Mittwoch, 15. Juni 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1055

Ist das "Lied vom schwarzen Schaf" das, was "uns Menschen" ausmacht? Auf jeden fand ich, dass es mit dem nachfolgenden weiteren Kandidaten für "worträume 2.0" ein eigentümliches Paar abgibt. Für die Gedichte des Tages ist  pegasus turtelt  aus "worträume" dagegen richtig unschuldig im Ton.

vom werden besserer menschen

wie war er enttäuscht
weil sie nicht gehorchen also
der bessere zukunftsmensch
werden wollte
und er hatte ihr doch den weg
genau erklärt

nachdem er es
ein letztes mal versucht
und sie weiter keine anstalten machte
wusste er sich
nicht anders zu helfen
als sie zu packen
und mit schlagenden argumenten
zu arbeiten

in den pausen
dazwischen
fragte er immer wieder
wirst du nun ein besserer mensch
und sie schrie
ja doch

er aber
sehr zu recht
glaubte ihr nicht

also schlug er weiter
in der hoffnung so
den besseren menschen
zu schaffen
und merkte nicht
wie seine worte schwanden

als er endlich fellbedeckt
auf bäumen des waldes
verschwand
weinte sie bitterlich
warum
war sie denn nicht
ein besserer mensch
geworden

und sie hütete
alle bäume
und träumte von
wilden tieren


Bleibt noch als Prosastück des Tages:

Der Mann, der Anna Roth wurde (1. Fortsetzung)

Für das nächste Schreibtraining ist sie angemeldet. Natürlich auch Kinder, die ich noch nicht gesehen habe, meist jüngere. Die sind nicht interessant. Meine Heldin muss ganz bestimmte Eigenschaften haben, um meine Idee zu verwirklichen. Anna hat sie. Das habe ich gerade entschieden. Wenn es für meinen verrückten Plan überhaupt ein Mädchen gibt, dann diese Anna Roth. Warum habe ich nur keine solche Tochter?
Jetzt schnell an den Computer, die sich überschlagenden Gedanken ordnen, alles aufschreiben. So richtig erklären kann ich Pit nicht, was ich von ihm erwarte. Außerdem versteht er nichts von Träumen und Menschen. Der ist mit seinen Computerprogrammen glücklich.
Na, gut, utopische Romane liest er. Warum sollte er nicht an einer utopischen Idee mitarbeiten wollen? Wenn er hauptberuflich für irgendwelche Auftraggeber Werbestrategien erarbeitete und meine politischen Anschauungen teilt … Was mit der Anna passieren soll, ist ja eigentlich nichts anderes als eine Werbestrategie für diese Anschauungen. Für ihn sicher nicht so wichtig wie für mich. Aber helfen würde er. Gemeinsam brächten wir Anna Roth als Computerprogramm ein zweites Mal zur Welt.
Der Weg an der Straße ist nicht beleuchtet. Gelegentlich rast ein Auto um die Kurven und blendet mich. Eigentlich kein Rahmen für Freudensprünge. Trotzdem hätte ich singen können und hüpfen wie ein Kind. Das wars! Bisher hatte ich geschwankt, gezögert, mich hinter familiären Verpflichtungen verschanzt, mich vor meiner Traumwelt gefürchtet. Ich habe noch gesucht. Mit Anna Roth habe ich gefunden, was ich brauche.
„Findst du das etwa gut? Jeder ist sich selbst der nächste… Dagegen muss man doch was tun können. Diesen Ekel weitergeben, dass nichts über die Jagd nach dem großen und kleinen Geld geht. Irgendwann is vorbei mit der Menschheit. Adieu. Milchstraße, nächster Versuch! Von dieser Gier lebten die Medien: Jemand drängte mit etwas Spektakulärem in die Schlagzeilen, kassierte ab und machte Platz für den nächsten.“
Ich hatte es Pit an den Kopf geworfen. Der hatte genickt. Dann hatte er resignierend abgewinkt.
„Du bist genau der, der das ändert. … in Medien… dass ich nicht lache!“
Tja, Aber nun habe ich mein Spektakel. Wenigstens für einen Moment bin ich da, kann öffentlich und laut sagen, was ich für änderungsbedürftig halte. Warnen: Wenn alle Menschen nur das Geld als das einzige Maß aller Dinge akzeptierten, dann geht die Menschheit unter.
Keiner will mich hören. Sieglinde, meine Frau, hat mich einmal abgeschmettert: „Wenigstens einer in der Familie muss auf dem Teppich bleiben. Also lass mich Geld verdienen.“
(Fortsetzung folgt)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Follower