Mittwoch, 3. Juli 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1784

2009 erschien der SF-Roman "Planet der Pondos" von Slov ant Gali. Inzwischen ist er sozusagen Autorengeschichte. Damit dieses Manuskript aber nicht völlig in Vergessenheit geraät, soll an dieser Stelle mit Leseproben erinnert werden. Zu erwerben ist das Buch weiter beim Lorbeer-Verlag Bielefeld:

Slov ant Gali: Planet der Pondos (1)


Sie hörte es brummen. Irgendwo im Hintergrund, gleichmäßig, leise, einschläfernd. Was ging es sie an? Es war weit weg. Dabei sollte es bleiben. Tröpfchenweise trat an die Stelle wohliger Schläfrigkeit eine vage Furcht.
Sie öffnete die Augen, versuchte sich umzusehen. Erkannte nichts. Sah absolut nichts. Nichts als Finsternis. Eigentlich konnte sie sich nur eine Erklärung vorstellen: Sie war blind.
Sie schloss die Augen wieder. Suchte nach vernünftigen Gedanken. Was war mit ihr los? Wo befand sie sich? Warum? Wie kam sie hierher? Träumte sie? Fragen ohne Antwort. Die Erinnerung war fast so schwarz wie die Umgebung. Die letzten Stunden, Tage, Monate, vielleicht Jahre – einfach ausgelöscht.
So, mit geschlossenen Augen, sah sie sich selbst als Kind von kaum fünf Jahren. Das konnte lange, sehr lange zurück liegen. Angeblich erinnerten sich Säufer zwar nicht an Ereignisse der letzten Stunden, wohl aber an die Zeit davor. Sie erinnerte sich weder an die nahe noch an die fernere Vergangenheit. Nicht einmal an ihren Namen. War das nicht absurd? Immerhin war ihr schon eingefallen, dass sie einen Namen haben musste.
Was hatte sie erlebt in jenem gerade verschütteten Lebensabschnitt? Sie kannte wenigstens noch die Worte ihrer Sprache, wusste, was sie bedeuteten, wusste, dass so etwas vorkommt, dass jemand sein Gedächtnis verliert durch Schocks oder Unfälle.
Vorsichtig hob sie den Kopf, sah ihre Brüste als aufgerichtetes Hügelpaar. Sie war also ein Mädchen. Warum sie sich einbildete, ein fast erwachsenes Mädchen und keine Frau zu sein, wusste sie nicht. Aber das war wenigstens etwas. Sie ließ den Kopf fallen. Wunderte sich. Hatte sie nicht gerade etwas gesehen? Jetzt umgab sie totale Schwärze wie zuvor.
Das musste ein Traum sein, versuchte sie sich einzureden. Also sollte sie besser weiter schlafen und später erfrischt aufwachen. Dann erwiese sich diese Art, aus einem Traum aufzuwachen, hoffentlich selbst als Traum. Welch verlockender Gedanke! Nur sprachen ihre Empfindungen dagegen, selbst, wenn sie ihr irgendwie unvollständig vorkamen. Vergeblich kämpfte sie gegen die Vorstellung an, keine Hände zu haben, keine Beine, eigentlich überhaupt keinen Körper vom Kopf an abwärts. Empfand man so, wenn man gelähmt war? War sie etwa …
Nein, sie spürte etwas. Ja, da arbeiteten Nerven! Nicht Schmerzen. Dort, wo sie endlich ihren Körper fühlte, war ihr, als ob Amei­sen über die Haut krabbelten. Blut floss, als hätte es selbst bis jetzt geschlafen. Das war ein Grund zur Freude: Ziemlich sicher war sie nicht gelähmt. Und blind wohl auch nicht! Dann klärte sich der Rest bestimmt auch bald.
Einen Moment lag sie still. Überlegte. Müsste sie nicht noch mehr als ihren Kopf bewe­gen können? Weit unten die Beine zum Beispiel? Sie konzentrierte sich ganz fest auf die Zehen. Das Blut fußwärts fließen lassen. Ganz ruhig. So ähnlich wie bei autogenem Training, und sie stutzte, warum ihr ausgerechnet das einfiel, ihr eigener Name aber nicht. Und dieses Kribbeln nahm immer mehr zu. Sie wollte sich kratzen und konnte nicht. Wer sollte sich da konzentrieren können!
Uli! Uljana Silberbaum. Hach! Ein Blitz! Das war ihr Name. Er war einfach wieder da! Sie atmete tief durch, freute sich und vergaß darüber fast ihren eigensinnigen Körper.

Dafür kam eine andere Frage zurück. Wo lag sie eigentlich? Die Haut ihres Rückens verriet, es war kein Bett. ...
***
Vorsicht: Diese Gedichte haben eine kritische politische Auffassung zum Inhalt. Wer sie liest, wird registriert. Eine künftige Einreise in die Freiheit der Vereinigten Staaten wird wegen Terrorverdachts eventuell unmöglich. Die Verfassungsschutzstaffel wird sie im Auge behalten.
Sollten Sie nicht abgeschreckt worden sein, denken sie an Pfarrer König "Einem König der Mutigen" und das Vehältnis der deutschen Industrie zu Tötungstätigkeiten in aller Welt "Drei identische Reime und ein einfacher".

(Das gehörte natürlich nicht mehr zur Leseprobe sondern kündigt die morgigen "Gedichte des Tages" an ...)



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