Freitag, 17. Juni 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1057

Bekenntnis

wie sehr
lieben wir
uns

ich
mich

du
dich

wie sehr
lieben wir
uns

Ein klares Wort ... nicht wahr? So sieht eines der Gedichte des Tages aus. Dazu kommt noch als weiterer "worträume 2.0"-Kandidat  "Absage" und aus 2008 aggressiv .

Leichter ist es da bei der Prosa. Die Erzählung ist nämlich nicht ganz kurz ...

Der Mann, der Anna Roth wurde (3. Fortsetzung)

Hoffentlich überstand Anna den ganzen Rummel unbeschadet. So bekannt, wie sie danach wäre, konnte sie später ja tatsächlich eigene Werke auf den Markt bringen, wenn sie dann noch wollte.
Das muss ich ihr in Ruhe erklären. Meine Idee bahnte ihren schriftstellerischen Weg. Anna, das Idol für die Jugend. Nicht außen schön und innen schön doof, sondern mit richtig Köpfchen. Und wer kritisch denkt, denkt meist politisch links.
Glaubte der Verlag, dem ich das Wunderkind unterschieben würde, den ganzen Schwindel, war er selbst schuld, hatte aber neben dem Spott den geschäftlichen Gewinn. Oder er ahnte von Anfang an, dass die Sensation getürkt war. Dann wäre es zwar nicht seriös. Aber für später lieferte er das beste Argument für die verderbende Rolle der Jagd nach Gewinn. Auch er priese den dummen Massen einen Bluff als echt an, so lange er damit reich werden konnte. Und verkaufte nachher die Betrugsgeschichte, weil damit wieder Geld zu verdienen war. Schlagzeilen, nicht Skrupel zahlen sich aus. Was zählt da ein sauberer Charakter?
Doch bin ausgerechnet ich der richtige Lehrer für das falsche Wunderkind? Würde sie immer und überall die Autorinnenrolle überzeugend spielen? Ohne sich zu verhaspeln? Ohne den bestimmt auftauchenden Zweiflern vorzeitig Nahrung zu bieten? Meisterte ich alle organisatorischen Hürden, damit Anna regelmäßig bei mir lernen konnte? In die Schule treibt die Pflicht. Aber zu dem älteren Mann ins Nachbardorf? Mache ich mir nicht schon wieder etwas vor? Gibt es nicht einfach zu viele Gründe dagegen, mit diesem realen Kind zu arbeiten? Ohne es zu bemerken, werde ich immer langsamer. Wäre mir auf dem Fußweg jemand entgegen gekommen, ich hätte ihn nicht bemerkt.
Egal. Ich würde es mir ewig vorwerfen, wenn ich diese Chance nicht genutzt hätte. Selbst, wenn es gar keine echte Chance war. Moment mal … Was machen andere, wenn sie einen Star haben, aber nicht für jede Situation? Sie setzen Doubles ein, Stuntmen, die an Stelle des Publikumslieblings die gefährlichen Sprünge machen. Für die richtige Anna mit ihren menschlichen Macken könnte vielleicht eine computeranimierte Anna einspringen, ihr ganz persönliches Stuntgirl sozusagen. Die wäre zwar kein Idol für die künftigen Erbauer einer besseren Welt, doch sicherte sie einen erfolgreichen Abschluss des Unternehmens. Und ich verdiente wenigstens Geld damit. Das würde selbst meine Frau überzeugen. Alles hängt also vom nächsten Wochenende und Pits Programmierkunst ab.
Endlich das Dorf. Ich laufe jetzt betont unauffällig an den Häusern entlang. Die freudige Erwartung kann ich nur mit Mühe unterdrücken. Eine Ahnung sagt mir, jetzt geht es aufwärts.
(Fortsetzung folgt)

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