Samstag, 9. November 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1905

Zweites Stückchen aus Geschichte Nr. 3 des SF-Bandes


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Kinder (2)


... Immerhin konnte sie sich mit ihm über Bücher austauschen. Er las selbst noch richtige, verstand, was drin stand, diese Probleme von Greisen, die viel älter geworden waren als 30 Jahre. Er hörte ihr zu, wenn sie ihm von Sanne und Tim erzählte. So verständnisvoll, obwohl er gar keine Geschwister hatte und seine Bekannten auch nicht. Aber er gab sich große Mühe, ihr Tipps zu geben, worin sie die beiden unterrichten sollte und wie. Richtig gute sogar. In der Schule wäre Martin bestimmt Spitze gewesen und Lehrer geworden, vielleicht. Er lernte gerade Gitarre. Das wär was für Sanne. Die brauchte unbedingt Sexualkundeunterricht.
Tim war zwar nur 15 Monate jünger als Sanne, aber er zeigte glücklicherweise noch kein Interesse an solchen Dingen. Wie sollte Claudia das alles einer Neunjährigen erklären? Sanne sollte doch Bescheid wissen. Oder lieber noch nicht?
Sannes Blicke waren Claudia manchmal richtig unheimlich. Eiskalt lief es ihr dann den Rücken herunter. „Kann sein, die weiß schon alles. Alles, verstehst du, Martin“, hatte sie geschrieben,„... alles …“
Darauf war Martin nicht eingegangen.
Ach Martin …
Es ist bestimmt besser, dass du mich so … wieder schluchzte Claudia auf … so sexy in Erinnerung behältst. Was war das schon für ein Leben? Sie trug inzwischen einen ganzen Millimeter Farbcreme auf, um noch als Frau wahrgenommen zu werden und nicht als Greisin. Obwohl … in den letzten Wochen war Claudia überhaupt nicht mehr draußen gewesen. Längst erledigte Sanne alles, wozu man raus musste. Einkaufen und so. Sanne blieb in letzter Zeit lange draußen weg. Wenn Claudia fragte, wie sie zum Beispiel zu dem frischen Gemüse gekommen war, lächelte sie nur still wissend in sich hinein. Wie viel wusste sie vom Leben? Zu viel, bestimmt zu viel!
War das seltsam. Nicht einmal erwähnte Martin ihr gegenüber die Krankheit. Obwohl es doch nichts Wichtigeres gab auf der Welt. Alle redeten von ihr. Ahnte er, warum auch sie das Thema umging?

Ganz plötzlich wurde es Claudia bewusst. Martin war doch im selben Alter. Vielleicht klemmte, seit sie sich nur noch schriftlich verständigten, ein Foto von ihr an seinem Monitor. Er saß am Computer, starrte ihr Bild an, seinen Penis in der Hand ... Die meisten Jungen machten das so. Und da bemerkte er, dass es nicht ging. Dass da nur etwas Schwabbeliges zwischen seinen Beinen hing und sich ohne Wirkung streicheln ließ trotz Claudias gewagtestem Foto. Nichts! Das war vielleicht für einen Jungen noch viel schlimmer als ihr Altern als Frau. Denn noch, als sie schon aussah wie Ende 30, war sie eine Frau, nach der die Männer sich umdrehten. Martin war vielleicht schon längst kein Mann mehr, also vom Selbstgefühl, und er hatte es die ganze Zeit verleugnet. Dann chatteten sie in den letzten Wochen also deshalb so viel miteinander, weil auch Martin kaum den Weg auf die Straße schaffte. Claudia versuchte sich den Jungen mit dem Gesicht eines Greises vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Nein, es klappte einfach nicht. Vor Monaten hatte er doch noch Kopfstand vor dem Kameraauge gemacht, um sich so mit ihr zu unterhalten, und nun lief er über einen Rollator gebeugt herum? Nein! Das mochte und wollte Claudia sich nicht ausmalen. ...

Und die Lyrik?

Um denkbaren Missverständnissen vorzubeugen: "Für Hei-Hei" hat natürlich nichts mit China, sondern mit dem Bild dieses Blogs zu tun.
Sebastian Deya hatte ja dafür bei mir missglückte Assoziationen hervorgerufen. Als ich ".Eistanz." erstmal las, erinnerte mich das Grundbild des Gedichte an Zeiten, als es noch eine DDR-Olympiamannschaft gab. Damals wurde den Rennrodlerinnen vorgeworfen, sie erzielten ihre Erfolgsgeschwindigkeit durch das Erhitzen der Kufen ...

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