Freitag, 25. Januar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1632


Desillusioniert zynisch. Das war das, was mir bei Thomas Reichs "Zwischen den Betten" einfiel. Na gut ... und dass etwas Bildhaftigkeit dem Gedicht gut getan hätte. Ist er so? Dies herauszufinden habe ich mich zu Amazon gewagt. Nunmehr ist die Reich-haltige Lyrik auf meinem Bestellzettel und wird voraussichtlich nächste Woche geliefert: "Automatenliebe". Na, mal sehen, wie hoch die Strafe ausfällt, dies Buch gekauft zu haben ...
Dieses Gedicht ausgerechnet mit der Beschreibung einer Ballettvorführung im Dresdner Zwinger zu kombinieren, die anders endete als geplant, hat einen sehr eigentümlichen Reiz, noch dazu, wenn Rousseau dabei eine Rolle spielt ... "Des Spatzen Hofballett".

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Es folgt ein weiteres Stück Leseprobe aus "Die sieben Kugeln":


... Tatjana und Martina, meist Jana und Tina gerufen, hatten Ferien. Petra hatte sich sowieso fest vorgenommen, möglichst viel mit ihnen zu unternehmen. Warum sollte sie die Mädchen nicht bei dem Ausflug mitnehmen? Die Landschaft sah auf der Karte verlockend aus: Rundum Wälder und Seen; Pferde für die Zwillinge wären bestimmt auch da. Ohne die blöden Tropfen in der Nähe schien dieser Ort wirklich ein ideales Plätzchen für einen längeren Urlaub zu sein. Einen kleinen Ausflug konnte sie sicher riskieren. Sie erführe dort Sikroben-Neuigkeiten aus erster Hand. Vielleicht wäre auf Jens´ Grundstück auch Platz für ein Kinderzelt? Sollte sie die beiden mitnehmen? Oder sie lieber bei den Großeltern abgeben? Aber was müsste sie sich dann alles anhören auf Näswerder.
Also mitnehmen. Umkehren konnte sie immer noch.
Jana und Tina sprudelten vor Erwartungen über. In diesem Jahr waren sie noch nicht einmal gemeinsam verreist. Sie tobten auf den Rücksitzen wie lange nicht mehr, aber Petra blieb beim Fahren ruhig und entspannt. Wozu hatte sie Automatik?
Die letzten vierzig Kilometer. Eine idyllische Waldlandschaft. Unglaublich: Ganz in der Nähe lauerte der Tod?! Alle Fernsehsender hatten über gewaltige Flüchtlingsströme berichtet, hier aber verkehrte kaum ein Fahrzeug. Waren denn alle schon weg? Oder trafen gerade die unbekümmertsten Optimisten und Spinner zusammen? Hatte sie unterwegs eine Sperre verpasst? Nein, das war nicht möglich. Sie war auf Bundesstraßen unterwegs, bog gerade erst von der nach Berlin ab.
Die letzte Abzweigung führte sie auf einen Weg, der für Autoverkehr nicht gedacht zu sein schien. Petra hätte sich nicht gewundert, plötzlich einer Pferdekutsche aus der Zeit der Grafen und Herzöge zu begegnen, und das Gebäude, das dann aus dem Busch­werk auftauchte, hätte gut in die Pferdekutschenzeit gepasst. „Ein Hexenhaus!“, jubelte Jana auch gleich.
Petra hupte. Eine Frau kam ihr entgegen. „Du also bist Petra. Ich bin Janine. Schön, dass du gekommen bist. Wir dachten schon, es würde sich niemand mehr hierhertrauen.“
Jens tauchte in der Haustür auf. Oh Gott! Petra verkniff sich mühsam das Lachen. Aus der Mail wusste sie, dass er Kriminalkommissar war – nur im Moment kam er ihr in Shorts und mit einem Bernhardinerkopf auf dem T-Shirt entgegen.
Jana und Tina schubsten sich gegenseitig aus dem alten Wagen. Streckten der fremden Frau die Hände entgegen. Janine stutzte und starrte die beiden wie Geistererscheinungen an. Petra verfolgte die Geste verwundert. Endlich rief Janine: „Das sind deine Kinder?“
Belustigt antwortete Petra: „Ja, wieso? Was … Hast du etwas dagegen?“
Warte“, unterbrach Janine sie aufgeregt. „ … Sina, Leonie, wo steckt ihr denn?“
Es hörte sich an, als polterten alte Kisten auf Rädern die Treppe herunter. „Was ist denn, Mama?“ Dann standen die Marder-Zwillinge in der Tür, gafften ungläubig auf die Herbst-Zwillinge. Stotterten: „Das sind ja wir?!“ Unsicher gingen sie auf die Gäste zu. Die Mäd­chen hielten einander auf Armeslänge voneinander weg, um sich zu betrachten. Aber schon rief Leonie: „Wollt ihr reinkommen?“ Im nächsten Moment schien der Spuk verschwunden. ...

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