Mittwoch, 12. Juni 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1766

Fahren wir fort mit unserem prosaischen Ausflug in die Welt suizidaler Erotik:

Anna Roth: Die Stunde vor dem Suizid (2)


...Diese mikroskopische Barschaft war der Rest eines 30-jährigen Arbeits- bzw. Hätte-gern-Arbeit-Lebens. Zusammengefasst fast nur Soll und kein Haben. War dann nicht vernünftig, ... wenn er sich möglichst unauffällig und schmerzarm von dieser Marktwirtschaft zurückzog. Beziehungen hatte er sowieso keine mehr. Als Form des Abschieds kamen also nur Messerschnitte oder Abstürze in Frage.
Da stoppte er: Was war mit den 110 Euro? Sollten sich etwa noch andere um die streiten? Warum bezahlte er damit nicht eine kurze Illusion, wie schön es hätte werden können, wenn alles anders gekommen wäre? Er erinnerte sich, dass e in besseren Tagen nie vergeblich auf Majas erotische Massagekünste gebaut hatte.
Er stellte sich kurz vor den Spiegel. Für einen Massageauftritt brauchte er sich das ungepflegte Gesicht nicht zu rasieren, aber an versteckter Stelle konnte das Maja mit besonderem Geschick bei ihm tun.

Sie stand zufällig selbst in der Tür.
"Nanu? Du? Komm rein!"
Maja stöckelte vor ihm her wie vor zwei Jahren. Sie trug einen schwarzen Kunstlederwickelrock wie damals und das Weiße der halterlosen Strümpfe lugte auch noch so obszön wie damals darunter hervor. An der gleichfalls weißen Bluse war nur ein einziger Knopf geschlossen. Ben versuchte, nicht zu aufdringlich in den Ausschnitt zu gucken. Maja war hübscher geworden, wenn auch dürrer.
Ben grüßte kurz die anderen Mädchen am Wartetisch. Die sahen irgendwie normal aus, hatten sich allerdings in Decken eingehüllt, denn im Vergleich zur Schweißtropfenwärme draußen war es im "Empfang" empfindlich  dunkel und kühl.
Ein dumpfes Grübeln verkrallte sich in Bens Gesichtzügen. Er spürte den Schmerz körperlich. Die, ausgerechnet die wären also die letzten Frauen, die er in seinem Leben gesehen haben würde.
Wieso eigentlich "ausgerechnet die"? Die waren weniger vernuttet als die meisten Menschen draußen. Sie kannten sogar ihre Grenzen.
Mit gespielter Leichtigkeit sprang Maja umher. Sie winkte Ben schnell weg vom Pausentisch und seinem belanglosen Geplauder.
"Na, kommst du? Ich zeig dir alles ... wie beim ersten Mal ..." ...

***

Wie immer folgen die "Gedichte des Tages" vom Folgetag:

Unter den "Testgedichten" gibt es verschiedene Trends. Einer sollten Texte sein, die nicht so 100%ig salztrocken rüberkommen. Zu denen sollte eigentlich "Vom vorerst verhindeten Revolutionierer" gehören. Okay. Ich sehe ein, ein Taksim-Gedicht wäre aktuell angebrachter gewesen ...
Als Partner steht mir dafür Meas Wolfstatze zur Seite ... und auch er revolutioniert nicht, sondern dichtet zum Thema "Freundschaft" ...

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