Freitag, 6. Januar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1260

Gunda Jaron: Parallel

Sinnend blickt sie auf die Gleise,
ein Symbol, wie es ihr scheint,
für die eigne Lebensweise;
Parallelen, fest vereint:
Schwellen koppeln Schienenstränge
aneinander, voll und ganz,
doch zugleich, auf voller Länge,
halten sie sie auf Distanz.

So verknüpft auch sie zwei Welten,
die einander nie tangier'n.
Manchmal hat sie, wenn auch selten,
das Gefühl, sich zu verlier'n,
nämlich wenn sie zwischen beiden
Welten steht und ihr Verstand
leise rät, sich zu entscheiden
für die Welt, die ihr bekannt,
und in der sie bodenständig
fest verwurzelt liebt und lebt.

Doch die andre Welt, lebendig,
neu und fantasiegewebt
aus Versprechen und Begehren,
Sehnsucht, Lachen, Träumerei'n
möcht' sie auch nicht mehr entbehren,
mag's auch egoistisch sein.
Und so muss sie balancieren
auf den Schienen wie ein Kind,
muss mal links, mal rechts agieren,
weil ihr beide wichtig sind.

Sinnend blickt sie auf die Gleise,
jenen Punkt so fern und klein,
wo sie paradoxerweise
sich vereinen. Aber nein:
Parallelen wie die Stränge
treffen niemals, wie sie weiß,
aufeinander, denn dann spränge
ja der Zug aus seinem Gleis.

Und so hält auch sie die Welten,
die ihr lieb sind, strikt getrennt,
denn die gleichen Regeln gelten
auch für sie. Und sie erkennt:
Würden sich die zwei berühren,
der Gedanke – Utopie,
sie würd's Gleichgewicht verlieren.
Und sie seufzt. Dann lächelt sie …

Viele der hier vorgegebenen Motive in einen anderen Kopf geschüttet und vermixt ... und es kommt "Ausgerissen" dabei heraus, das Testgedicht von übermorgen. Und damit die Gedichte des Tages einen eigenen Gesamteindruck bekommen, das Rückblick-Gedicht:

Hanna Fleiss: Winterelegie


Soll eigentlich schon das Geheimnis aufgelöst werden, warum schon eine Weile Autoren des Friedrichshainer Autorenkreises vorgestellt werden? Ja?! Na, weil dieser Nachfolger eines Zirkels schreibender Arbeiter aus der DDR in diesem Jahr sein 40jähriges Bestehen feiern kann!!!

Womit wir wieder bei der abschließenden Prosa wären. Da sind wir nun schon bei der 57. Fortsetzung des utopischen Romans  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth angekommen.





Heinz schien das Ergebnis langer Diskussionen zu beschreiben. Jetzt war die Sache an mir. Theoretisch hatte ich durch meine neue Arbeitsaufgabe die Chance, beim ersten Kontakt von Menschen mit neuen, unbekannten Intelligenzen dabei zu sein. Aber in Wirklichkeit glaubte ich nicht daran. Gäbe es im erdnahen Raum solche Wesen, warum hatten sie sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht gemeldet? Kanäle für eine Kommunikation waren schon lange da. Mit dem, was mir Siegrid vorschlug, blieb mein Leben auf Dauer spannend.
Da war noch etwas Anderes. Ich musterte Dietmar. Er war ein Mann zum Zugreifen. Jetzt, wo Maria ein Kind empfangen hatte – ich lächelte unwillkürlich bei der Formulierung – warum sollte ich von Dietmar nicht auch eines bekommen? Warum sollte ich nicht auch einmal mit einem mir nahen Menschen glücklich werden? Siegrid bliebe Heinz.
Ich glaube aber, wir müssen noch einiges konkret durchsprechen.“
Die Männer lächelten entspannt über meine Zustimmung. In Siegrids Augenwinkeln flackerte es kurz. Sie antwortete aber sofort beherrscht:
Alles klar, Commander!“
Lassen wir die anderen hier? Oder sollten wir sie nicht wenigstens fragen? Von Maria und Ernst abgesehen? Die würden freiwillig nicht auf eine Entbindung in dieser Zeit verzichten. Schon allein wegen der besonderen Vorsorge für werdenden Mütter. Aber die übrigen?“
Ich dachte an „Die Schatzinsel“. Wir waren John Silver und Co. Erzählten wir jemandem von unserem Vorhaben und er wollte mit, war alles in Ordnung. Wenn nicht, dann müssten wir ihn zum Schweigen bringen. Unsere Abreise musste während der folgenden Woche ein Geheimnis bleiben. Die Liste, wer gefragt werden sollte, enthielt acht Namen. Siegrid versprach mir:
... Wenn du nicht willst, wir drei sprechen vorsichtig mit allen. Wenn sie nicht mit wollen, dann sind es eben Zukünftler. Wir bereiten ihnen schon keinen Schaden. Lass mich nur machen, Commander. Sie werden besonders lange und fest schlafen. Zukünftler ist doch ein ehrenvoller Titel für die Anpassungsbedürftigen, die unbedingt hier bei diesen Futsies bleiben wollen, oder?“
Als wir uns verabschiedeten, drehte ich mich kurz um:
Du brauchst keine Angst haben. Vom Chefin sein habe ich langsam die Nase voll.“
In meinem Zimmer warf ich mich aufs Bett. Heinz hatte Recht gehabt. Ich war nicht die Richtige, um andere Mitglieder unserer neuen Mannschaft anzuwerben. Das hatte mehrere Gründe. Der erste war der, dass offenbar die meisten gewohnt waren, mir einfach zu folgen. Aber leider wurde mir noch etwas anderes klar. So halbwegs befreundet oder vertraut war ich aus dem ganzen Team der Zeitreisenden nur mit Maria und Ernst. Alle anderen achteten mich sicher als Leiterin, aber ich war ihnen wahrscheinlich genau so fremd wie sie mir. Ich wäre ihnen gern näher gekommen. Was weiß ich, warum sich keine Gelegenheit geboten hatte.
Eigentlich hatte ich auch nicht das Vertrauen von Siegrid und ihren beiden Männern. Theoretisch wusste ich, dass mit allen Teammitgliedern geredet werden sollte, aber praktisch hatte ich mich von den Gesprächen ausgeschlossen. Ich konnte nicht einmal fragen, wer die Sache wirklich gut fand – oder warum nicht.



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