Sonntag, 26. Juni 2011

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1065

Das erste Gedicht ist einmal etwas Berlinisches:


De Sonne kitzelt inne Neese
An’ne Spree iss richtich voll
Allet jerinst, keena kiekt beese
De Vöjels sing’ in Dur und Moll

De Jörn sind immazu an’n rennen
De Meechens sind janz scheen kokett
Nichma de Babys tun heut flennen
Ick find de kleene Schwarze nett!

Der Lenz, er iss so wundabar
Er stimmt uns alle jenädich
Janz neu valiebt sich jedet Paar
De Kleene scheent noch ledich!

So pirsch ick mir von hinten ran
Meen Jott, watt riecht se jut!
Und quatsch se so janz lässich an
Meen Herze jart in Blut

Se dreht sich um, mir wird janz flau
Da ham wa det Malheur
Die Kleene, iss ja meene Frau!
Kommt jerade von ’n Friseur


                                                          PeKa

Dazu kommt in den morgigen "Gedichten des Tages" noch als  worträume 2.0-Kandidat  der "Fensterplatz"  und aus 2008   menschwerdung  .

Nun zum Prosateil, der weitere Fortsetzung:

Der Mann, der Anna Roth wurde (11. Fortsetzung)

Irgendwie hat sie Recht. Theoretisch sehe ich über meine Zeit hinaus, aber praktisch bin ich so wie die anderen auch. Die echte Anna muss jetzt 17 sein. Habe ich etwa Angst vor ihr? Warum zögere ich, mich bei ihr zu melden? Mein neu gestaltetes Buch, also das, was vorgeblich ihr Buch sein soll, ist so gut wie fertig. Da hätte ich einiges zu erklären.
Ich warte einen Augenblick, bis mein ganzer Körper wieder unauffällig aussieht, dann finde ich im kalten Wasser Vergessen.
Auf dem Heimweg kaufe ich frisches Brot und fertige Puddings. Wenn die Kinder heimkommen, werden sie etwas Frisches haben wollen bei dieser Hitze.
Anna trägt ein Kleid.
Meine bewundernde Blicke genießt sie sichtlich.
„Sie entschuldigen meine Verspätung?“
„Wollen wir nicht lieber zum Du übergehen? Es wäre mir peinlich, weiter wie früher du zu sagen, und Sie sagen Sie, also du sagst Sie. Also ich heiße Thomas. Hallo!“
„Und ich bin immer noch die Anna. Hallo!“
„Von wegen… Die Anna, die ich kannte, war ein großes Mädchen, Sie, entschuldige, du bist … hm, also, man kann nur deinen Freund beneiden.“
„Danke, aber … Na, egal.“
Ich male mir aus, was sie zu diesem Outfit veranlasst haben könnte. Direkt aus der Berufsschule kommt sie bestimmt nicht. Dass sie, als mein Anruf sie erreicht hat, gedacht hat, … Was eigentlich? Ob ich sie damals schon angesehen habe, als ob, na ja, eben so … sie sich zu Hause extra umgezogen hat, um zu prüfen, ob „eben so“ richtig „eben so“ ist? Wenn sie nun damals wirklich nur Fieber gehabt hat und nachher sofort gekommen wäre, hätte ich mich gemeldet?
Ich stocke. Plötzlich sind die Worte weg. Zu dumm. Wie soll ich der fast erwachsenen Anna erklären, dass sie als Fünfzehnjährige ein Buch angefangen habe, das nun auf den Markt kommen solle, dass ihre Computerversion fleißig Text-Arbeit geleistet habe, um sie für Lesereisen und Interviews fit zu machen … und überhaupt all das?
Wenn Anna, also die jetzt vor mir, die lebendige, achtzehnjährige Anna, auch sicher ausreichend Fantasie für die Sache mitbringt – da habe ich keine Sorgen – so weiß ja ich nicht einmal, ob sie überhaupt noch schreibt.
Zum anderen verwirrt mich der Blick, mit dem sie mich … was eigentlich? Wartet sie auf etwas? Oder will ich da unbedingt etwas sehen?
„Weißt du was, Anna? Ich zeige dir erst mal, was sich hier in den vergangenen zwei Jahren alles verändert hat. Einverstanden?“
Zeit gewinnen. In meinem Alter sollen mich Mädchen, die meine Tochter sein könnten, nicht mehr so verwirren. Allerdings, was soll Annas Antwort bedeuten: „Wenn du meinst, dann schauen wir uns deine Welt an. Vielleicht muntert mich das auf.“ In ihren Augen blitzt der Schalk. Will sie sich über mich lustig machen? Oder … Ich muss es hinter mich bringen.
Nach der unteren Etage klettern wir die Treppe zum Dachboden hinauf. Hier war Anna nie vorher gewesen. Es ist alles ein wenig gruselig, bis auf das zugemauerte Fenster, das Anna sehr amüsiert.
(Fortsetzung folgt)

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