Freitag, 8. November 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1904

Beginnen wir mit dem Hinweis auf Story Nr.3 aus



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Kinder (1)


(1)
Claudia heulte hemmungslos. Längst war aller Zellstoff aufgebraucht. Nimm dich endlich zusammen, meinte die eine innere Stimme - wozu denn, antwortete die andere, es sieht ja keiner.
Aber du musst Martin endlich antworten!
Es hat sowieso keinen Sinn mehr.
Martin hatte Claudia vor neun Monaten kontaktiert. Da blinzelte sie noch als ungewöhnlich attraktive 15-Jährige in die Webcam. Mit ausgestopftem Bikinioberteil unter dem hautengen Top. Martin fragte prompt danach und sie verkündete stolz: „75 C ...“ Früher zumindest hieß das so. „Gefällt´s dir?“ Was blödelten sie danach herum! Martin war ein Glücksfall. Er sah richtig scharf aus, ein Typ, dem die Mädchen garantiert hinterherliefen, zugleich aber wirkte er schon bei ihrem ersten „internetten“ Aufeinandertreffen überraschend reif trotz seiner 15. Verständig. Nicht so wie die Jungen, denen Claudia bis dahin begegnet war. Vielleicht …
Nein, es war besser, dass sie sich nicht wirklich nahe gekommen waren. Viel Zeit war ihr nicht mehr geblieben. Jeden Morgen hatte sie sich ängstlich nach Symptomen der Krankheit abgesucht. Und dann die ersten Zeichen entdeckt ... und die Bildverbindung einfach unterbrochen. Irgendetwas an dem Programm funktioniere nicht. „... Keine Ahnung, was. Vielleicht ein Problem mit unserem Netzanbieter. Reklamation ist raus … aber ob jemand sie bearbeitet ...“
Seitdem chatteten sie wie in der Anfangszeit des Internets. Der eine schrieb, verschickte seinen Text und wartete auf die Antwort des anderen. Die Handynetze waren ja längst zusammengebrochen.
Später dann kam es Claudia vor, als alterte sie mit jedem Tag um ein Jahr. Sie übertrieb natürlich. Sie wäre dann ja schon 280 Jahre alt und das hatte es selbst in den besten Zeiten nicht gegeben. Aber kam sie sich mitunter nicht so vor?

Hätte sie Martin nicht doch einweihen, ihm zum Beispiel damals schreiben sollen, als sie sich das erste Mal nicht mehr die Zehennägel lackieren konnte? Weil sie nicht mehr dort unten ankam? Vor Schmerz hätte brüllen mögen? Bei aller Vernunft … Martin war doch nur ein Junge … was verstand der von gesund glänzenden Nägeln und dem Ekel, den ihre Füße jetzt bei ihr auslösten? ...

.Die Lyrik steht uneingeschränkt im Zeichen des 9.11.1938:

Es müsste mir ... nein, es IST mir peinlich, dass mir kein neues Gedicht zum 9. November gelungen ist. Die Erinnerung an jenes faschistische Wüten muss wach gehalten werden, damit es sich bitte nie und nirgends wiederholt. Immerhin habe ich folgende Tagesgedichte 2009 (!) gefunden, die besonders an Anne Frank erinnern sollten, die heute vielleicht noch als (Ur)Großmutter unter uns weilte:
Der heutige Tag ist mir wichtig. „Wider das Vergessen“ ist sein Motto und wer da munter wurde, der schaue einmal, was nicht vergessen sein soll. Ich habe mir anlässlich dieses Tages ein zugegeben etwas gewagtes Liebesgedicht einfallen lassen. Anne (1)
Unmittelbar politischer ist sicher „Anne (2)“.
Ich bedarf keiner „Entschuldigung“, wenn ich „unsichtbar“ schrieb und meine, auch bzw. gerade weil ich es unter „Entschuldigung“ gesetzt habe.
So bleibt für heute „In Schutzhaft“. Wenn ich es am Vormittag Schülern vortrage, hoffe ich, sie verstehen es.


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