Samstag, 21. Dezember 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1945

Zuerst einmal das zweite Stück Prosa:

Thomas Staufenbiel


Fallende Tendenz (2)

Eine Viertelstunde des Wartens lag hinter mir und den vielen anderen Passanten, da kam endlich der nächste Bus. Ich wollte ihn gerade besteigen, als eine Stimme aus dem Hinterhalt – lass dich nie von der Seite anquatschen – mich davon abhielt. Eine junge Frau, und da will ich doch mal ein Auge zudrücken und kein Chauvinistenschwein sein, die einen Kinderwagen bei sich führte, bat um Hilfe. Ja, sie traf meinen wunden Punkt – wer könnte schon einer attraktiven jungen Frau widerstehen – ich bin ein hilfsbereiter Mensch. Sie ging voran, ich hob den Wagen von unten in den Bus. An dieser Stelle sei gesagt, dass es noch immer nicht an jeder Haltestelle ebenerdige Einstiege gibt. Hier fehlten sie. Die bezaubernde Blondine – modernste Chemie weckt Urinstinkte des Mannes – bedankte sich lässig, hob ihre Nase und verschwand in den Weiten des Blechmonsters.
Nun war es auch an mir, den Fuß in selbiges zu setzen, doch bevor ich das tun konnte, war da schon wieder eine junge Frau – von steigender Population der Eichhörnchen hatte ich bereits gehört, dass das allerdings auch auf die menschliche Rasse zutraf, war mir neu – mit Kinderwagen. Hatte ich bereits erwähnt, dass ich dem weiblichen Geschlecht in jugendlicher Form wenig abschlagen kann? Nun denn. Als ich auch diesen Wagen gerade im Bus abgesetzt hatte, schlossen sich die Türen und ich stand draußen. Das Tiefdruckgebiet näherte sich mit rasender Geschwindigkeit.


Der nächste Bus kam zwanzig Minuten später und nahm mich mit. Erst hielt ich dies für ein Wunder, sollte aber später den wahren Zweck erkennen. Ich ergatterte einen Fensterplatz, besser, ich stürzte mich buchstäblich auf ihn, da mir das Bein eines anderen Passanten im Weg stand. Erreicht hatte ich damit nichts, denn die Sicht wurde immer schlechter. Das lag jedoch nicht an meinem radikal abgestürzten inneren Barometer, sondern an den dreckigen Scheiben, die nun nach und nach beschlugen. Ich nahm ein Taschentuch und wischte ein Guckloch in den Schmutz auf der Scheibe. Dabei musste ich mir wohl einen Nerv eingeklemmt haben, jedenfalls durchzog mich ein massiver Schmerz vom Nacken bis hinunter in das Steißbein. Er rief mir Stellen meines Körpers ins Bewusstsein, an die ich nie einen Gedanken verschwendet hatte, geschweige denn wusste ich, dass sie überhaupt existieren. Ich stand auf, lief einige Schritte und verbog mich zum Unwohlgefallen der Umhersitzenden. Sie zerrissen sich sogleich das Maul und ich glaubte Worte wie „Spinner“ und „Was will der denn beweisen“ zu vernehmen. Als ich mich wieder auf meinen Platz setzen wollte, fand ich ihn von einem anderen Herrn okkupiert. Vorsichtig erklärte ich ihm, dass dies mein Platz sei. Der Mann jedoch verteidigte sein neu erworbenes Territorium mit Schirm – nicht Charme – und Melone und faselte etwas von „kein Privateigentum“ und „Idiot“, damit war das Thema für ihn erledigt. ...

(Weiter in:
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Nun folgt ganz unaufgeregt die nächste Ausgabe der "Gedichte des Tages":

 Ein weiterer Roger Suffo - wahrscheinlich unter Einwirkung von einem kräftigen Schluck Grog entstanden, denn das Gedicht heißt "Hausfrau, leicht beschwipst". Aber es folgt ja sofort der Blick aufs Adventskalendertüchen:



Adventsfenste3--22.jpg

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