Als ich Sebastian Deyas "Glaubensbekenntnis" das erste Mal gelesen hatte, fiel mir, Sebastian möge mir verzeihen, ein Spruch des Kabarettisten Volker Pispers ein, der sinngemäß formulierte: "Auf dem Grabstein des Kapitalismus wird einmal stehen MEHR WAR NICHT GENUG" ... politisches Kabarett eben ...
Um eine besondere "Verunsicherung" geht es in unserer Erzählung
Slov ant Gali "Kampf der Titanen" (2)
... Dann, Bernd war gerade 42, hieß es
plötzlich, die Auftragslage ist schlecht, wir melden uns, wenn wir
wieder was für dich haben. Verzichten könnten sie nicht auf so
einen einsatzbereiten Arbeiter. Er sei ja abgesichert. Doch
ausgerechnet da passierte ihm der Unfall. Also nur schnell nach
Eberswalde, aber der Bruder nicht angeschnallt … Beide Brüder
landeten im Krankenhaus. Bernd ließ sich auf eigenes Risiko nach
einer Woche wieder entlassen. Es war ja sonst niemand da für die
Mutter. Allein im gemeinsamen Haus. Bernd hatte ja nur Stahlschienen
im rechten Bein. Eine Nachoperation und gut. Nur Werner musste sich
allmählich abfinden, dass der linke Fuß nicht mehr zu retten war.
Nach Hause durfte er, aber die Prothese … Bernd sagte immer Dicker
zu Werner, was bei ihm liebevoll klang wie „Digger“. Aber Werner
war nicht nur übergewichtig, in den Monaten der Heilungsversuche
ergab er sich immer mehr seinen schon vorher vorhandenen Leiden. Er
kam nur noch zu den gemeinsamen Mahlzeiten aus seinem Zimmer oder
eben, wenn er wieder zu einem seiner unzähligen Arztbesuche gefahren
werden musste. Immer wieder betonte er bei solchen Gelegenheiten,
dass er Bernd nichts vorwerfe und der müsse ihn nicht immer fahren.
Ein Taxi ginge auch. Aber das hielt natürlich nur die Schuldgefühle
wach, während Werner immer unförmiger wurde.
Als Bernd endlich wieder seine
Nachtschichten in Berlin hätte fahren können, war gerade eine
Saison zuende. Der Countdon für sein hohes Arbeitslosengeld lief. Im
nächsten Sommer, da gehörte er zu den „Hartz IV-Empfängern“,
sprach man auf seinen Anrufbeantworter, es sei gerade Druck und er
möge SOFORT kommen. Doch Bernd war mit Werner und der Mutter in
Eberswalde auf Ärztetour. Als er am nächsten Tag das Telefonblinken
bemerkte, erklärte ihm eine Stimme, das Problem habe sich erledigt.
Inzwischen war Bernd in den Ämtern
bekannt. Er ließ sich von Bearbeiterin zu Bearbeiterin schicken,
lächelte, sagte, „Muttchen, siehste, so kommste mal unter Leute
...“
Die Woche Computercurs hatte er
geschafft und das Bewerbungstraining. Dann aber sollte er einen
„Ein-Euro-Job“ als Hilfsgärtner in der Kreiverwaltung annehmen.
Für einen Bauern doch was Artverwandtes, erklärte die
Sachbearbeiterin, dabei könne er wieder lernen, sich an einen
geregelten Arbeitstag zu gewöhnen. Kopfschüttelnd stand Bernd da
auf und ging. Seitdem stand in seiner Akte, er stünde dem
Arbeitsprozess nicht zur Verfügung.
In Bernds Ohren klang das wie NICHT
ZUVERLÄSSIG. Ein paar Tage spülte er die gefühlte Abwertung mit
Bier herunter, dann fiel ihm der Computerkurs ein. ...
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