Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (25)
Aber
nichts geschah. Noch hatte ich die Hände auf den anderen. Dass die
ja unten blieben. Immer noch nichts. Ich hatte mich inzwischen halb
erhoben, spähte wie ein Indianer auf dem Kriegspfad nach einem Feind
und entdeckte nichts.
Die
Zeit schien irgendwie anders zu laufen. Wie in Zeitlupe oder so. Als
weiter nichts geschah, sorgte ich erst einmal dafür, das die Anderen
ihre Anzüge im Liegen dicht machten. Dann sah ich mir Konrol an. In
seiner Stirn steckten drei ... wie sollte ich das nennen? Pfeile?! Es
waren ganz dünne Nadeln aus Holz, ungefähr halb so lang wie mein
kleiner Finger. Sie ließen sich leicht herausziehen. Konrol atmete,
aber das war auch sein einziges Lebenszeichen.
„Was
jetzt?“ fragte Krollo.
„Wir
können nur auf die nächste Gruppe warten“, antwortete ich und
begann eine Schilderung durchzugeben von dem, was uns passiert war,
richtiger, von dem, was wir miterlebt hatten, ohne es zu verstehen.
Misstrauisch
beobachtete ich die Ränder der kleinen Lichtung. Nichts war zu
erkennen, was auch nur im Entferntesten an eine Gefahr erinnert
hätte. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb wies ich meine
drei wachen Gefährten an, die Anzüge geschlossen zu halten, die
nächste Mahlzeit aus dem Flüssigversorger zu zapfen und auch sonst
auf das geschlossene Innensystem zurückzugreifen. Sie murrten nicht.
Aber die Zeit wollte auch nicht vergehen.
Endlich
(als Beweis, dass die Zeit doch vergangen war) und leider (als Beginn
einer noch hilfloseren Zeit) begann die Dämmerung. Ich konnte nicht
mehr. War es falsch, an dieser Stelle tatenlos abzuwarten? Im
Halbdunkel schienen Schatten zwischen den Bäumen aufzutauchen und
wieder zu verschwinden. Krollos Phase, Wache schieben zu wollen,
damit wir anderen schlafen könnten, war vorbei, bevor sie richtig
angefangen hatte. Zu allem Überfluss hatte ein leichter Wind
eingesetzt. Überall rauschte, raschelte und knackte es. Zumindest
meinte das mein Gehirn. Scheiß Fantasie. Es waren doch keine echten
Geräusche von draußen zu hören. Kein Gedanke an Schlaf. Oder nur
der, bloß nicht einzuschlafen.
Tag
27
Wir
müssen alle etwa gleichzeitig eingeschlafen sein. Auf jeden Fall war
es hell, als ich aufwachte. Neben mir in der Mulde lagen meine
Gefährten in einem scheinbar so ruhigen Schlaf, als hätte es nie
irgendeine Gefahr gegeben. Ich nuckelte ein wenig konzentrierte
Milch, sah mich um, richtete mich auf. Nichts geschah außer, dass
Krollo seine Lage veränderte und etwas murmelte, was ich nicht
verstand. Ich meldete mich im Funknetz. Inzwischen waren die drei
Gruppen, die nicht verschwunden waren, im Lager zurück, allerdings
ohne auf Spuren der Kari gestoßen zu sein und ohne die letzten vier
Sender installiert zu haben. Eine Gruppe unter Leitung eines Kooms
mit Namen Poch würde uns wahrscheinlich schon in den nächsten drei
Stunden erreicht haben. Poch - ein so kurzer Name, dass ich ihn mir
sofort merkte, aber der Koom war mir früher kaum aufgefallen. Daniel
hatte übrigens die Gruppe gewechselt. Er würde mit dabei sein.
Spuren...
Das war das Stichwort. Ich würde die verbleibende Zeit nicht
tatenlos bleiben. Wie ein Indianer schlich ich mich zum Rand der
Lichtung, richtiger wohl: wie die Karikatur eines Indianers. Na gut,
immerhin hatte ich meinen Strahler bereit, robbte am Boden, kullerte
an tieferen Stellen immer ein Stück seitwärts, um an neuer Stelle,
für einen Beobachter aus der Deckung unerwartet, wie ich hoffte,
wieder aufzutauchen. Ich hatte mir gedanklich die kleinen Pfeile noch
einmal vergegenwärtigt. Die konnten eigentlich nur mit einem
Blasrohr abgeschossen worden sein. Das erklärte zumindest teilweise,
dass der Computer keine intelligente Lebensform bemerkt hatte.
Wahrscheinlich waren die vorsteinzeitlichen Schützen nicht größer
als Schimpansen. Ich lag wieder flach am Boden und lauschte. Obwohl
es doch hieß, dass die geringere Erdanziehung Riesenwuchs förderte.
Sollte denn plötzlich so ein Brontosaurus durchs Unterholz brechen?
Mit Blasrohr?! So ein Quatsch! Ich hatte immer noch nichts bemerkt.
Waren unsere Gegner noch da, dann hatten sie mich bestimmt schon
lange entdeckt. Dann konnten sie meinen Anschleichversuch nur als
ungeschickten Angriff ansehen. (Womit sie nicht einmal Unrecht
hatten.) Ich richtete mich also erneut auf, die leeren Hände nach
vorn erhoben. ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen