Montag, 10. Juni 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1764


Anna Roth: Superman (4 = Schluss)

...Nach einem Monat wagte ich heimlich die erste Großkontrolle vor dem Spiegel. Bewegte schweißtriefend glanzbrüstig meine Arme zu verschiedenen Posen.
Also zumindest bildete ich mir ein, einen Unterschied erkannt zu haben. 
Für Actionfilme fehlte natürlich weiter alles, aber als Ansporn zum Weitermachen und Verlängern der Trainingseinheiten eignete sich der Eindruck. Und ich vermied gründlich, von Nina erwischt zu werden. Sie würde bestimmt über meine Jagd nach Rekorden lachen - und ohne neue Rekorde hätte ich garantiert nicht durchgehalten.
Bald würde ich den einzelnen erkennbaren Muskeln ihre Namen zuordnen können. Dann könnte ich mich endlich wieder zu eine Lesung in jenem Haus wagen. Ich könnte sogar ein anderes Hemd wagen. Eines, mit dem mein 171 Tage Trainingsoberkörper von den Unleidlichkeiten meines Gesichtes ablenkte. Ob das, ob ich überhaupt Luise auffiele?
Es war ein wunderschöner Abend.
Obwohl - von der Lesung hörte ich nichts. Ich nahm überhaupt nicht wahr, ob Achram oder wenn sonst neben mir saß. Ich glaube auch, die Luft im Raum war so von kunstkennerischen Begriffen übersättigt, dass ich Atemnot hätte bekommen müssen. Aber der wesentliche Teil meines Ichs war längs die Treppe zur Theke heruntergestürmt.
Doch eine Pause gab es diesmal nicht. Man würde nach Schluss gemütlich beieinander sitzen bleiben, so als Kenner, die den Künstler umkreisen konnten. So hatte ich die Einführungsworte der Leiterin gedeutet. Nun fieberte ich dem Thekenmoment entgegen.
Und dann?
An diesem Abend begegnete ich Achram nicht. Und der Mensch, der neben Luise an der Theke stand, das hätte ich sein können ... ein Wie-Ich, als ich 22-jährig Fotos Fotos von mir vermied. Ich sah zu, wie er scheinbar unabsichtlich sanft über Luisas Becken strich. Wahrscheinlich behütete dieses Becken ein künftiges Menschlein wie mich und ... es hätte von mir sein können, hätte ich mich gleich getraut. Dieses Traumweib stand wohl auf Typen wie mich.
Ich habe nichts zu trinken bestellt.
Ich habe meinen ansehlicheren Oberkörper schnell verhüllt, als ich am heimischen Spiegel vorbeiging.
Ich habe Nina fester in ihre Decke eingehüllt, damit sie sich nicht erkältet im Schlaf.
Ich habe mich auf mein Rudergerät gesetzt und - obwohl ich meine Listen aufgeschlagen hatte - nicht gewusst, in welcher Disziplin diesmal ein Rekord fällig war. Aber gerudert, gerudert bin ich. Bis in einen traumlosen Schlaf.

***
.
 Nach der "Partei 1" nun weiter mit "Partei 2" - und jetzt wird hoffentlich klar, dass das wohl nicht um die FDU geht ... oder eben doch um genau die.

Jeder darf seine Meinung haben. Sebastian Deyas "Beginne" halte ich für eine wunderbare Baustelle des Denkens. Baustelle heißt aber auch, es wäre noch dran zu bauen. Spannend fände ich, ob andere sich auch an einem Wortspiel stören, das zustande gekommen zu sein scheint, weil der Künstler Angst vor einem Wortspiel hatte ...

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