Mittwoch, 30. Januar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1637


Bei den Gedichten des Tages geht es gerade im Shinkansen-Tempo (oder hieß das doch Schimpansen-Tempo?) gleich zweimal von Rückblick auf "worträume" zu "Voran zur Natur" ... also natürlich VORAN ... was sonst? 

."Vom Königsfloh"
  "pegasus turtelt"



..Also wenn schon ohne lyrische Gäste, dann diesmal ganz. Also ist "nur" noch eine weitere Fortsetzung fällig:

Es folgt ein weiteres Stück Leseprobe aus "Die sieben Kugeln":


... „Dann hätten sie Millionen Jahre Anabioseschlaf hinter sich, oder von ihrem Auftauchen gäb es irgendwelche Überlieferungen, Spuren oder so.“ Jens schüttelte den Kopf. „Da scheint mir schon glaubhafter, dass es Nachrichten sind, die wir nicht verstehen. Wenn wir schon so etwas zusammenspinnen wollen.“
Sonja hatte sich aufgerichtet. „Wenn sie als Kugeln reisten, dann spielte Zeit kaum eine Rolle für sie. Irgendwann träfen sie schon auf einen bewohnbaren Himmelskörper. Aber aus welcher Mottenkiste habt ihr bloß eure Philosophien? Als ob Intelligenzen unbedingt modern, fortschrittlich, friedlich und so zusammenleben müssten, wenn ihre Technik modern, also noch moderner ist als unsere …“
Nun komm uns nicht mit solchen Horrorerfindungen von eroberungswütigen Superwesen, Borgs, Kyborgs oder so. Die gibt es doch nur im Film. Und da sind sie auf dem Niveau der alten Römer stehen geblieben. Dadurch werden automatisch die Menschen zu den Guten. Die Filmemacher verstehn´s nicht besser.“ Jens hatte sich in seinem Stuhl aufgerichtet.
Du tust ja so, als wären wir Menschen weiter! Wir sind im Moment nur die einzigen intelligenten Wesen, die wir kennen. Und was tun wir? Tanzen auf einem selbst geschaf­fenen Pulverfass. Überlegt doch mal: Ist es nicht ein glücklicher Zufall, dass es unsre Erde noch gibt? Ja, viel fehlt uns nicht bis zu Flügen zu fremden Sternen. Technisch fä­hig dafür wären wir. Die fremden Welten können vielleicht froh sein, dass wir sie noch nicht erreicht haben.“
Bei ihren Worten sah Sonja Jens ins Gesicht. Sie war halb aufgestanden und wurde mit jedem Satz lauter. Petra verdrehte die Augen. Mit ihrer linken Hand deutete sie einen Heiligenschein an.
Sonja fuhr unbeirrt fort. „Wir sind an Atomkriegen vorbeigeschlittert, die selbst gemachte Klimakatastrophe haben wir zigmal vorhergesagt und nichts dagegen getan, wir haben an der Genetik der Natur herumgespielt … eigentlich hätte uns wenigstens eins davon dahinraffen müssen … Von den meisten Fast-Katastrophen wissen wir wahrscheinlich gar nicht. Wir haben es immer wieder versäumt, vernünftige Lebensverhältnisse zu schaffen.“ Mit weit nach vorn gebeugtem Oberkörper bewegte Sonja die Arme wie der Dirigent eines Orchesters. „Persönlichkeiten, an die man nicht erinnert werden will, ha­ben längst herausgefunden, woran das liegt und was man ändern muss. Aber was hat sich verändert? Nichts. Wir haben sie bekämpft – diese Persönlichkeiten und ihre Ideen …“Sonjas Zunge war schwer. Trotzdem oder gerade deshalb hätte sie wohl den weiteren grillenstillen Abend lang den tiefsten Sinn des Menschseins herbeiphiloso­phiert. Petra war Jens dankbar, als der aufstand, Sonjas Glas auffüllte und ihr die Hand besänftigend auf die Schulter legte. Sonja sah sich einen Moment um, als würde sie gerade gewahr, in welchem Kreis sie saß. Sie senkte kurz den Kopf, hob ihn aber sofort wieder. „Entschuldigt, da ist es wohl mit mir durchgegangen. Lehrer sind manchmal so. Aber lasst mal – im Moment passieren mir die verrücktesten Dinge. Zum Beispiel sind zwei meiner Schülerinnen extra losgezogen, um persönlich an diese Sikroben heranzu­kommen. Und ich war sogar schuld daran. Ich wollte der einen nämlich klarmachen, dass es Blödsinn sei, über den Weltuntergang zu phantasieren … Ja, lacht nur. Und wisst ihr was? Sie haben es auch geschafft: Sie sind bis zu den Sikroben vorgedrungen …“
Ja, die Story ist bei allen Einsatzkräften umgegangen. Uns reichen ansonsten die Sekten-Gurus, die sich als neue Märtyrer dem Weltuntergang entgegenstellen wollen. Wisst ihr …“ Jens hatte schon vorher skurrile Anekdoten am Rande der Tröpfchenkatastrophe erzählt. Aber Sonja ließ sich nicht so leicht das Wort abschneiden. „Ich bin noch nicht fertig. Das Tollste kommt erst noch. Julia, also die eine von den bei­den, hat danach behauptet, sie hätten die Tropfen gestoppt – mit Gitarrenspiel. Es hat ihr natürlich niemand geglaubt. Ich habe viel darüber nachgedacht. Marie, die andere, die sie angestiftet hat, hat schon vorher verrückte Sachen ausgeheckt. Aber sie hat nie geflunkert, so unglaubhaft vieles auch geklungen hat … Ich glaube ihnen.“
Na, dann wissen wir ja, wie wir dem Tod entgegentreten müssen.“ Jens hatte den Rücken durchgedrückt und den Finger wie ein sich meldender Schüler nach oben gestreckt. „Wir bilden einen großen Kreis aus Gitarristen rund um Berlin und singen 'We shall overcome' dazu. Gleich morgen geht´s los.“
Die anderen lachten. ...

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