Donnerstag, 1. Dezember 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1224

Ein altes und lebendiges Projekt der Berliner Lyrikszene ist der Friedrichshainer Autorenkreis, der seine Geburt als "Zirkel schreibender Arbeiter der Druckerei des Neuen Deutschlands" vor etwa 40 Jahren erlebte. Bei der Gründung dabei war Klaus Lettke:


Jedes Kaff hat seinen Goethe,
wenn er auch Fontane heißt.
Sei der Bürger noch so blöde ­
seinen Dichter kennt er meist.
  
Doch die Achtung selbst der Kenner
seinem Nachbar schuldig bleibt:
,,Nebenan wohnt so ein Penner;
ja, ich hab gehört, der schreibt.“

(Klaus Lettke)


Es lohnt sich, einige Mitglieder vorzustellen ...
Das ist natürlich kein Grund, die "Gedichte des Tages" von übermorgen zu vernachlässigen. Da steht neben dem Blick auf 2008 ( Neruda über mir…) ein "Tweet 25" von Sebastian Deya und



*


Hände, nach Berührung süchtig,

wagen sich nur zögernd vor.

Fingerspitzen streichen flüchtig

Seidensträhne hinters Ohr.


Kuppen folgen fragend Spuren

zweier Tränen, zeichnen schwach

und voll Wehmut die Konturen

weicher Lippen zärtlich nach. 


Abschied grüßt schon aus der Ferne,

heut' jedoch sind wir uns nah.

Unter einer Parklaterne

finden sich zwei Lippenpaar'.


Relativ gleichförmig geht es mit dem Fortsetzungsroman weiter. Bei  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth  sind wir inzwischen bei der 23. Fortsetzung des Romans angelangt ..


Und jetzt lauft! Kann ja sein, dass Euch einer der Bauern den Tod wünscht.“
Aber ...“
Dann hüpfte der überhaupt nicht mehr ritterliche Mann zum Ausgang. Und plötzlich löste sich die Verwunderung der Bauern über das Bild in Gelächter auf. Ich lächelte nur. Die würden bestimmt nicht mehr in ehrfurchtsvolle Haltung versinken, wenn sie einer „Herrschaft“ gegenüber standen.
Wir feierten gemeinsam und erzählten den Bauern von unserem Ziel. Sie hatten bereits von dem Prediger Müntzer gehört. Als wir sie um die erbeuteten Pferde baten, um schneller zu dem Mühlhäuser zu kommen, stimmten sie freudig zu.
Ohne die Gäule hätten wir es gar nicht geschafft. So kamen wir am 15. Mai an. Zusammen mit jenem berühmten Regenbogen. Ein wirklich wunderschönes Bild. Wäre ich ein Bauer gewesen, ich hätte auch zum Himmel aufgeschaut und mir gesagt, dass jetzt schon Gott selbst meine Fahne hisste.
Versteckt in der Nähe der Wagenburg der Bauern erwarteten wir den Angriff der Heldrunger. Zur selben Zeit, da Müntzers Anhänger ihre Versammlung abhielten, standen wir an Stelle ihrer gutgläubigen Bewaffneten Wache. Uns stand der Sinn nicht danach, eine Predigt zu hören – und wäre sie auch noch so beeindruckend gewesen.
Die Abwehrlinie der Bauern gegen das Fürstenheer erinnerte mich irgendwie an eine Wagenburg weißer Siedler im wilden Westen, wie sie uns in vielen Filmen vorgeführt worden war. Nur brandeten uns nicht ein paar grölende Indianerzielscheiben entgegen, sondern die von ihrem Sieg überzeugte Reiterei des Heldrungers.
Hinter uns war gedämpft der Gesang der Bauern zu hören. Sie waren in jeder Hinsicht gläubig, hier leider zu gutgläubig. Denn die Ritter bliesen wortbrüchig zum Sturm. Wir hatten die Strahler auf Dauerfeuer mit breitester Wirkung eingestellt. So erhoben wir uns, senkten die Kreuze und ließen sie in Richtung der Bewaffneten kreisen, so schnell es ging. Denn die ersten Gefallenen wurden von den Nachdrängenden überrannt. Einen Feind konnten sie nicht erkennen, nur vierzehn kleine Mönchskutten. Der Bauernhaufen war zu weit entfernt, um die Söldner zu bedrohen und kehrte den vorwärts Stürmenden den Rücken zu. Die Waffen der Berittenen waren blank gezogen. Sie fanden kein Ziel. Ehe sie begriffen, was los war, hatte es sie von den Pferden gemäht.

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