt noch eine Stunde schlafen.“
„Ja, ja, is schon okay!“
Uff, jetzt nur ganz unverkrampft erscheinen. Ich tat so, als wäre mir die Situation überhaupt nicht neu oder gar peinlich. Der Junge warf seinen Morgenmantel über Nuks Bett und setzte sich im Adamskostüm zu uns. War es ein Vor- oder ein Nachteil, dass ich mit meinen vierunddreißig äußerlich jetzt wie eine Achtzehnjährige wirkte? Lam fixierte mich unauffällig, als ob er prüfen wollte, wie weit ich als künftige Gefährtin für ihn in Frage käme. Oh, das könnte noch Verwicklungen geben.
Lam war, wenn ich es richtig begriffen hatte, der Neffe von Nuks Freund Luk und einer der beiden 17jährigen Zwillinge, die die Grundschulzeit abgeschlossen hatten. Allein die komischen Namen auseinanderzuhalten, und warum Nuk ein Mädchen-, Luk aber ein Jungenname war, das würde mich noch eine Weile beschäftigen. Im diesem Moment half es mir über die Verlegenheit der eigenen Nacktheit wegen hinweg. Trotzdem fühlte ich mich sicherer, als Nuk mit dem trockenen Kleid wiederkam.
Im Café hatten die anderen gefrühstückt. Nicht nackt.
„Das ist Paps“, hatte Nuk ihren Vater vorgestellt.
„Ja, Paps, das könnt ihr auch sagen. Es merkt sich am schnellsten“, bestätigte er.
Für einen Moment zitterte ich. Bei dem Mann fielen die blauschwarzen Haare um sein rundes, ockerfarbenes Gesicht immer wieder von selbst in die ursprüngliche Pagenfrisur zurück. Die Augen waren dunkler als bei meinem Vater. Seine Nase war klein und platt, und obwohl ich ahnte, dass er noch nicht alt sein konnte, war sein Gesicht voller Fältchen und Grübchen. Ein Gesicht, das wohl in Jahrzehnten nicht älter aussehen würde. Und ein Gesicht, das trotz aller Unterschiede den Eindruck hervorrief, mein Vater wäre mit einem Schuss Gunti wieder zum Leben erwacht. Ich würde ihm, so gut es ginge, aus dem Wege gehen.
„Also Paps. Hallo!“
Nun saßen wir alle beisammen und das Erzählen konnte beginnen. Nur wer sollte anfangen?




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