Donnerstag, 26. Januar 2012

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1280

Wenn wer fragt, wie die "Gedichte des Tages" übermorgen aussehen werden, so antworte ich, voraussichtlich so:

Mit " Am Ende für´s Leben " hat sich Sebastian Deya etwas gewagt, eine Art "lyrisches Testament", dass man sich kaum wagt, an formalem Dingen herumzukritteln. Oder findet sich jemand?

Jeder Poet zaubert nicht nur Wortwelten vors geistige Auge des Lesers, meist hat er eine Lieblingszauberwelt, die ihm mitunter wie von selbst beim Schreiben auf die Tastatur springt. " schilfgesang" verrät wieder die kleine Gänsehaut, mit der Ursula Gressmann spielt ...
Zum Schluss wieder der Blick nach 2009. Da entdecken wir ein weiteres Gedicht einer Autorin mit einem sehr eigenen lyrischen Blick:


Hanna Fleiss: Flucht


Na, da kann man doch die Link-Blicke in die Zukunft werfen, oder?

Und wer unbedingt einen Prosa-Lese-Happen genießen will ... Wir sind gerade bei der 81. Fortsetzung des utopischen Romans  "Operation Zeitensprung" von Anna Roth angekommen  


Fremde Welten und das Ende von Marias Empfängnis

Am nächsten Morgen begrüßten uns eine gewaltige Projektionswand und ein total verwirrter Natio.
„... Ich weiß nicht, was das ist ..."
Auf der Wand sahen wir sich bewegendes Grün. Pflanzen, wie sie sich ein auf Phantasie programmierter Computer ausgedacht haben könnte. Natio gab es auf, an seinem Pult zu schalten. Offenbar war die Tastatur wirkungslos. An der Wand fuhr eine Kamera weiter an einem phantastischen botanischen Garten entlang. Am meisten faszinierte mich eine riesige rote Blüte zwischen all den Nuancen von Grün. Diese Blüte war in dem Film am Rand als Knospe aufgetaucht, hatte sich zuckend geöffnet und, bis sie den anderen Bildrand erreichte, löste sie sich in schwarzbraune Kringel auf.
Dieser scheinbare Lehrfilm vom Werden und Vergehen in Zeitraffer zog mich immer stärker in einen hypnotischen Bann.
Jetzt erschien eine gleiche Knospe wieder am Anfangspunkt. Es war völlig still im Raum. Die Knospe entfaltete sich zur Bildmitte hin. Zwischen den Blütenblättern wuchs etwas. Kelch, Stempel, wie hieß das noch? Längst verschütteter Biologieunterricht. Ein Schmetterlingsprinz? Nein. Eine Frau. Eine Walküre. Ohne Schild und Schwert. Nackt. Ein strenges, rotbläuliches Gesicht. Menschenähnlich. Mit überhoher Stirn, knochig weit vorstehender Nase, kleinen Ohren, übergroßen Augen. Der Bauch wölbte sich vor. Immer weiter. Die Frau setzte sich hin. Zwischen ihren Beinen drückte sich eine hohe Stirn vor, ein haarloser Kopf. Im Hintergrund klang Musik. Wahrscheinlich war sie von Anfang an da. Ich bemerkte sie erst, als das Baby schrie. Die Frau hielt es an ihre volle Brust. Es saugte und saugte. Sah zufrieden und müde aus. Die Kamera wich zurück. Was ich sah, konnte eine Stadt voll Dachgärten sein. Alle Bewegungen hatten aufgehört. Durch die merkwürdigen Dachgärten hindurch schimmerte das Baby an der Brust. Langsam wurde die Wand wieder Wand.
Ich warf meinen Kopf hin und her, schüttelte mich, kam langsam wieder zu mir. Um mich herum reckten sich die Leute, als erwachten auch sie gerade aus dem selben Traum.
Wie aus dem Nichts aufgetaucht stand nun eine Frau am Pult. Sie sah uns an, lächelte ruhig und wartete gelassen darauf, dass wir uns auf sie konzentrierten. Unverkennbar war sie der Frau in dem Film, wenn ich die Wandprojektion so nennen durfte, sehr ähnlich. Zumindest war sie eine typische Hochkopffrau.
„Ich grüße euch. Wir finden es wunderbar, dass ihr uns besuchen wollt. Denn ihr habt Recht: Es ist Zeit, dass wir miteinander reden."
Sie sprach in unserer Sprache, akzentfrei und deutlich, nur ihre Stimme war ein Gesang in sehr tiefen Tönen, tiefer als männlicher Bass.
„Ihr habt jetzt insgesamt die Reife für einen Kontakt mit uns erreicht. Wir brauchen euch nicht mehr zu fürchten. So kommen wir zu euch. Das ist einfacher als umgekehrt. Wir haben viele Schiffe in Zeit und Raum, ihr jetzt eines. Jeder von uns hat viele Dinge und Fähigkeiten, die für die andere Seite nützlich sind, wobei das Miteinander von Nachbarn keine Sache nützlicher Dinge sein sollte. Bisher haben wir euch nur heimlich beobachtet. Entschuldigt bitte! Aber erst jetzt ist der Moment gekommen, von dem an wir einander besuchen werden wie Bewohner zweier Nachbarstädte. Ihr werdet euch wundern, wie sehr wir euch in unseren Lebensauffassungen ähnlich sind. Ich hoffe es zumindest. Wir sind bei uns nämlich davon überzeugt, dass jedes denkende Wesen einmal so ähnlich denken, fühlen und zusammen leben müsste wie wir, wenn er seine Umwelt genauso entwickelt hat. Und so weit wir das erkennen konnten, habt ihr das ..."
Natio hatte die ganze Zeit neben ihr gestanden wie ein vergessenes Blumenkind der Empfangsgemeinde.






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