Donnerstag, 5. Januar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1259


Die Statistik
strahlt
in hellem Sonnenlicht.
Wir können es
kaum glauben:
Uns geht es einfach
blendend.
Ringsum die Länder
stehen vor dem Ruin.
Sinnlos ihr Ruf
um Hilfe.
Warum erwarten sie die
ausgerechnet von uns.
Ihr Scheitern ist
unsere Chance.

Der,
dessen Hütte
gerade zum Spielball der Winde wurde,
drückt seinen Körper in Stein.
Wann,
fragt er hoffend,
zieht der Taifun endlich weiter …

Wir alle wissen, dass schon im nächsten Moment der Taifun auch den Platz erfasst, der eben noch sein "Auge" gewesen ist.
Aber was gibt es sonst noch an "Gedichten des Tages" übermorgen?
Erst einmal noch ein "Testgedicht":  "Vom vergangenen realen Sozialismus - eine Naturbetrachtung"
und dann zwei Blicke drei Jahre zurück:

Wolfgang Reuter: Mauer-Rest


und

(398) neues jahr



Womit wir wieder bei der abschließenden Prosa wären. Da sind wir nun schon bei der 56. Fortsetzung des utopischen Romans  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth angekommen.


Hütermann waren wir im neunzehnten Jahrhundert begegnet. Ich überlegte, sicherheitshalber erst einmal das zwanzigste Jahrhundert zu überspringen und nach der Revolution, dem Wandel oder was auch immer das Zusammenleben der Menschen so einschneidend verändert hatte, im zweiundzwanzigsten Jahrhundert zu suchen. Ich hatte gerade die anderen illustrierten Bände zur Seite gelegt und meinen Forschungsband aufgeschlagen, da klopfte es zaghaft. Ehe ich etwas antworten konnte, drängten Siegrid, Dietmar und Heinz durch die Tür. Richtiger, Siegrid stand sofort mitten im Zimmer, und die beiden Männer hielten sich wie Bodyguards jeweils rechts und links einen Schritt hinter ihr.
Wir müssen mit dir reden. Es ist wichtig.“
Ich freute mich fast über die Abwechslung. Gerade mit den Dreien hatte ich seit langem kein richtigen Kontakt, und jetzt besuchten sie mich von sich aus.
Setzt euch doch!“
Anna, vorhin hast du zugegeben, dass dich genau das selbe quält wie uns. Wir fürchten, wir haben einen Fehler gemacht. Wir sind in eine zu ferne Zukunft geschleudert worden. In diese Zeit muss man hinein geboren sein. Das sind wir nicht. Polizei als Suchtruppe für verirrte Menschen! Das ist ja penetrant, wie sich hier jeder um den anderen kümmert. Zum Kotzen. Wir wollen nicht zur Arbeit gehen wie zu einem Kulturzirkel. Vielleicht treffen wir einen Kollegen, mit dem wir nicht können – schon ist gegen den Harmoniemangel der Psychologe da. Verstehst du?“
Ich nickte. Aber warum sollte das schlimm sein?
Wollten wir nicht mal was bewegen, als wir damals in die Zeit gezogen sind? Wir haben auch mal was bewegt. Aber jetzt ...“ Siegrid machte eine bedeutungsschwere Pause. „... jetzt sollten wir besser wieder in eine Zeit reisen, in der genau wir gebraucht werden. Die Menschen hier werden uns ewig fremd bleiben. Die Probleme, die wir verstehen, liegen weit hinter ihnen, und die Probleme, die denen wichtig scheinen, sind uns fern. Alle erstreben wie selbstverständlich ein harmonisches Verhältnis zu sich, ihrer Umwelt und ihrem natürlichen Leistungsvermögen. Sie sind offenbar davon überzeugt, ein winziges Stück für die bewusste Vorwärtsentwicklung der Menschengemeinschaft zu tun. Total langweilig ideal! Also ich leiste mir den Luxus, an mir selbst zu zweifeln und an allem, was um mich herum so abläuft. In dieser Zeit erscheint mir alles zu glatt. Kann ja sein, ich seh das einseitig. Aber so seh ich es eben.“
Ich hätte ihnen von Paps und Martina erzählen können. Da war nicht alles glatt gelaufen. Ich wusste nur nicht die Einzelheiten. Also fragte ich:
Sag mal, was wollt ihr überhaupt?“
Du kannst es dir nicht denken?“
Dietmar sah fragend auf den Geschichtsband in meinen Händen. Während ich verwirrt mit dem Kopf schüttelte, sprach er weiter:
In das von uns geschaffene 20. Jahrhundert wollen wir natürlich nicht. Den größten Nutzen für die Menschheit haben wir früher.“
Ich betrachtete ungläubig ihre drei abwartenden Gesichter. Hatte ich sie richtig verstanden?
Seid ihr verrückt?“
Die Energie reicht noch für eine solche Reise. Das Schiff ist in guter Verfassung. Wir machen bei der Revolution mit. Da sind wirklich wir wichtig.“
Das sagte Siegrid. Wie hieß die römische Göttin? Diana? Oder war es was Griechisches, diese Kriegerin mit erhobenem Schwert? Ich fand Siegrid pathetisch und irgendwie überheblich. Trotzdem lag etwas Wahres in ihren Worten. Zumindest hatte sie vor mir die Zeit der großen Veränderungen gefunden.
Was wollt ihr mit den Wärtern machen?“
Wir besorgen uns unsere Strahler und stellen sie auf Betäubung ein.“


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