Dienstag, 8. Januar 2013

Lyrik-Prosa-Wortkultur 1615

Das Problem aller Dichter und Gedichteschreiber ist wohl immer jener berühmt-berüchtigte Kuss,den ihm eine / seine Muse verpasst haben muss, also das, was modern "Inspiration" genannt wird. Beide heutigen Testgedichte nähern sich diesem Motiv, allerdings auf sehr verschiedenen Wegen. Der "Musendeal" könnte eine Idee von Herrn de Sade sein ... in gewisser Weise ein Küssen der besonderen Art, während "Macht´s besser!" sich gerade der Reimerei in überall abgekupferten Formen rühmt ...






Slov ant Gali: Wo Bäume weinen ... (25)



Aber nichts geschah. Noch hatte ich die Hände auf den anderen. Dass die ja unten blieben. Immer noch nichts. Ich hatte mich inzwischen halb erhoben, spähte wie ein Indianer auf dem Kriegspfad nach einem Feind und entdeckte nichts.
Die Zeit schien irgendwie anders zu laufen. Wie in Zeitlupe oder so. Als weiter nichts geschah, sorgte ich erst einmal dafür, das die Anderen ihre Anzüge im Liegen dicht machten. Dann sah ich mir Konrol an. In seiner Stirn steckten drei ... wie sollte ich das nennen? Pfeile?! Es waren ganz dünne Nadeln aus Holz, ungefähr halb so lang wie mein kleiner Finger. Sie ließen sich leicht herausziehen. Konrol atmete, aber das war auch sein einziges Lebenszeichen.
Was jetzt?“ fragte Krollo.
Wir können nur auf die nächste Gruppe warten“, antwortete ich und begann eine Schilderung durchzugeben von dem, was uns passiert war, richtiger, von dem, was wir miterlebt hatten, ohne es zu verstehen.
Misstrauisch beobachtete ich die Ränder der kleinen Lichtung. Nichts war zu erkennen, was auch nur im Entferntesten an eine Gefahr erinnert hätte. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb wies ich meine drei wachen Gefährten an, die Anzüge geschlossen zu halten, die nächste Mahlzeit aus dem Flüssigversorger zu zapfen und auch sonst auf das geschlossene Innensystem zurückzugreifen. Sie murrten nicht. Aber die Zeit wollte auch nicht vergehen.
Endlich (als Beweis, dass die Zeit doch vergangen war) und leider (als Beginn einer noch hilfloseren Zeit) begann die Dämmerung. Ich konnte nicht mehr. War es falsch, an dieser Stelle tatenlos abzuwarten? Im Halbdunkel schienen Schatten zwischen den Bäumen aufzutauchen und wieder zu verschwinden. Krollos Phase, Wache schieben zu wollen, damit wir anderen schlafen könnten, war vorbei, bevor sie richtig angefangen hatte. Zu allem Überfluss hatte ein leichter Wind eingesetzt. Überall rauschte, raschelte und knackte es. Zumindest meinte das mein Gehirn. Scheiß Fantasie. Es waren doch keine echten Geräusche von draußen zu hören. Kein Gedanke an Schlaf. Oder nur der, bloß nicht einzuschlafen.

Tag 27
Wir müssen alle etwa gleichzeitig eingeschlafen sein. Auf jeden Fall war es hell, als ich aufwachte. Neben mir in der Mulde lagen meine Gefährten in einem scheinbar so ruhigen Schlaf, als hätte es nie irgendeine Gefahr gegeben. Ich nuckelte ein wenig konzentrierte Milch, sah mich um, richtete mich auf. Nichts geschah außer, dass Krollo seine Lage veränderte und etwas murmelte, was ich nicht verstand. Ich meldete mich im Funknetz. Inzwischen waren die drei Gruppen, die nicht verschwunden waren, im Lager zurück, allerdings ohne auf Spuren der Kari gestoßen zu sein und ohne die letzten vier Sender installiert zu haben. Eine Gruppe unter Leitung eines Kooms mit Namen Poch würde uns wahrscheinlich schon in den nächsten drei Stunden erreicht haben. Poch - ein so kurzer Name, dass ich ihn mir sofort merkte, aber der Koom war mir früher kaum aufgefallen. Daniel hatte übrigens die Gruppe gewechselt. Er würde mit dabei sein.
Spuren... Das war das Stichwort. Ich würde die verbleibende Zeit nicht tatenlos bleiben. Wie ein Indianer schlich ich mich zum Rand der Lichtung, richtiger wohl: wie die Karikatur eines Indianers. Na gut, immerhin hatte ich meinen Strahler bereit, robbte am Boden, kullerte an tieferen Stellen immer ein Stück seitwärts, um an neuer Stelle, für einen Beobachter aus der Deckung unerwartet, wie ich hoffte, wieder aufzutauchen. Ich hatte mir gedanklich die kleinen Pfeile noch einmal vergegenwärtigt. Die konnten eigentlich nur mit einem Blasrohr abgeschossen worden sein. Das erklärte zumindest teilweise, dass der Computer keine intelligente Lebensform bemerkt hatte. Wahrscheinlich waren die vorsteinzeitlichen Schützen nicht größer als Schimpansen. Ich lag wieder flach am Boden und lauschte. Obwohl es doch hieß, dass die geringere Erdanziehung Riesenwuchs förderte. Sollte denn plötzlich so ein Brontosaurus durchs Unterholz brechen? Mit Blasrohr?! So ein Quatsch! Ich hatte immer noch nichts bemerkt. Waren unsere Gegner noch da, dann hatten sie mich bestimmt schon lange entdeckt. Dann konnten sie meinen Anschleichversuch nur als ungeschickten Angriff ansehen. (Womit sie nicht einmal Unrecht hatten.) Ich richtete mich also erneut auf, die leeren Hände nach vorn erhoben. ...



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