Freitag, 11. Januar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1618


Also dass Thomas Reichs Gedichttitel "Sympathy for the Poet" so unverkennbar nach dem "Sympathy for the devil" der Rolling Stones "riecht, ist sicher kein Zufall. Aber es ist eben auch das nächste, sehr eigene Gedicht zum Thema Gedichte-Schreiben ...
In gewisser Weise ist mein "Grazil" das "Gegenstück" auf höherer Abstraktionsebene ... zumindest, solange man Grazien als Abstraktes ansieht und nicht ... körperlich.


.Ich würde mich freuen, hätten wenigstens einige Leser etwas Mitgefühl für den Helden meiner kleinen Geschichte:



Slov ant Gali: Obelix (2 und Schluss)



Das achte Viertel. Nun ging es los. Obelix hörte das erste Keuchen hinter sich. Er war im Weg. Zeit, in eine der Mittelbahnen auszuweichen. Bei ihm kam es nicht so darauf an. Die ihn jetzt überholten, hofften noch auf eine gute Zeit. Er … durfte sich nicht einmal für einen Moment in den Windschatten eines der Schnellen kugeln, denn damit behinderte er ja die nächsten, die ihn auch überholen mussten. Hauptsache, er hielt einen, also seinen Rhythmus durch. Nicht schlapp machen! Gut gesagt – er WAR schlapp.
Manche Frösche oder Kröten hatten so komische Säcke, die sie aufpumpen konnten, bevor sie ihre Geräusche ausstießen, quakend, zitternd, lebensbegierig. Obelix kamen seine Schläfen so aufgepumpt vor. Würde er jetzt gleich zu quaken beginnen? Oder eher wie der verzauberte Prinz an die Wand, also praktisch auf den Platz geklatscht werden? Er hatte nicht mitgezählt, wer ihn alles überholt hatte. Es wahr wohl die elfte Gerade, als ihn die Ersten zum zweiten Mal überholten. Einmal aufblicken. Die dreißig Jungen hatten sich zu Grüppchen verklumpt. Zu zweit, zu dritt, ja, sogar zu fünft sich moralisch aneinander festhaltend. Nur Kalle und der Tiger überrundeten für sich allein.
Detlef und Ticke legten eine Pause ein. Ein paar Schritte, als spazierten sie hinterm Ziel, vorbeugen, strecken ... Dann liefen sie wieder weiter. Sollte Obelix auch …? Nein! Er wusste: Einmal nur und er würde nicht wieder loslaufen können. Jede Sehne lauschte auf das Kommando AUFHÖREN. Nein! Er würde nicht aufgeben!
Nur nein zu sagen ist eine schwache Energiequelle. Der Sportlehrer zeigte Obelix eine 5 und rief noch 15 Minuten. Aber das galt wohl eher den beiden, die gerade zum Überholen ansetzten. Obelix fehlte die Kraft, wie üblich in die Mitte auszuweichen. Die beiden aus der Nachbarklasse merkten es nicht. Sie umliefen ihn wie ein bewegliches Hindernis …
Die Müdigkeit hatte nun auch andere Goldbeine erreicht. Obelix sah von weitem noch wie eine Dampfwalze aus oder ein Stier. Arme angewinkelt, Kopf vorgebeugt. Doch er war kaum schneller als andere beim Wandern. Wer hätte schon bei ihm hingesehen. Welches Mädchen beobachtete schon einen Jungen, um sich über seine vergeblichen Mühen zu amüsieren und über den Schweiß, der bei ihm in stärkeren Strömen floss. Es war zum Heulen und eigentlich, wenn man nahe genug herangekommen wäre, hätte man es gesehen: Der Junge, den sie alle Obelix nannten, heulte wirklich, hilflos und im Bewusstsein, dass es sowieso niemand bemerken würde.
Die 30 Minuten waren fast um. Drei Mitschüler hatten zwischendurch aufgegeben. Sie lagen am Rande der Bahn. Der Sportlehrer winkte heraus heraus, wer an ihm vorbei wollte. In den Restsekunden war keine Runde mehr zu schaffen. Obelix erwischte das Ende der Zeit am Wendepunkt nach dem zweiten Viertel einer Runde. Wahrscheinlich war keiner mehr hinter ihm. Wenn er jetzt in langsamen Spazierschritt verfiele, würde es nur den wartenden Sportlehrer stören. Beschimpfte ihn der nicht immer? Zwei Jungen vor Obelix hatten die Situation genauso gesehen. Sie schlenderten ihre Restrunde. Wie oft mochten sie ihn zuvor überholt haben? Egal. Nun walzte er an ihnen vorbei. Auf der Mittelbahn wie bei ihm üblich.
Ein Viertel noch. Ecky vor ihm konnte sich nicht entscheiden. Fünf Schritte Trab, fünf Schlendergang, dann Schwung … Obelix hatte den Jungen einen Moment fixiert, abgeschätzt, er könnte es schaffen. Er stampfte auf, trat auf den Untergrund, als wollte er den für alle Demütigungen bestrafen, die andere ihm bereitet hatten. Obelix merkte, dass er entgegen jeder Vernunft beschleunigte. Er kam seinem Vordermann näher, näher, immer näher …
Es mochten die letzten drei Meter sein, auf denen er, Obelix, an Ecky vorbeizog. Begeistert riss er die Arme hoch. Sieg! Er war sozusagen auf Platz 24 eingekommen, denn sechs andere hatte er am Schluss noch überholt, mochten die ihn vorher auch überrundet haben. Nur undeutlich vernahm Obelix die Stimme des Sportlehrers: „Schade! Eine Runde fehlt. Du hast es wieder nicht geschafft ...“

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