Sonntag, 10. November 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1906

.Die Prosa ist am glücklichsten im Moment, wenn auch zum aktuellen Band mit Geschichten gewechselt wird:



.Thomas Staufenbiel

Manotti

Manotti, denke ich, der große Manotti? Hier, mitten in Berlin. Nicht am Alex, weit gefehlt, Schönhauser Alle, Ecke Danziger. Ich liebe diese Gegend und fahre oft, des Altberliner Charmes und der Erinnerung wegen, hierher in den Prenzlauer Berg. Und muss ich denn wirklich noch mehr sagen als „Currywurst“? Ah, da sehe ich ein zufriedenes Lächeln auf Ihrem Gesicht. Sie sind also auch so einer. Und nicht nur wir, sondern ganz offensichtlich auch Manotti. Ich schaue von weitem, er ist alt geworden und doch, der gezwirbelte Bart – grau bis in die Spitzen - und die listigen Augen, die langen Finger, die jetzt wieder den Spießer in ein Stückchen Wurst piken, nur um es genüsslich in seinem großen Mund verschwinden zu lassen, für immer.

Für immer, das dachte ich damals auch. Hans hatte immer Zweifel, Lisa war sich sicher und Oliver, mein kleiner Bruder, der konnte danach nächtelang nicht schlafen. Manotti hat zu jener Zeit in mir ein Feuer entfacht, das nie erloschen ist.
Da stand er nun mit seiner Currywurst. Bei Konnopke trifft sich alles wieder, denke ich und erinnere mich zurück. Es muss Ende der Neunzehnhundertsiebziger gewesen sein. Hinter-hofidylle, Alt Berlin.
Hans, Lisa, Oliver und ich schlichen um die Häuser. Jung waren wir, Hans, der Älteste ging erst in die zweite Klasse. Wenn man sich auskannte im Milieu – wir kannten uns aus – war es ein Abenteuerspielplatz, so groß wie die ganze Welt. Wir verstanden nichts von Geschichte und den Straßen-schlachten in dieser Gegend, wir wunderten uns auch nicht über die Einschusslöcher, die allgegenwärtig Häuserwände zierten. Wir liefen durch Hinterhöfe, durchstöberten alte Keller, machten aus Abrisshäusern Schauplätze für unsere spannen-den Abenteuer.
Hans vorneweg, ich lief an zweiter Stelle und war mit meinen knallbunten Hosenträgern und den wildledernen Shorts unverkennbar. Dann kam Lisa, die sich um Oliver kümmerte, als wäre er ihr Bruder. Und der musste immer diesen kleinen braunen Teddy bei sich haben. Er hielt ihn an der Hand, so dass das Plüschtierchen nicht selten auf dem Boden herumschleifte und infolgedessen längst schmutzig und abgegriffen aussah. Oliver liebte seinen Mischkabären abgöttisch.
So zogen wir also zu viert - nein zu fünft, den Teddy mitgezählt - durch die Gassen. ...

***

.Natürlich gibt es auch heute einen Blick auf die "Gedichte des Tages":

Auch heute beginne ich mit einer Assoziation, die Sebastian Deya bei mir geweckt hat, bin mir aber nicht sicher, ob "Am Anfang war das Wort" diese Spruch nicht mit erfasst. Ich dachte nämlich an den bösen Spruch "Die Sprache ist dem Menschen gegeben, seine Gedanken dahinter zu verbergen" ...
Da ist mein Testgedicht "Herbstverse" weniger anspruchsvoll ...



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