Freitag, 13. Januar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1267

Im Mittelpunkt steht diesmal ganz verschiedene Lyrik. Da wäre zum einen das inhaltlich streitbare und umstrittene

Pubertäres Kichern
hitzig und hysterisch
verlegen grunzend
während sie ihre Blasen
über den getöteten Terroristen entleeren.

Bitte lächeln fürs Familienalbum
Postkarten von der Front
Betriebsausflug in Tarnfarben
dafür sind sie in die Welt gezogen
und haben die Pfaffen vergessen
die ihre wütenden Parolen
durch die Kornfelder des mittleren Westens schickten
in Gegenden
wo ausser Gott niemand mehr haust
wo an jeder Veranda
ein bellender Köter angeleint ist
räudig und voller Fliegen.

Erinnerst du dich?

Das waren die Jungs
die dich anrempelten
wenn du dein Essenstablett trugst.

Das waren die Jungs
die dich in den Spind stopften
und lachten wie Menschen
denen niemand Einhalt gebietet.

Es sind immer die Gleichen
ob der Ort Srebrenica heisst
oder Bergen-Belsen
ob es eine verlassene Fabrikhalle ist
wo es nach Ozon riecht
und nach verbrannter Haut
oder Maschendraht in der Wüste
wo ausgemergelte Gestalten
gezwungen werden
ihre eigene Religion zu entehren.

Guantanamo als Bausatz in jedem Baumarkt
neben der Heimsauna
gekauft von Bauernlümmeln
mit vierschrötigen Gesichtern
die zur richtigen Zeit
das falsche tun werden.  

Dazu kommt

Hütchenspiel


Ich spiele und spiele;
Im Flutlicht des Ruhestroms
Ich spiele und spiele.

Ich wusste um Lockvögel.
Ich sah sie gewinnen.
Ich setzte Entbehrliches und
keine deiner Bewegungen
könnte meinen Augen entgehen,
dachte ich.

Ich spielte und spielte
Im Glanze des Sonnenlichts
Ich spielte und spielte.

Ich setzte Stück um Stück
mein ganzes Vermögen.
Wohin sollte ich sehen:
Auf deine flinken Finger oder
auf dein Lächeln im Gesicht.
Ich war dir verfallen.

Ich spielte und spielte
Im Rieseln des Regentags
Ich spielte und spielte.

Nach jeder Niederlage
schenktest du mir neues Lächeln.
Ich setzte Hemd und Schuhe
ich setzte den Slip gegen alles,
was du schon genommen.
Welch Lächeln begrüßte meine Blöße.
Vorbeieilende bedeckten mich mit
Mitleidsblicken.

Ich spielte und spielte
Im Trocknen des Gegenwinds
Ich spielte und spielte.

Erst hast du meine Schuldscheine akzeptiert,
dann schriebst du sie mir vor.
Ich hielt sie unbesehen
vor meine geschrumpfte Scham
und verlor sie an dich.

Ich spielte und spielte
Im Blendlicht des Sonnentags
Ich spielte und spielte.

Lass mich Lockvogel sein,
Geliebte,
die du mich nicht liebst.
Einmal durchschaue ich deinen letzten Trick
und mit allem, was je ich gesetzt,
stehe ich auf.
Dann wirst du mich bitten:
Bleib!
Ich werde dich duzen dürfen,
doch dann bist du dran
mit Ausziehen, meine
Lachesis …

Ich spiele und spiele
Im Flutlicht des Ruhestroms
Ich spiele und spiele.

Sozusagen eine lyrische Erzählung aus "worträume".
Zu den "Gedichten des Tages gesellt sich noch 

Gunda Jaron 

  

 Bittersüß


Da ist nicht mehr viel Raum für die Fortsetzung der Prosa. Da sind wir nun schon bei der 68. Fortsetzung des utopischen Romans  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth angekommen 

„Wir glauben deshalb, dass wir das Vorhaben eurer Kameraden verhindern müssen, ohne das Leben der gefangenen Kinder zu gefährden. Sonst würden wir ja den Wert eines Menschen gegen den Wert eines anderen abwägen. Aber alle sind doch gleich. Wir hoffen deshalb auf euch. Ihr versteht das Denken dieser für uns Fremden besser als wir.“
Dieser für uns Fremden. Das klang in mir nach. Ich schluckte die Frage herunter, ob er mich in das Uns einbezog, oder ob es nur die Menschen umfasste, die in dieser Welt geboren waren. Die Mauer, die so ein paar Worte auftürmen konnten, war hoch.
„Was können wir denn tun?“
Meine Frage kam ohne Überlegung.
„Genau das ist unsere Frage: Was werdet ihr tun?“
Ich hatte einmal kurz aller Verantwortung entfliehen wollen. Das durfte offenbar mein Geheimnis bleiben. Aber ganz selbstverständlich war ich wieder Chefin. Der Mann mir gegenüber wechselte seine Rolle. Hatte mich bei seinem ersten Auftreten der Gedanke geängstigt, er wäre der klassische Geheimdienstler mit stahlblauen Augen, einem harten, undurchschaubaren Blick, strenger Kurzhaarfrisur, die wohl im schlimmsten Sturm kaum zerzauste, und einem Jackett, das perfekt geschneidert war, alles glatt und fleckfrei rein, so hatte er jetzt etwas Pastorenhaftes. Mit diesem Gesichtsausdruck, als ob er für alles, selbst das Unverständlichste Verständnis hatte. Zugegeben, korrekt war er, korrekt und ein Mann.
Bedächtig entgegnete ich:
„Erst einmal hole ich alle Übrigen aus dem Zeitschiff zusammen. In diesem Kreis werden wir überlegen, was wir tun können.“
„Danke. Dürfen Patty und ich als stille Beobachter dabeisitzen?“
Ich betrachtete die beiden Männer endlose Sekunden schweigend. Ich ließ die besorgte Stimme des einen – wie hieß er noch? Josh? - in mir nachklingen. Ich dachte daran, dass sie genug technische Möglichkeiten hatten, unsere Gespräche unbemerkt mitzuhören. Dann nickte ich. Bildete ich mir das nur ein, oder atmete dieser Josh tatsächlich auf?
Dreizehn Menschen saßen danach beieinander. Wir hatten unterschiedliche Erfahrungen mit Siegrids Mannschaft gemacht. Nur Maria und Ernst erfuhren erst jetzt von deren Unternehmen.
„ ... Die wollten also Götter spielen?“ sagte Ernst. „Ich habe Götter noch nie leiden können.“
„Das bringt uns nicht weiter. Ob wir Siegrids Verhalten verurteilen, ist nicht die Frage. Sondern wie wir dieses Unternehmen verhindern können.“
„Ist doch ganz einfach: Schlafgas. Haben wir doch erprobt.“
Hannes´ Vorschlag begeisterte uns nicht.
„Siegrid kennt das, ist darauf vorbereitet. Sie sind jetzt wieder im Schiff. Das ist dicht.“
Anita sprach nur aus, was alle dachten. Eine eigene Idee musste her. Geiselnehmer reagierten um so überreizter und unberechenbarer, je länger sich alles hinzog. Wir kamen zu keinem Ergebnis. In jeder Hinsicht müde zogen wir uns in unsere Betten zurück. Um so unbegreiflicher erschien mir am nächsten Morgen Nuks Gute-Laune-Gesicht.
„Josh will gleich mit dir sprechen. Er hat einen Vorschlag.“


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