Donnerstag, 18. Oktober 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1548

GOTT ist mit uns ... zumindest lyrisch morgen in den "Gedichten des Tages".


Dieses Thema war lange nicht mehr auf diesem Blog: GOTT und seine "Stellvertretung" auf Erden.
Also richten wir zwei Augen-Blicke auf diese Frage und setzen uns auseinander mit dem, was Sebastian Deya ("Dein Wille geschehe") undSlov ant Gali ("ER ist, seid IHM zu willen!").zum Thema anbieten ... Zumindest die Titel ähneln sich ja ... willentlich ...


Mit den Ex-Mecklenburgern in "Stochern im Nebel" sieht das da schon wesentlich gräulicher aus ... aber noch wissen die das ja nicht ...

Slov ant Gali: Stochern im Nebel (10)


... Dies war die Lage, als sich der geplagte Vater in seinem E-Car dem Grundstück näherte. Am Nachmittag hatte er noch eine anstrengende Beratung durchgesessen. Nicht, dass dabei irgendetwas herausgekommen wäre. Das hatte wohl niemand erwartet. Jetzt, auf der Heimfahrt, gab Jens mutig die Antworten, die er in Gegenwart der anderen heruntergeschluckt hatte. Er ärgerte sich. Und auf der Bundesstraße ärgerte er sich darüber, dass er sich ärgerte. Das gehörte sich nicht. Gleich wäre er bei seiner Familie und sonst gar nichts. Warum sollte er Janine, vor allem aber Sina und Leonie mit seiner Laune quälen? Ob etwas ruhige Musik half? Oder ein paar Konzentrationsübungen? Er probierte es mit Musik.
Als Jens auf den heimatlichen Hof einbog, fühlte er sich etwas entspannter. Trotzdem hätte er sich am liebsten gleich schlafen gelegt. Vielleicht wunderte er sich deshalb nicht sofort über die Szene auf dem Hof. Sina und Leonie bewegten sich, als tanzten sie nach einer fremden, irgendwie beruhigenden Melodie über den Hof oder genauer, sie schienen gerade einen noch nie erlebten neuen Tanz zu erfinden.
Jens hatte das Autoradio ausgeschaltet und er betrachtete die ungewöhnlichen Verrenkungen seine Mädchen anfangs noch belustigt, dann aber immer gereizter: Warum ignorierten die ihn? So in sich versunken hatte er sie noch nie erlebt. Sie mussten ihn doch gehört haben?
Beim Aussteigen wandte Jens seinen Blick nicht von den Kindern ab. Rief ihnen vor lauter Verwunderung noch nichts zu. Was war nur los? In den Ohren hatten sie wohl nichts. Nein, jetzt endlich fiel es Jens auf: Etwas schwirrte um die Mädchen herum. Mit dem spielten sie. Schmetterlinge? Nein, das, was die beiden so faszinierte, summte und war größer als Bienen oder Wespen … Hornissen, das sind Hornissen! Verdammt! Die Mädchen müssen da weg! Und zwar schnell!
...

Und hier ein Gruß von Roger Suffo. Er empfahl eine Rezension, die er auf lovelybooks entdeckt hat. Sie ist von Hans Kahle und dreht sich um Folgendes ... eindeutig etwas in dieses Journal Passendes:

Tilman Röhrig „In dreihundert Jahren vielleicht“


Eine Entdeckung im Antiquariat, die mich begeisterte. Das Buch wird vorgeführt als „Deutscher Jugendbuchpreis 1984“-Träger. Ich wusste, dass eine Ausgabe kurz zuvor auch in der DDR erschienen war – ein grenzüberschreitendes Buch sozusagen.
Ich habe es gelesen … und nun gehört es zu den schwierigsten Aufgaben zu begründen, warum ich NICHT fünf Sterne dafür vergebe. Der Autor erzählt doch gut und seine Absicht, den Lesern Abscheu gegen Krieg anzuerziehen, ist doch löblich?!
Da geht das Problem aber schon los: Zumindest mir guckte diese Absicht zu offensichtlich durch. Wer weiß denn nicht, dass Krieg keine Nährlösung für Menschlichkeit ist? Doch höchstens ein paar Werbeoffiziere, die in Schulen die Bundeswehr als interessante Berufsalternative anzupreisen habe.
Bei allem konkreten Leiden, was im Einzelnen angesprochen und beschrieben wird, bleibt der Krieg trotzdem fern und abstrakt. Röhrig meint, seiner Absicht einen Gefallen zu tun, dass er die Soldaten anonym lässt, weil es egal ist, ob es „unsrige“ oder gegnerische sind. Damit verletzt er aber mindestens die Perspektive der damaligen Menschen, für die das sicher „Schweden“, „Kaiserliche“ usw. gewesen sind – auch, wenn es die gleiche Heimsuchung war.
Den Einstieg fand ich großartig: Kinder und Jugendliche spielen ein perverses Spiel und werden von Herumvagabundierenden um ihre Beute gebracht. Hier wird Jockel eingeführt, man kann zusehen, was für seinesgleichen „normal“ ist, und fühlt mit ihm. Ich glaube, diese Perspektive beizubehalten, hätte meinen Problemen entgegengewirkt.
Aber der Autor wollte exemplarisch das Schicksal des Dorfes durchexerzieren. Er springt mit seiner Filmkamera hin und her zu verschiedenen Erwachsenen, zu angedeuteten Ereignissen, einer Geburt, den Todesfällen usw. Nun bin ich ein fauler Leser. Ich möchte nicht laufend blättern oder einen Zettel führen, wer wie mit wem zusammengehört. Vor allem nur, um die klare Aussage illustriert zu bekommen.
Vielleicht auch nicht: Alle Menschen dieses Beispieldorfs Eggebusch haben scheinbar eines gemeinsam: Sie verstehen die Welt nicht und reflektieren „den Krieg“ als eine schicksalhafte Naturkatastrophe. Gelegentlich sah ich ein Gemälde mit den vier apokalyptischen Reitern vor mir. Bei einem solchen Kaleidoskop von Typen hätte mehr drin sein sollen – hätte sich alles um Jockel gedreht, so wäre es „möglich“ gewesen. In seiner Zerrissenheit, sich sogar zu wünschen, selbst zu den Soldaten zu gehören, damit die Leute endlich vor ihm Angst haben und er nicht nur zu den Hilflosen gehört, ist er verständlich gestaltet.
Geradezu schrecklich fand ich jene Szene, die für den Titel ausgewählt wurde. Der geschändeten, schwerst verletzten 12jährigen Schwester so pathetische letzte Worte in den Mund zu legen, dass in dreihundert Jahren vielleicht Frieden sei, sollte bestimmt weh tun. Das Bild lässt aber in erster Linie Unsicherheit zurück über die Wahrscheinlichkeit des Bildes und der Worte. Hier spuckt das Buch Verlassenheit aus: 300 Jahre nach der Szene ging der 2. Weltkrieg mit dem Überfall auf die Sowjetunion auf den Höhepunkt zu.
Auf der anderen Seite: Jockel, Katharina und ganz wenige Dörfler verlassen ihr zerstörtes Dorf. Nachdem zuvor begründet worden war, dass man nirgendwo einen halbwegs sicheren Ort vorstellen kann und warum, ist es nur einer Dramaturgie eines Jugendbuches zuzuschreiben, wenn der Autor dem Abmarsch der Entwurzelten etwas Positives zu geben versucht. Er hätte lieber die Schnauze halten sollen und die beiden Jugendlichen, die plötzlich ein geduldetes Paar geworden waren, hätten eben festgestellt, „Wir haben ja uns“ … Und so gingen sie dem anhaltenden Krieg entgegen …
Auf der Cover-Rückseite findet sich bei meiner Ausgabe eine lobpreisende Rezension von „DIE ZEIT“. Die nimmt das Ganze als Jockel-Buch an und betont zurecht, dass es ein Buch für Jugendliche und Erwachsene zugleich ist, „...uns nicht erst in dreihundert Jahren vielleicht zur Vernunft zu bringen“. Wie viele verantwortungslose mit „Friedensnobelpreis“ ausgezeichnete Verantwortungsträger müssten wohl dafür Plätze in Guantanamo zugeteilt bekommen, um ununterbrochen Lesungen aus diesem Buch anzuhören???


  

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